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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Chefredakteur Florian Boitin erklärt Warum das erste "Playboy"-Covergirl nicht nackt war
In diesem Monat feiert der "Playboy" Deutschland seinen 50. Geburtstag. Chefredakteur Florian Boitin über ein halbes Jahrhundert nackte Tatsachen.
Seit 13 Jahren leitet Florian Boitin die Redaktion des beliebten Männermagazins. "Ich bin inzwischen der Älteste im Team", sagt der 55-Jährige lachend zu t-online.
Wir sprechen über 50 Jahre "Playboy", Zeitgeist und Wandel im Magazin. Aber auch über die Schönheit von Frauen im Alter. Der Chefredakteur verrät zudem, warum der "Playboy" seine eigenen Hefte teuer zurückkaufen muss.
t-online: Herr Boitin, herzlichen Glückwunsch zum Jubiläum!
Florian Boitin: Herzlichen Dank. Ich selber bin ja schon älter, aber ich nehme auch die Glückwünsche zum 50. Geburtstag von "Playboy Deutschland" gerne in Empfang.
Die große Geburtstagsparty fand bereits Mitte Juli mit 350 Gästen statt. Aber das offizielle Jubiläumsdatum ist der 1. August. Was hat sich in 50 Jahren verändert?
1972 war der "Playboy" quasi ein Aufklärungsmagazin. Viele Männer sahen zum ersten Mal eine nackte Frau, die nicht ihre Mutter war. Das Magazin hatte einen enthüllenden und aufklärerischen Auftrag. Das hat sich natürlich über die Jahrzehnte verändert – spätestens seit dem Internet. Heutzutage ist die Nacktheit nicht mehr die Nachricht. Es ist die Person, die auf dem Titel zu sehen ist.
Inzwischen arbeiten beim "Playboy" mehr Frauen als Männer. Welchen Einfluss hat das auf den redaktionellen Teil?
Unser Team besteht zu 65 Prozent aus Frauen. Das merkt man den Themen im Blatt absolut an. Wir greifen aktuelle und gesellschaftliche Debatten auf. Aber nicht, weil wir uns dem Zeitgeist unterwerfen wollen, sondern weil wir es spannend finden. Wir würden uns niemals etwas unterordnen, wollen keiner Erwartungshaltung entsprechen. Für uns zählt nur, ob das Thema oder die Person interessant sind.
Die Liste der Stars auf dem deutschen "Playboy"-Cover ist lang. Wann fing es an, dass es "en vogue" wurde im Magazin zu erscheinen?
Eine der ersten Prominenten in der deutschen Ausgabe war Schauspielerin Nastassja Kinski. Das war 1983. Aber so richtig los ging es erst in den Neunzigerjahren mit den berühmten Supermodels: Naomi Campell, Tatjana Patitz, Cindy Crawford. Sie alle waren nackt im amerikanischen "Playboy" zu sehen. Fotografiert von herausragenden Fotografen. In Deutschland fing es nach der Ausgabe 1998 mit Katarina Witt an, dass prominente Frauen es als Auszeichnung wahrgenommen haben, eine Anfrage vom "Playboy" zu erhalten.
Kommen prominente Frauen auch von sich aus auf den "Playboy" zu und bitten um ein Shooting?
Es kommt durchaus vor, ist aber eher die Ausnahme. Im Endeffekt ist es so, dass wir uns für bestimmte Stars interessieren und diese dann auch nach aller Kunst umwerben.
Wonach wählen Sie die Frauen aus. Besser gefragt: Wann ist eine Person für den "Playboy" interessant, um es aufs Cover zu schaffen?
In der Regel ist es so, dass wir uns im Vorfeld angucken, wo ist ein Ereignis von bedeutender Relevanz mit jemanden, der uns interessiert. Das Dschungelcamp ist da ein Beispiel von vielen. Bereits im Sommer beginnen die ersten vertraulichen Gespräche mit der TV-Produktion, welche Kandidatinnen gehandelt werden. Es gibt so viele Persönlichkeiten, aber tatsächlich ist Relevanz das Zauberwort!
Welche Rolle spielt das Alter der Frauen?
Schönheit ist heutzutage kein Privileg der Jugend. Das hat sich geändert. Früher waren die Frauen im "Playboy" alle ausgesprochen jung. Da gab es bestimmt keine Frau, die jenseits der 35 war. Noch vor zwölf Jahren, als wir Simone Thomalla auf dem Cover hatten, titelte die "Bild"-Zeitung: "Simone Thomalla nackt mit 42." Da war das noch eine Nachricht. Heute ist es nicht mehr ungewöhnlich, eine Prominente auf dem Cover zu haben, die vielleicht sogar schon 50 ist. Das ist eine wichtige gesellschaftliche Entwicklung, die sich auch im "Playboy" widerspiegelt.
Ganz ehrlich: Wird im Nachgang viel an den Fotos bearbeitet?
Nein, nicht viel. Das hat einen ganz pragmatischen Grund. Man kennt die Frauen aus den Medien. Wenn sich unsere Aufnahmen völlig von der Realität unterscheiden, würden wir uns ad absurdum führen. Wir bilden schon ab, was ist. Darin liegt auch der Reiz der Fotos.
Wenn ich Sie nach Ihrem Lieblingscover frage, was antworten Sie mir?
Es gibt so einige Cover, die mir am Herzen liegen. Aber eine Ausgabe finde ich schon sehr besonders: Natalia Wörner, fotografiert von Karl Lagerfeld. Ich war damals recht neu als Chefredakteur beim "Playboy" und habe in der Redaktion gefragt, warum Lagerfeld eigentlich noch nie für uns fotografiert hat. "Ach, wir haben ihn noch nie gefragt", lautete die Antwort. Das haben wir dann getan und er hat auch sofort zugesagt.
Für die Jubiläumsausgabe haben Sie sich auch etwas ganz Besonderes einfallen lassen: 50 unterschiedliche Cover, illustriert von diversen Künstlern.
Es sind sogar 51! Die Abonnenten bekommen traditionell immer einen eigenen exklusiven Titel. Aber im Handel sind tatsächlich 50 verschiedene Ausgaben zu erwerben. Illustriert von namhaften Künstlern aus unterschiedlichen Bereichen. Von Fotografie über Malerei bis hin zur Performance Art ist alles vertreten. Wir wollten damit die ganze Vielfalt der Kunstwelt aufzeigen.
Das wird die Sammler freuen. Woran liegt es, dass der "Playboy" als beliebtes Sammlerstück gilt?
Alle Ausgaben sind limitiert und sie werden auch nicht nachgedruckt. Damit steigt der Wert. Wir selbst haben oft eine bestimmte Ausgabe nicht mehr und müssen sie vereinzelt für teuer Geld bei Sammlern zurückkaufen. So zum Beispiel auch die erste Ausgabe von 1972.
Auf dieser ersten Ausgabe ist das Model Gaby Heier zu sehen, aber sie ist nicht nackt. Warum eigentlich nicht?
Die simple Antwort lautet: Weil sie niemand gefragt hat! Gaby hätte auch kein Problem damit gehabt. Sie war nämlich die erste Frau, die nackt in einem Werbespot zu sehen war. 1972 wurde sie übrigens nur für den Titel gebucht. Im Heft selbst ist sie gar nicht erschienen. Aber der Fauxpas der Kollegen wurde 2003 ausgebügelt, als der "Playboy" Gaby Heier erneut fürs Heft fotografierte. Dieses Mal nackt.
Ein halbes Jahrhundert "Playboy" Deutschland. Wie zuversichtlich sind Sie für die Zukunft?
"Hat der 'Playboy' eine Chance?", titelte eine Zeitung 1972 zum Start der ersten Ausgabe. Für uns Macher ist es 50 Jahre später schön, zu sehen, dass wir am Puls der Zeit sind und es immer wieder schaffen, "Talk of the Town" zu sein. Wir sind das einzige Magazin mit einer männlichen Zielgruppe, das monatlich erscheint. Auch da sind wir absolut konkurrenzlos. Weltweit ist der deutsche "Playboy" längst die erfolgreichste Ausgabe. Deshalb sind wir auch zuversichtlich für die nächsten 50 Jahre.
- Interview mit "Playboy"-Chefredakteur Florian Boitin