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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Dunkle Wolken am Schlagerhimmel "Enges Korsett": Mai und Silbereisens Strippenzieher
Er ist der Mann im Hintergrund und geriet mit fragwürdigen Methoden in die Schlagzeilen: Michael Jürgens. Ist das Zerwürfnis mit Sängerin Vanessa Mai vorüber?
"Es gibt halt gewisse Spielregeln da und die waren für mich irgendwann nicht mehr ertragbar", berichtete Vanessa Mai im Oktober 2022 in der ARD-Dokureihe "Vanessa Mai – MAI time is now" und beleuchtete damit vor allem die Arbeit von Michael Jürgens.
Der 57-Jährige ist nicht dafür bekannt, sich in den Vordergrund zu spielen. Jürgens ist eher hinter den Kulissen aktiv: als Manager, Produzent und Geschäftsführer einträglicher TV- und Musikunternehmen. Ein Strippenzieher, der in der Schlagerbranche als einflussreiche Größe gilt. Allein vier seiner Unternehmen machen laut offiziellen Zahlen aus den vergangenen Jahren einen Jahresgewinn von insgesamt knapp zwei Millionen Euro.
Jürgens' Firma produziert die Shows von Florian Silbereisen
Die Zahlen liefert unter anderem das Wirtschaftsanalysetool North Data, das Firmengeflechte wie die von Jürgens genauer unter die Lupe nimmt:
- Jürgens TV GmbH, Jahresüberschuss 2020: 1.366.626 Euro
- Jürgens Management GmbH, Jahresüberschuss 2018: 269.007 Euro
- Jürgens & Partner Medienkonzepte GmbH, Jahresüberschuss 2018: 203.784 Euro
- Unikat Music GmbH, Jahresüberschuss 2019: 105.008 Euro
Am 25. März 2022 tauchte Jürgens' Name erstmals prominent in einer Recherche auf, die fragwürdige Machenschaften der Schlagerbranche anprangerte. Im "ZDF Magazin Royale" kritisierte Jan Böhmermann damals, dass der Unternehmer durch Booking und Produktion der Silbereisen-Shows eine zu große Marktmacht in der deutschsprachigen Schlagerszene entwickelt habe. Schon damals fiel auf: Trotz Anfragen will offenbar kein Schlagerlabel und kaum ein Künstler zu den Vorwürfen Stellung nehmen.
"Ich gehe kaputt daran"
Bis auf eine Künstlerin: Vanessa Mai. Kurz nach Veröffentlichung der Böhmermann-Sendung meldete sie sich auf Instagram zu Wort. "Micha (Anm. d. Red.: Michael Jürgens), ich mag dich eigentlich irgendwie, aber cool war vieles nicht", wandte sie sich kritisch an Silbereisens Manager. In der ARD-Dokureihe "MAI time is now" präzisierte sie ihre Vorwürfe schließlich.
"Auch wenn alles den Bach runtergeht, aber ich kann da nicht mehr reingehen. Ich will es nicht mehr", entgegnete die 32-Jährige auf die Frage, warum sie seit dem Jahr 2018 nicht mehr in den verschiedenen Schlagersendungen von Florian Silbereisen auftritt. "Ich gehe kaputt daran", so Mai weiter.
Vanessa Mais Manager und Ehepartner Andreas Ferber konkretisierte den Konflikt: "Es gab eine Zeit, da ist Vanessa gefühlt in jeder Show von Florian Silbereisen aufgetreten." Doch dann habe es einen Bruch zwischen der Sängerin und Silbereisen gegeben: "Ich habe gemerkt, dass von Show zu Show die Vorstellungen von Vanessa und von Florian Silbereisens Team um Produzent Michael Jürgens immer mehr auseinandergegangen sind", so Ferber.
Gezeigt wurden anschließend Ausschnitte aus der "Die Besten im Sommer"-Show vom MDR aus dem Jahr 2015. Vanessa Mai sitzt neben Florian Silbereisen auf der Bühne, erzählt von ihrem ebenfalls in der Musikbranche tätigen Vater Marino Mandekic. Aus dem Off kommentierte die Sängerin in der Doku: "Da habe ich schon so langsam gemerkt, dass Vorstellungen noch klarer waren, wie was auszusehen hat, was man anzieht, wie das Drehbuch geschrieben ist."
Sie habe alles mitgemacht, ob es "um das Outfit ging" oder um ihr Verhalten. Eine Samstagabendshow dieser Größe habe sie damals als eine Art "roten Teppich" wahrgenommen. Im Jahr 2015 sorgte die Jürgens-TV-Produktion für eine Überraschung, holte offenbar ohne das Wissen von Vanessa Mai deren Vater in die Sendung. "Man hat mir dann auch schon so durch die Blume gesagt: So Tränchen schaden halt auch nicht", erinnerte sich Mai an diesen Moment, bei dem sie tatsächlich auf großer Bühne und für das Fernsehpublikum sichtbar Tränen vergoss.
"Über die Jahre hinweg wurde dieses Korsett immer enger geschnürt."
Vanessa Mai
"Es ist eigentlich wie überall im Leben: Es gibt ein System, System bedeutet Regeln, Regeln bedeutet ein Korsett und wenn dieses Korsett immer enger wird und eh nicht viel Raum hatte vorher schon, dann gibt es zwei Optionen: Entweder du machst es halt mit oder du ziehst das Korsett aus", gab sie Einblicke in die aus ihrer Sicht einengende Welt der TV-Schlagershows. Für sie sei dieses "Korsett immer enger geschnürt" worden – und so warf sie es von sich.
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Mai selbst nahm bis zu diesem Zeitpunkt den Namen Michael Jürgens nicht in den Mund. Auch nicht als sie auf Mechanismen verwies, die hinter den Kulissen solcher Shows greifen: "Dass es Menschen gibt im Hintergrund, die so einen Einfluss auf deine Karriere nehmen können, die so die Strippen ziehen: Das wurde mir irgendwann einfach zu viel. Ich habe dann auch wirklich den Spaß dran verloren."
Bis schließlich kurz vor Ende der ersten Folge der insgesamt dreiteiligen ARD-Serie eine Szene mit ihrem Mann gezeigt wurde. Das Ehepaar streitet darin über die Karriereplanung. "Mach du das alles mit Jürgens", entgegnet Vanessa Mai und fügt an: "Ich werde nicht mit ihm am Tisch sitzen, ich werde mir nichts erzählen lassen von ihm oder mir predigen lassen wie so ein Schüler, wie er es gemacht hat."
Mai urteilt: "Jürgens ist für mich durch"
Die Sängerin wirkte in diesem Teil der Doku genervt, redete sich in Rage. "Tu mir das nicht an", forderte sie ihren Manager und Ehemann auf: "Jürgens ist für mich durch." t-online bat Michael Jürgens' Produktionsfirma damals um Stellungnahme. Eine Antwort gab es bis heute nicht.
Der MDR als zuständiger Sender der Schlagershows erklärte auf Anfrage von t-online: "Für die Besetzungen und die Inszenierungen im Rahmen einer Show trägt die zuständige Redaktion die programmliche Verantwortung."
Weiter hieß es von einer MDR-Sendersprecherin: "Wir haben Vanessa Mai über Jahre hinweg gerne auf ihrem Weg begleitet, den sie freiwillig mit uns gegangen ist. Es kommt immer wieder mal vor, dass sich die inhaltlichen Vorstellungen des Senders auf der einen Seite und die Ideen von Künstlerinnen oder Künstlern auf der anderen Seite in unterschiedliche Richtungen entwickeln und man dann auch getrennte Wege geht." Für die Verwirklichung ihrer beruflichen Vorstellungen und Ziele wünsche man Vanessa Mai dennoch "weiterhin alles Gute".
Jetzt hat sich aus diesen Wünschen offenbar wieder eine Zusammenarbeit ergeben – trotz der Zerwürfnisse und all der Vorwürfe in der Vergangenheit. An diesem Samstag war Vanessa Mai beim "Schlagerbooom" im Ersten zu sehen, nach sieben Jahren Abwesenheit. Produziert wird die Show von der Jürgens TV GmbH.
- Anfragen an Jürgens TV, MDR und Andreas Ferber
- Vorabsichtung bei der ARD: "Vanessa Mai – MAI time is now"
- northdata.de: "Michael Jürgens, München"
- zdf.de: "ZDF Magazin Royale vom 25. März 2022"
- instagram.com: Profil von vanessa.mai
- instagram.com: Profil von zdf_magazin_royale