"Hat er sich das ausgedacht?" Dieter Nuhr löst mit "Schutzgeld"-Anekdote Wirbel aus

Schutzgeld in der Schule? Dieter Nuhr erregt Aufsehen mit Aussagen in der ARD. Die Reaktionen zeigen, wie schwer er einem "politischen Lager" zuzuordnen ist.
Dieter Nuhr polarisiert. Die einen werfen ihm vor, rechte Narrative salonfähig zu machen, die anderen halten ihn für einen "systemtreuen GEZ-Clown". Wo genau der Comedian einzuordnen ist? Schwer zu sagen. Mit seinem Auftritt am Mittwochabend in der ARD-Talkshow von Sandra Maischberger hat er erneut beide Fraktionen gegen sich aufgebracht: AfD-Anhänger einerseits, eher linksorientierte Kommentatoren andererseits.
Denn Nuhr hat in der Sendung teils alarmierende Anekdoten aus seinem persönlichen Umfeld erzählt. Dabei kritisierte er die geltende Migrationspolitik scharf, weil sie reale Auswirkungen auf das Leben von Familien habe. "Ein Freund von mir zahlt Schutzgeld an Leute aus der Klasse seines Sohnes, damit sie das Kind auf dem Schulweg nicht angreifen", berichtete der 64-Jährige im Gespräch mit der Moderatorin und legte nach: "Ein anderer Freund von mir – dessen Tochter geht nicht mehr mit kurzem Röckchen in die Schule, weil sie Angst hat, als 'Schlampe' zum Freiwild zu werden."
Nuhr schießt gegen Esken
Mit diesen Schilderungen wollte Nuhr auf das aufmerksam machen, was er als "reale Sorgen der Menschen" bezeichnete. Dabei richtete er seine Kritik besonders an die Parteichefin der SPD. "Frau Esken sagte, dass das gar kein Thema für Normalbürger ist. Ich weiß nicht, wann sie das letzte Mal mit einem Normalbürger gesprochen hat. Einem Normalbürger, der Kinder in der Schule hat", so Nuhr in Richtung der Sozialdemokratin.
Auch Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge geriet ins Visier seiner Kritik. "Ich glaube, jetzt haben die meisten – vielleicht außer Frau Dröge – verstanden, dass das ein ernsthaftes Problem ist mit der Migration, weil wir überall rechte Regierungen ernten", warnte Nuhr und ergänzte: "Wenn jetzt nichts passiert, haben wir in vier Jahren eine AfD bei weiß-ich-nicht-wie-viel Prozent."
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Letzteres zeigt, dass Dieter Nuhr wenig für die Alternative für Deutschland übrig hat. Seine Kritik richtet sich an beide Pole: diejenigen, die die aktuelle Politik betreiben, und die AfD, die aus der Stimmungslage Kapital schlage. Nuhr beklagte, die "Brandmauer" sei schon vor vielen Jahren eingerissen worden, "und zwar von Linken, die jeden als Rechten und Nazi bezeichnet haben, der ihrer Politik nicht gefolgt ist. Wenn jeder ein Nazi ist, dann gibt's für einen richtigen Nazi plötzlich gar keine Bezeichnung mehr."
Trotz seiner scharfen Kritik an der Migrationspolitik versuchte Nuhr, gut integrierte Migranten in Deutschland in Schutz zu nehmen. "Das tut mir für sie auch leid", so der Kabarettist über die Sippenhaft, in die diese Menschen durch die pauschale Kritik an Flüchtenden wiederholt geraten.
"Konstruktion von Feindbildern"
Dennoch ging diese Einschränkung einigen Beobachtern nicht weit genug. So heißt es in Kommentaren auf X: "Unter dem schützenden Mantel der Satire hat Dieter Nuhr rechte Narrative im Kabarett wie kaum ein anderer salonfähig gemacht. Besonders seine islamfeindlichen Aussagen, verpackt in humorvolle Worte, tragen zur Konstruktion von Feindbildern bei." Seine anekdotische Evidenz in der "Maischberger"-Sendung trage ebenfalls dazu bei, dass Zuschauer nun vermuten, Migranten würden Schutzgeld eintreiben.
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Andere schenken der Erzählung Nuhrs keinen Glauben. "Hat Dieter Nuhr sich die Geschichte mit der Schutzgeldzahlung eines Freundes ausgedacht?", fragt ein User auf X. Und dann wäre da noch die Gruppe in den sozialen Medien, die Nuhr nun vorwirft, die AfD zu verteufeln, obwohl diese seit Jahren solche Anekdoten zu Wahlkampfthemen mache.
Kommentare wie "Dieter Nuhr hat sich nach seinem 'Maischberger'-Stuss nun auch endgültig aus dem Kreis der Realisten verabschiedet. Ist nicht mehr komisch, nur dämlich" zeigen exemplarisch, wie sehr der Comedian zwischen die Fronten gerät – und wie wenig es objektiv möglich ist, zu sagen, von welcher Seite da gerade Kritik auf ihn einprasselt.
- ARD: "Maischberger" vom 9. April 2025
- twitter.com: #Maischberger