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Zum journalistischen Leitbild von t-online."Mit der Tür ins Haus" Wie wird man die Eltern wieder los?

Nach außen betrachtet, scheint Nora ihr Leben voll im Griff zu haben: alleinerziehende Mutter eines halbwüchsigen Sohnes, Inhaberin eines Reisebüros, der runde Geburtstag ein Grund zum Feiern. Doch dann tauchen unerwartet ihre Eltern auf – und dies löst nur eine von vielen Verwicklungen aus.
Wenn die Eltern nach 20 Jahren plötzlich vor der Tür stehen, dann heißt das: Adieu geliebte Alltagsgewohnheiten und gelebte Routinen. Für die geschiedene, alleinerziehende Nora (Chiara Schoras) tritt genau dieser Fall an ihrem 40. Geburtstag ein. Die Freude über den Besuch von Mutter Hanne (Ruth Reinecke) und Vater Wolfgang (Hansjürgen Hürrig) weicht bei Nora und Sohn Linus (Paul Sundheim) schnell der Erkenntnis, dass das Zusammenleben von drei Generationen unter einem Dach nicht so einfach ist und zur echten Belastungsprobe wird.
An die ständige Überwachung durch die gegenüber wohnende Tante Sissi (Regine Vergeen) mit ihrem Vierbeiner Franzl war man ja gewohnt, nun registrieren aber die Eltern jeden Schritt und versuchen, natürlich nur zum Guten , dem Mutter-Sohn-Gespann ihre Vorstellungen vom Leben überzustülpen. Dass das zu Reibereien führt, ist abzusehen. Eigentlich hätte diese Figurenkonstellation genug Stoff geboten, um 90 Minuten Spielfilmlänge zu füllen, doch die Drehbuchautoren Jürgen Kehrer und Sandra Lüpkes setzen noch eins drauf.
Der Barkeeper aus Marrakesch
Wie aus dem Nichts taucht Khalid (Kai Albrecht) aus Marokko auf, eine Urlaubsbekanntschaft von Noras Freundin Felicitas (Alice von Lindenau), und findet sogleich eine Bleibe in Noras frisch entrümpeltem Gästezimmer. Natürlich hat Khalid eine deutsche Mutter, spricht daher die Sprache perfekt und integriert sich ohne größere Probleme in den Familienalltag. Beim Sommerfest bezirzt er in Nullkommanichts mit seiner Tanzvorführung die Besucher, mit Noras Sohn Linus versteht er sich prächtig und bei Nora selbst kann der gutaussehende Übernachtungsgast mit den Massagekünsten auch ziemlich schnell landen.
An Klischees mangelt es leider nicht. Das macht vieles an der Geschichte unglaubwürdig . Er ist der lockere Macho, sie hingegen die pflichtbewusste, sich immer an Regeln haltende Deutsche. Schade, da wäre mehr drin gewesen, wenigstens das schöne Sprichwort "Wer den Honig will, muss die Stiche der Bienen ertragen", gönnen uns die Autoren.
Zu viel des Guten
Der Film will viel, leider zu viel. Es hätte völlig genügt, das Thema, was mit den Eltern im Alter passiert, wer sich um sie kümmert und wie Beziehungen von Alt und Jung aussehen können, in den Mittelpunkt zu stellen. Stattdessen werden daneben so viele Probleme angesprochen (fehlende Kommunikation zwischen Alt und Jung, der Einfluss von Sprachassistenten, das Aussterben der lokalen Reisebüros durch die Onlinek-Konkurrenz, die Integration von Flüchtlingen, Altersdemenz), dass alles nur oberflächlich daherkommt. Zwar handelt es sich um eine Komödie, aber auch diese kann tiefgründiger Themen tiefgründiger aufgreifen. Zumindest beim Humor ist den Machern ein leichtgängiger, unterhaltsamer und kurzweiliger Film gelungen. Wer nicht viel Nachdenken will, sondern einfach nur vom Alltag abschalten, der ist bei "Mit der Tür ins Haus" gut aufgehoben.
- "Mit der Tür ins Haus" – 2. Mai 2019, 20.15 Uhr ZDF