Vor 25 Jahren Wie Prinzessin Diana die britische Monarchie erschütterte
Als die BBC am 20. November 1995 ein Interview mit Prinzessin Diana ausstrahlte, stockte der Welt der Atem – besonders aber wohl Englands Königshaus.
Mit einem einzigen Interview hat Prinzessin Diana vor 25 Jahren die britische Monarchie erschüttert. Mehr als 200 Millionen Menschen weltweit sahen am 20. November 1995, wie die volksnahe Diana geradeheraus über die emotionale Kälte am Hofe und die Untreue ihres Gatten Prinz Charles plauderte. Sie sagte auch, dass der Thronfolger wohl nicht für den "Topjob" – also König zu sein – geeignet sei. Besser wäre es, wenn später direkt Sohn William in die Fußstapfen seiner Großmutter träte. Zeitgleich zum britischen TV wurde das brisante Gespräch auch im deutschen Fernsehen ausgestrahlt.
"Wir waren zu dritt in unserer Ehe"
"Ich will keine Scheidung", sagte Diana in der BBC-Sendung "Panorama". Zu dem Zeitpunkt lebte sie schon drei Jahre getrennt von Prinz Charles, auch er hatte eine Scheidung zuvor in einem Interview noch ausgeschlossen. Diana sagte aber: "Ich warte auf die Entscheidung meines Mannes über den Weg, den wir einschlagen sollen." Die Frage, ob Camilla Parker-Bowles – Charles' langjährige Affäre – der Grund für das Liebes-Aus sei, beantwortete Diana so: "Nun, wir waren zu dritt in unserer Ehe. Das war ein bisschen viel." Der Thronfolger hatte aber schon 1994 in einem Interview erklärt, dass er Diana betrogen hat – als "klar wurde, dass die Ehe unwiderruflich zerrüttet war". Von britischen Medien war Dianas Interview deshalb teilweise als eine Art Vergeltungsschlag für Charles' Offenlegung im TV gesehen worden.
Die damals 34-Jährige sprach aber nicht nur über die Affäre ihres Ehemanns, sie räumte auch ein, selbst eine Affäre gehabt zu haben – mit dem Reitlehrer James Hewitt. Doch der hatte nicht dicht gehalten. Das Verhältnis habe die Grenzen der Freundschaft überschritten, sagte sie. "Ich habe ihn angebetet. Ja, ich war in ihn verliebt." Auch von anderen, sehr privaten Angelegenheiten sprach sie sehr offen: So berichtete sie von Selbstverletzungen – Schnitte in Arme und Beine – und ihrer Bulimie.
"Für die bin ich eine Versagerin"
"Ich möchte Königin im Herzen der Menschen sein. Aber ich sehe mich nicht als Königin dieses Landes", sagte Diana der BBC und teilte auch heftig aus: "Ich glaube nicht, dass sich viele Leute mich als Königin wünschen. Ich meine vor allem das Establishment, in das ich hineingeheiratet habe. Für die bin ich eine Versagerin." Vorwürfe, sie wolle die Monarchie zerstören, wies sie zurück. "Warum sollte ich etwas zerstören, das die Zukunft meiner Kinder sichert? Ich werde für meine Kinder auf allen Ebenen kämpfen."
Dianas heimlich arrangierter Fernsehauftritt wurde als Vertrauensbruch gegenüber dem Königshaus gewertet. Weder Schwiegermutter Elizabeth II. noch Prinz Charles seien damals von der Prinzessin vorgewarnt worden. Und das Interview hatte Folgen: Einen Monat später wurde bekannt, dass die Queen sich für eine schnelle Scheidung des Paares aussprach. Charles war einverstanden und ließ über seinen Sprecher erklären: "Der Prinz hat nicht die Absicht, wieder zu heiraten." Empört war die Monarchin Berichten zufolge vor allem darüber, dass ihre Schwiegertochter die Eignung ihres Sohnes für den Thron anzweifelte.
Royals verlieren an Ansehen, Dianas Ansehen nimmt zu
Folgen gab es nicht nur innerhalb des Königshauses, sondern auch nach außen hin: Die Royals verloren nach dem Interview laut Umfragen drastisch an Ansehen. Dass Diana für das Wohl ihrer damals 11 und 13 Jahre alten Söhne Harry und William kämpfte und "nicht leise verschwinden" wollte, ließ sie hingegen in der Gunst der Bevölkerung steigen. Sie wurde für ihren Mut und ihre Ehrlichkeit bewundert. Psychologen sahen in ihr eine ideale Identifikationsfigur für frustrierte Frauen: Sie habe stets versucht, alles richtig zu machen, ohne dass man es ihr gedankt habe. Der Chefredakteur der Boulevardzeitung "Sun" lobte Diana sogar als Mischung zwischen einem Supermodel und Mutter Teresa.
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Kritiker bezeichneten die Prinzessin dagegen als eine berechnende Frau. Nicholas Soames, ein Freund von Charles und damals Staatssekretär im Verteidigungsministerium, sprach vom "Schauspiel eines angeblichen Opferlamms, das an Verfolgungswahn grenzt". Wie dem auch sei: Für das Königshaus war das Interview wie eine schallende Ohrfeige. BBC ging in dem ganzen Skandal als Gewinner hervor – der Sender verkaufte die Aufzeichnung in mehr als 100 Ländern.
Vorwürfe gegen BBC-Journalisten
Dianas Bruder, Charles Spencer, wirft dem Journalisten Martin Bashir allerdings vor, sich das Interview mit seiner Schwester damals mit unlauteren Methoden – etwa gefälschten Kontoauszügen – verschafft zu haben. Diese sollten demnach den Eindruck erwecken, Menschen wären dafür bezahlt worden, Informationen über Diana preiszugeben. Man nehme die Vorwürfe "sehr ernst", sagte kürzlich BBC-Chef Tim Davie. Der Sender will eine unabhängige Untersuchung einleiten. Bashir konnte aus gesundheitlichen Gründen zunächst nicht befragt werden, er soll unter den Folgen einer Covid-19-Erkrankung leiden.
Viel ist seit dem Interview vor 25 Jahren geschehen: Trotz Beteuerungen von Prinz Charles, nie wieder zu heiraten, ging er gut zehn Jahre später doch erneut den Bund der Ehe ein: mit keiner Geringeren als Camilla.
Charles, einst als snobistisch kritisiert, und Camilla genießen heute bei den meisten Briten ein hohes Ansehen. Sie gelten als bodenständig und setzen sich für wohltätige Zwecke ein. Prinzessin Diana kam zwei Jahre nach dem Interview – von Paparazzi verfolgt – bei einem Autounfall mit ihrem Geliebten Dodi Al Fayed in einem Pariser Tunnel ums Leben. Ihr Todestag jährte sich am 31. August bereits zum 23. Mal. Ihre beiden Söhne William und Harry – inzwischen beide selbst verheiratet und Väter – haben durch den Verlust ihrer Mutter viel durchmachen müssen und setzen sich seitdem für psychische Gesundheit ein.
- Nachrichtenagentur dpa
- eigene Recherchen