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Silvester-Randale: Wahrheit durch ARD verdreht? "Bild" fährt eine Kampagne


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Kritik an Silvester-Berichten der ARD
Dilettantischer Trugschluss – oder noch schlimmer?

  • Steven Sowa
MeinungEin Kommentar von Steven Sowa

Aktualisiert am 06.01.2023Lesedauer: 3 Min.
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Angriff auf Rettungswagen: Aufnahmen zeigen den Vorfall. (Quelle: t-online)
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Wird die Wahrheit über Silvester im öffentlich-rechtlichen Fernsehen verschwiegen? Dieser Vorwurf wird seit Tagen immer wieder geäußert. Das ist gefährlicher Unsinn.

Jetzt sind also die Öffentlich-Rechtlichen an allem schuld. ARD und ZDF lügen, verschleiern, verdrehen die Tatsachen. Die Silvestereskalation ist inzwischen fünf Tage her. Genauso lange attackiert die "Bild"-Zeitung nun bereits "Tagesschau" und Co. mit dem immer gleichen Vorwurf: Die öffentlich-rechtlichen Sender würden aus überzogener politischer Korrektheit nicht über die Herkunft der Täter sprechen.

Also kurz zu den bisher bekannten Fakten, wie sie ein Polizeisprecher am Dienstagabend verkündete: Demnach wurden im Zusammenhang mit den Ausschreitungen 145 Menschen vorläufig festgenommen, die meisten davon Männer. Es seien insgesamt 18 verschiedene Nationalitäten erfasst worden. 45 der Verdächtigen hätten die deutsche Staatsangehörigkeit. Danach folgten 27 Verdächtige mit afghanischer Nationalität und 21 Syrer.

Dieser Vorwurf lässt sich schnell entkräften

Das kann und muss man klar benennen. Inwiefern die Kenntnis über die Herkunft weiterhilft, solche Vorfälle künftig zu verhindern, müssen weiterführende Analysen zeigen. Bis dahin bleibt der behauptete Nutzen eine Theorie, deren Beweis erst noch erbracht werden muss. Sind es eher soziale Gründe, also beispielsweise ein hoher Arbeitslosenanteil in den Brennpunkten, oder tatsächlich kulturelle, wie durch die Betonung auf die Herkunft der Täter angedeutet wird, die zu solchen Gewalttaten führen? Das ist noch unklar.

Gefährlich ist es daher bereits jetzt, das Migrationsthema ohne angemessene Faktenbasis derart in den Vordergrund zu stellen. Genau das tut die "Bild"-Zeitung und macht damit Stimmung gegen eine bestimmte Bevölkerungsgruppe. Gleichzeitig nutzt sie das, um auch gegen die Öffentlich-Rechtlichen zu schießen.

"Bild" hat bereits einen Schuldigen identifiziert: die ARD. Sie hätten "die Silvesterkrawalle offenbar bewusst vernebelt". Ein Blick in die "Tagesschau" vom 4. Januar oder die später am Abend ausgestrahlten "Tagesthemen" entkräftet diesen Vorwurf: "Tagesschau"-Sprecher Thorsten Schröder zitiert kurz nach 20 Uhr die Bundesinnenministerin Nancy Faeser: "Es gebe in Großstädten ein Problem mit bestimmten, gewaltbereiten, jungen Männern mit Migrationshintergrund." Ein Beitrag wird anschließend eingespielt, eine Sprecherin aus dem Off erklärt: "145 Verdächtige waren wegen der Attacken festgenommen worden, zwei Drittel hatten einen Migrationshintergrund."

In den "Tagesthemen" folgt dann das gleiche Spiel: Aline Abboud betont in der Anmoderation die Stadtbezirke, in denen es "einen hohen Anteil an jungen Männern mit Migrationsbiografie gibt". Anschließend verweist sie auf die Migrationspolitik und zitiert ebenfalls die Innenministerin. Verschweigen, vernebeln, verdecken – das sähe anders aus.

Die konkreteste Anschuldigung des Boulevards in Richtung ARD: Die Einschätzung des Berliner Feuerwehrmanns Baris Coban sei manipuliert worden. Sein Zitat, "Ich nenne das Kind beim Namen: Das waren keine Linksautonomen, sondern Heranwachsende, größtenteils mit Migrationshintergrund", habe in einem Interview-Einspieler am Montagabend gefehlt.

"Journalistischer Alltag"? Einfach ignoriert

Erstens stammt das Interview vom RBB und war dort in ganzer Länge zu sehen. Zweitens ist es gängige journalistische Praxis, Zitate zu kürzen. Das hat die ARD der "Bild"-Zeitung sogar noch einmal erklärt: Dass der Beitrag "in unterschiedlichen Sendungen unterschiedlich eingesetzt wird, ist journalistischer Alltag beziehungsweise normale redaktionelle Schwerpunktsetzung", so ein Sprecher. Der Vorwurf der Zeitung ist also haltlos. Er verdreht die Fakten, verschleiert Zusammenhänge bewusst und nutzt die eben noch der ARD unterstellte, vermeintlich perfide Methode selbst.

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Egal was die ARD sagt: Die "Bild"-Zeitung will das nicht verstehen. Sie fährt eine Kampagne. Eine durchschaubare, alte Stoßrichtung wird dabei deutlich: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk soll vorgeführt, das Vertrauen in seine journalistische Integrität unterwandert werden. Damit sollen die ohnehin immer sehr lautstarken "Zwangsgebühren"-Schreihälse angelockt und das übliche Feindbild soll zementiert werden: "links-grün-versifft" seien ARD und ZDF, politisch überkorrekt und verblendet.

Das Migrationsthema ist dabei ein gefundenes Fressen. Mit schnellen Schlüssen wähnt man sich in manchen Kreisen schon auf der richtigen Seite: Silvester zeige wieder einmal, dass Deutschland ein "Ausländerproblem" habe – und dass die öffentlich-rechtlichen Medien die Augen davor verschließen.

Es sind zwei Fliegen mit einer Klappe: Aber eben auf billige und zudem auch noch faktisch falsche Art und Weise. Ein dilettantischer Trugschluss oder eben eine mutwillige Verdrehung der Tatsachen.

Man weiß nicht, was schlimmer ist.

Verwendete Quellen
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