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Tatort-Kritik: Gelungener Polit-Thriller um Stuttgart 21


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Gelungener Polit-Thriller um Stuttgart 21
"Tatort"-Macher packen heißes Eisen an - und verbrennen sich nicht

Sabine Gültekin

Aktualisiert am 22.06.2015Lesedauer: 2 Min.
Thorsten Lannert (Richy Müller, rechts) und Sebastian Bootz (Felix Klare) ermittelten in einem fiktiven Bauskandal rund um Stuttgart 21.Vergrößern des Bildes
Thorsten Lannert (Richy Müller, rechts) und Sebastian Bootz (Felix Klare) ermittelten in einem fiktiven Bauskandal rund um Stuttgart 21. (Quelle: SWR)

Viel Geschwäbel, unruhige Handkamera-Bilder, eine komplexe Story, sehr gute Darsteller - und jede Menge Staus und Baustellen: Die "Tatort"-Episode "Der Inder" erzählte eine packende Geschichte über wirtschaftliche Intrigen und Bauspekulationen - eingebettet in das reale Bauprojekt Stuttgart 21. Wer sich von der vielschichtigen Handlung und den Zeitsprüngen nicht abschrecken ließ, wurde mit einem tiefgründigen Polit-Thriller belohnt, der mit wenig Leichen und ganz ohne Psycho-Gedöns auskam. Beim Publikum kam der neueste Fall gut an: Mit 9,49 Millionen Zuschauern und einem Marktanteil von 28,3 Prozent war der SWR-"Tatort" standesgemäß die Nummer eins bei den Fernsehzuschauern am Sonntagabend.

Bis zum Schluss fragte man sich: Wo war eigentlich "der Inder" in diesem "Tatort"? Bis zuletzt tauchte er nicht auf. Er war nur eine Randfigur der Story, die niemals in Erscheinung trat: Ein falscher Investor, der für ein Bauprojekt namens "Gleisdreieck" Millionen von der Landesregierung kassiert hatte und so den Architekten Busso von Mayer (genial gespielt von Thomas Thieme) in den Knast und den Politiker Heinerle (Ulrich Gebauer) zu Fall brachte.

Die eigentliche Story

Und darum ging es: Der Architekt Busso von Mayer sitzt im Knast, weil er und andere Verantwortliche eines gigantischen Bauprojektes einem betrügerischen indischen Investor aufgesessen sind. Auch Landespolitiker sind in den Wirtschaftsskandal verwickelt. Ein Untersuchungsausschuss unter der Führung von Petra Keller (Katja Bürkle) versucht, Licht in das dunkle Gestrüpp aus Macht, Intrigen und widerstrebenden Interessen zu bringen. Im Visier ihrer Untersuchung steht der ehemalige Staatssekretär Jürgen Dillinger (Robert Schupp), das einzige Mordopfer in dieser recht gewaltfreien "Tatort"-Episode. Und Lannert und Bootz jagten seinen Mörder.

Es war anstrengend

Die Story war kompliziert und wurde nicht linear erzählt. Es gab jede Menge Zeitsprünge, was den Film anstrengend machte. Auch die Kameraführung war gewöhnungsbedürftig. Wacklige Handkamera-Drehs und schnelle Schwenks sorgten für Unruhe, passten aber zu den jeweiligen Szenen.

Viel Lokalkolorit

"On des älles, weil so Lumbä da Hals net vollkriegät": Wer über Grundkenntnisse des schwäbischen Dialektes verfügte, war bei dieser "Tatort"-Episode im Vorteil. So viel wurde bisher in keinem von Lannerts (Richy Müller) und Bootz' (Felix Klare) 16 Fällen geschwäbelt. Die Stadt und ihre Bewohner, ihr Verkehr, bauliche Fehlplanungen, Demonstrationen, politische Aktivisten und ihre zahlreichen Baustellen standen sehr im Mittelpunkt dieser Episode. Endlich mal wieder ein "Tatort" mit viel Lokalkolorit.

Fazit: Dranbleiben lohnte sich

Die Anstrengung, bei diesem "Tatort" bis zum Ende dranzubleiben, lohnte sich. Der Nicht-Stuttgarter Niki Stein (Buch und Regie) inszenierte eine facettenreiche Geschichte rund um das heiße Eisen Stuttgart 21. Ihm gelang eine komplexe Betrachtung des Phänomens und ein spannender Polit-Thriller, der auch interessante Fragen aufwarf. Rechnet sich städtebaulicher Prunk noch? Ist es moralisch verwerflich, dass manche Immobilienfirmen aus Baupleiten Geld scheffeln können? Außerdem war der feine Humor der Dialoge unterhaltsam: Lannert und Bootz im Dauerstau: "Und wie lange soll das jetzt noch so weiter gehen? Na, bis 21. Falls der Bahnhof bis dahin fertig ist."

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