Wagner-Aufstand in Russland Kritik an Öffentlich-Rechtlichen – ein Sender profitiert
ARD und ZDF wurde Trägheit vorgeworfen – mal wieder. Über Prigoschins Feldzug in Russland berichteten sie später als die private Konkurrenz. Das hatte Folgen.
Es gibt Tage, da dominiert ein Großereignis die Berichterstattung weltweit. Der gestrige Tag war so einer: Am 24. Juni wurde auf Nachrichtenportalen wie t-online und anderen Medienmarken sowie Fernsehsendern weltweit wie CNN, BBC oder Al Jazeera über den Aufstand von Prigoschins Wagner-Truppen berichtet. Kaum eine andere Meldung konnte sich an diesem Tag gegen die sich am Samstag dramatisch zuspitzende Lage behaupten.
Die Ereignisse überschlugen sich bereits am späten Freitagabend, eskalierten in den frühen Morgenstunden am Samstag. Wer aber am Morgen aufwachte und sich im Fernsehen über die Lage informieren wollte, musste etwas länger durchs Programm zappen. Denn die öffentlich-rechtlichen Sender zeigten zunächst wenig von Jewgeni Prigoschin und dem überraschenden Feldzug seiner Privatarmee.
"Giraffe, Tiger und Co." statt Wagner-Aufstand
Stattdessen sahen Zuschauer anfangs Programmangebote wie "Giraffe, Tiger und Co." oder "In aller Freundschaft". Vor allem konservative Kritiker der öffentlich-rechtlichen TV-Sender empörten sich darüber, Mitarbeiter privater Fernsehsender reagierten mit Spott. Andere, wie der CDU-Politiker Ruprecht Polenz, verwiesen hingegen darauf, dass es gar keinen klassischen "Nachrichtenkanal" von ARD und ZDF gibt. Gegen diesen hätten "der Verlegerverband und private Medien erfolgreich lobbyiert".
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Tatsächlich gibt es aber den von ARD und ZDF gemeinsam betriebenen Ereigniskanal Phoenix und das ARD-Angebot Tagesschau24. Diese berichteten auch über die Lage – allerdings nur mit mäßigem Erfolg. Wie das Branchenportal "Dwdl" am Sonntag in einer ersten Quotenbilanz berichtet, seien die beiden Sender nicht in den Top 20 gelandet. Deshalb lägen bisher keine messbaren Quoten und Marktanteile vor.
Was sich hingegen deutlich zeigt: wer von der außergewöhnlichen Situation in Russland aus Nachrichtensicht profitieren konnte. Vor allem der Sender n-tv berichtete über viele Stunden in einer Sondersendung live und erzielte laut dem Bericht "einen hervorragenden Tagesmarktanteil von 3,1 Prozent beim Gesamtpublikum und sogar 3,8 Prozent bei den 14- bis 49-Jährigen". Vor allem zur Mittagszeit schossen die Zugriffe auf den Sender in die Höhe: Offenbar interessierte der Machtkampf in Russland da besonders – und n-tv bot das beste Nachrichtenangebot.
Insgesamt mehr als sieben Millionen für ARD und ZDF am Abend
Der private Konkurrent "Welt" konnte da nicht mithalten, lag mit Tagesmarktanteilen von 1,7 Prozent beim Gesamtpublikum und 2,5 Prozent bei den 14- bis 49-Jährigen aber ebenfalls weit über seinen Normalwerten. Das Erste hingegen brachte erst nachmittags eine längere Strecke mit einer Sonderausgabe der "Tagesschau": Zwischen 15.27 Uhr und 17.10 Uhr erreichte der Sender damit immerhin mehr als eine Million Menschen.
Auch beim "Brennpunkt" um 20.15 Uhr war das Interesse groß. Im Schnitt sahen 5,42 Millionen Menschen die 15-minütige Sondersendung – das entsprach der insgesamt meistgesehenen Sendung des Tages. Das "heute journal spezial" sahen zur gleichen Zeit rund zwei Millionen Menschen. Das Vertrauen in die Öffentlich-Rechtlichen ist also weiterhin groß in solchen Lagen – doch womöglich auch der Wunsch, sie würden früher umfassender berichten. Auf eine kurzfristige Anfrage von t-online zu dem Thema haben ARD und ZDF bislang nicht geantwortet.
- Eigene Recherchen
- Anfrage an ARD und ZDF
- twitter.com: #Wagner
- dwdl.de: "Aufstand in Russland: ntv sehr stark, 'Brennpunkt' vorn"