TV Nordsee-Kracher säuft am Ende selbst ab
An Spannung und Action hat es dem gestrigen RTL-Eventmovie "Bermuda-Dreieck Nordsee" nicht gefehlt. Ebenso wenig an guten Darstellern, allen voran Bettina Zimmermann, die als PR-Dame eines profitgierigen Konzerns für Kohlendioxid-Einlagerung und der Sorge um die davon ausgehenden Gefahren hin- und hergerissen war. Auch Hannes Jaenicke als bodenständiger Heli-Pilot überzeugte durchaus. Für das irre Ende des Films kann man die Schauspieler nicht verantwortlich machen. Denn bei dem wurde das Katastrophenszenario um aus dem Meer aufsteigende Methangasblasen samt dadurch ausgelöster Wasserwand bis zur Schmerzgrenze ausgereizt. Absurderweise blieb einzig der Leuchtturm einer Hallig verschont, auf dem sich die Guten verschanzt hatten.
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Bei der sogenannten Sequestrierung von CO2-Abfällen, um die sich der Öko-Thriller drehte, handelt es sich keineswegs um Zukunftsvisionen, sondern um eine äußerst kontrovers diskutierte und in den USA, Norwegen und Großbritannien auch schon praktizierte Technologie. Dagegen hat in Deutschland der Bundesrat am vergangenen Freitag ein Gesetz zur Lagerung von Kohlendioxid gestoppt. Es wurde etwa befürchtet, dass das Treibhausgas unkontrolliert entweichen könnte. Derweil haben die Produzenten Stefan Raiser und Felix Zackor in dem Eventmovie nichts ausgelassen, um mögliche Folgewirkungen dem Sensationseffekt zuliebe völlig zu überhöhen, anstelle einigermaßen realistisch zur Erhellung des Themas beizutragen.
Super-Gau über alles
Selbst Umweltschützern, die die Technik als risikoreiche "Systemkosmetik" ablehnen, dürfte der Film nicht in die Hände gespielt haben. Das, weil er vielfältige Gefahren wie die Versauerung des Meeres zugunsten des Super-Gau-Szenarios weitgehend außer Acht ließ. Auch das Politikum, dass durch die Technologie einem "Weiter so" bei der Nutzung fossiler Energien das Wort geredet wird, fand keine Erwähnung. Selbst der höchstpeinliche Schlussapell "Jetzt ist es an uns zu beweisen: Wir haben unsere Lektion gelernt!" kann daran nichts ändern.
Ehrlicher Jaenicke
In dem Film pumpte der Energie-Konzern "Global Senergy" Kohlendioxid anstelle in ein leeres Gasfeld in ein prallgefülltes Methanfeld. Als das Methangas schließlich entwich, tat sich ein riesiger Schlund im Meer auf, der drohte, ein Passagierschiff in die Tiefe zu reißen. Die so ausgelöste Riesenwelle rollte auf eine Hallig zu. Eine Verknüpfung von Umständen somit, die selbst Kritiker der CO2-Sequestrierung eher als wenig wahrscheinlich erachten dürften. Umso tragischer ist dies für Zimmermann und Jaenicke, deren gute schauspielerische Leistungen dem fraglichen Plot letztlich zum Opfer fielen. Dennoch steht der privat ambitionierte Umweltschützer Jaenicke voll hinter dem Film. Wie er in einem Interview sagte, könne man durch den Streifen einerseits einem Millionenpublikum klarmachen, was es mit der Technik überhaupt auf sich hat, und gleichzeitig den Konkurrenzsendern Marktanteile "abluchsen" - immerhin ehrlich!
Schätzing lässt grüßen
Erfreulich an dem Film war zumindest, dass er anders als viele andere Eventmovies nicht als Zweiteiler inszeniert wurde. Ansonsten hätte man nämlich auf das sensationsgesteuerte Ende in Form eines "Blowouts" unnötig lange warten müssen. Aus RTL-Sicht war der 5,7-Millionen teure Film jedoch eine clevere Idee. Denn immerhin ist er spätestens durch die Methangas-Komponente nah dran am Stoff des Schätzing-Bestsellers "Der Schwarm", zu dem die Verfilmung weiter auf sich warten lässt.