Fiktion versus Realität Kritik an Netflix-Serie "The Crown" nimmt weiter zu
Kürzlich startete die vierte Staffel von "The Crown". Über das Gezeigte ist nicht nur die britische Königsfamilie wenig "amused". Der Grund: Fiktion und Wirklichkeit sind für Laien kaum auseinanderzuhalten.
Die im November gestartete, neueste Staffel der Netflix-Serie "The Crown" um die britische Königsfamilie steht zunehmend in der Kritik. Es gebe eine "moralische Verantwortung", dem Publikum klar zu machen, dass es sich um ein Drama und nicht um historische Fakten handelt, räumte jetzt sogar Schauspielerin Helena Bonham Carter ein. Sie verkörpert in der dritten und vierten Staffel Prinzessin Margaret, die jüngere Schwester der Queen.
Es gebe Unterschiede zwischen "unserer Version und der wirklichen Version". "Das sind verschiedene Dinge", sagte die Mimin in dem offiziellen Podcast. Sie lobte aber ausdrücklich die Arbeit und Recherchen des leitenden Drehbuchautors Peter Morgan, der die Dramaserie entwickelt hat. "The Crown" hat bereits viele renommierte Auszeichnungen erhalten, darunter Emmys und Golden Globes.
Die neue Staffel spielt in den Achtzigerjahren. Thematisch geht es unter anderem um die Beziehung zwischen Prinzessin Diana (Emma Corrin) und Prinz Charles (Josh O'Connor), der eine Affäre mit Camilla hatte. Charles kommt in der Serie nicht gut weg. "Viele sind unglaublich frustriert und wütend, dass sein Name durch den Dreck gezogen wird", hatte eine nicht näher genannte Quelle aus dem Umfeld der Royals der Zeitung "The Telegraph" berichtet. Bezweifelt wird vor allem, ob Charles schon zu Beginn seiner ersten Ehe seine Frau Diana mit Camilla, seiner heutigen Ehefrau, betrog. Auch Prinz William sei empört über das in der Serie Dargestellte.
Der 72-jährige Thronfolger, in der Staffel stets in leicht gebückter Haltung und etwas weltentrückt von O'Connor dargestellt, soll die Serie selbst nicht verfolgen. Offizielle Äußerungen gibt es nicht.
"Zuschauer könnten Fiktion für Tatsache halten"
Sogar der britische Kultur- und Medienminister Oliver Dowden kündigte an, noch in dieser Woche einen Brief an den US-Streamingdienst zu schreiben: "Ich fürchte, dass eine Generation von Zuschauern, die diese Geschehnisse nicht erlebt hat, Fiktion für Tatsache halten könnte", sagte er der "Mail on Sunday".
Auch der jüngere Bruder der 1997 bei einem Autounfall in Paris gestorbenen Prinzessin Diana hält Klarstellungen für ratsam. Ein Hinweis vor jeder Episode, dass nicht alles in "The Crown" real sei, könnte hilfreich sein, sagte Charles Spencer dem Fernsehsender ITV. Andere Hinweise von Netflix gibt es durchaus in der Serie: etwa Warnungen vor Szenen, in denen sich Diana, die nach eigenen Worten unter Bulimie litt, immer wieder in eine Toilettenschüssel übergibt.
Doch es geht bei der Kritik an der Serie nicht nur um die Beziehungen der Royals. War die damalige Premierministerin Margaret Thatcher (Gillian Anderson) so wie in der Serie dargestellt? Ihr Biograf Charles Moore verneinte, dass das Verhältnis zwischen der Queen und der Eisernen Lady so schwierig war wie in "The Crown" dargestellt. Als ziemlich sicher gilt aber, dass sich Thatcher auf dem Landsitz der Queen im schottischen Balmoral zwischen all den jagdbegeisterten Royals unwohl fühlte und am liebsten Reißaus genommen hätte. Zumindest hier schien man in der Serie also sehr nahe an der Wirklichkeit gewesen zu sein. Zumal an keiner Stelle behauptet wird, bei "The Crown" handle es sich um eine Dokumentation. Die Serie ist beim Streamingdienst unter dem Genre "Drama" angesiedelt.
- Nachrichtenagentur dpa
- Daily Mail: "Culture Secretary Oliver Dowden demands Netflix make it clear The Crown is 'fiction' over fears viewers may mistake it for fact" (engl.)
- eigene Recherchen
- Netflix: "The Crown"
- offizieller "The Crown"-Podcast: "Episode 7: The Hereditary Principle" (engl.)