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Zum journalistischen Leitbild von t-online.TV-Star Olivia Pascal "Ich habe mir schon früh Gedanken um das Sterben gemacht"
Sie war Kindermädchen, Kriminalkommissarin, Richterin und die Christl in "Irgendwie und Sowieso". Zum 65. Geburtstag hat Schauspielerin Olivia Pascal mit t-online über das Älterwerden und ihre Freundschaft über den Tod hinaus gesprochen.
1976 wurde Olivia Pascal für den Film entdeckt. Bekannt wurde die gebürtige Münchnerin vor allem durch die Musik-Comedyshow "Bananas" und als Kindermädchen Carola in der legendären "Schwarzwaldklinik". Für die Serie "SOKO 5113" ermittelte sie acht Jahre als Kriminalkommissarin Lizzy Berger und wurde dafür zur Ehrenkommissarin ernannt. Unvergessen ist sie auch als Jacqueline in "Monaco Franze."
Obwohl sich die Schauspielerin gerade im "Rückzug" befindet, um in Ruhe an einem Buch zu schreiben, stimmt sie spontan einem Interview zu. "Ich muss meinen Namen nicht unbedingt lesen, aber Sie haben so nett geschrieben", sagt Olivia Pascal zu Beginn des Gespräches. Dafür legt sie Bleistift und Radiergummi beiseite, denn die 65-Jährige schreibt mit der Hand. "Auf dem Computer zu schreiben, finde ich unsinnlich", sagt sie. Worum es in dem Buch geht, verrät sie nicht. Dafür sprechen wir über viele andere interessante Themen.
t-online: Frau Pascal, gibt es zu Ihrem Geburtstag eine große Party?
Olivia Pascal: Ich feiere meine Geburtstage grundsätzlich nicht mit großen Partys. Selbst an meinem 60. gab es keine, weil ich diese Zahl so gruselig fand. Damit hatte ich echt ein Problem. Als mein Mann mich fragte, was ich machen möchte, habe ich ihm geantwortet: "Gar nichts." Ich wollte auch nicht, dass mir jemand gratuliert. Wir sind aufs Land gefahren und haben Urlaub auf dem Bauernhof gemacht. Mit den kleinen Kälbchen um mich herum war alles wunderbar. Das hat mich entspannt.
Finden Sie die 65 denn genauso gruselig?
Nach der 60 war und ist mir die Zahl egal. Allerdings finde ich, dass 65 hübscher klingt als 64 und auch optisch besser ausschaut.
Aber dafür ist es ein weiteres Jahr, das Sie älter sind. Wie gehen Sie mit dem Älterwerden um?
Ich habe insofern ein Problem damit, weil sich die verbleibende Zeit verkürzt. Und dass dir andere immer sagen wollen, was altersentsprechend ist. "Dafür bist du zu jung oder zu alt." Diese Kategorisierungen mochte ich noch nie – schon als Kind nicht. Ich trage auch mit über 60 noch lange Haare. Und ich ziehe mich nicht so an, wie es vielleicht für mein Alter passend wäre. Es interessiert mich nicht, was andere darüber denken. Das Alter hat eigentlich gar keine große Bedeutung für mich. Es ist die Außenwelt, die es so bedeutend macht – das ärgert mich. Gerade wir Frauen stehen beim Prozess des Älterwerdens unter Beobachtung, besonders in Zeiten von Social Media. Zu Männern wird gesagt, ihre Falten machen sie interessant. Haben Sie solch eine Aussage schon mal gegenüber einer Frau gehört?
Dann sind Sie kein Fan von sozialen Netzwerken?
Für mich sind diese Plattformen nicht "sozial", deshalb verdient Social Media diese Bezeichnung auch gar nicht. Den Menschen fehlen die persönliche Anbindung und das Vertrauen. Ich glaube, es gab noch nie so viel Einsamkeit wie in dieser aktuellen Zeit. Daran sind für mich auch die sozialen Netzwerke schuld. Deshalb werden Sie mich auch nicht bei Instagram finden. Allerdings bin ich mit meiner Künstleragentur OPAL bei Facebook. Dies aber auch nur, weil ich mir damals habe einreden lassen, dass ich mir unbedingt einen Account erstellen muss. Aber wirklich aktiv bin ich nicht. Ich gucke nicht nach, ob mir jemand schreibt, und mein letzter Post ist schon zwei Jahre alt.
Ihre Agentur besteht mittlerweile seit zehn Jahren. Wie kam es dazu?
Am Anfang dachten viele, dass ich diesen Schritt gegangen bin, weil es "drehmäßig" nicht mehr bei mir lief, aber das stimmte nicht. Es hatte private Gründe. Ich habe mich um meine damals 90-jährige Tante gekümmert. Sie war zwar kein Pflegefall, aber ich war täglich bei ihr und habe für sie gesorgt. Mit allem, was es rund um ihren Alltag zu organisieren gab – fünf Jahre lang. In dieser Zeit konnte ich München nicht mehr reinen Gewissens verlassen für einen Dreh. Da habe ich den Entschluss gefasst, es nicht mehr zu tun und habe die Agentur gegründet.
Sich kümmern, für die Familie da sein. Das scheint für Sie ein wichtiges Thema.
Ja, unbedingt! Mein Vater, übrigens für mich der beste Vater der Welt, war die letzten Jahre seines Lebens ein Pflegefall. Wir haben es als Familie so lange zu Hause versucht, bis es nicht mehr ging. Dann ging die Suche nach einem passenden Heim los. Aber es hat gedauert, bis ich eins gefunden habe, das finanzierbar war. In dieser Zeit habe ich Heime besichtigt, wo man in meinen Augen keinen Menschen unterbringen konnte, so schlimm war es dort. Einfach nur unglaublich! Als wir endlich einen Platz gefunden hatten, ging alles, was ich verdient habe, für die Heimkosten drauf, weil die Rente meines Vaters viel zu niedrig war.
Einen Angehörigen ins Heim geben zu müssen, ist bestimmt keine leichte Entscheidung.
Nein, ist es nicht. Aber mein Vater war zum Glück jemand, der sich bis zum Schluss sein kindhaftes Gemüt erhalten hat. Jeder liebte ihn, und wenn er den Raum betrat, ging die Sonne auf. Er ist der einzige Mensch, den ich kenne, der immer zufrieden war. Aus jeder blöden Situation machte er etwas Gutes. Dadurch, dass eine Zufriedenheit in ihm herrschte, hat er auch im Heim nichts vermisst. Ich habe viel gelernt in dieser Zeit, weil man eine andere Ebene mitbekommt. Den Pflegenotstand gibt es übrigens nicht erst seit Corona. Das war schon so bei meinem Vater. Und so sozial, wie es uns unsere Politiker vormachen wollen, ist Deutschland nicht. Warum sieht man immer mehr alte Menschen, die Flaschen sammeln müssen, weil ihre Rente nicht ausreicht? Warum müssen Kinder zur Tafel gehen, um ein warmes Mittagessen zu erhalten, weil zu Hause das Geld dafür fehlt? Ich finde das alles so absurd.
Sie haben die letzten Lebensjahre Ihrer Tante und Ihres Vaters intensiv begleitet. Denken Sie häufig über den Tod nach?
Der Tod gehört ja zum Leben dazu und ich habe mir schon ganz früh Gedanken um das Sterben gemacht. Ich finde zum Beispiel, dass der Moment des Sterbens vielleicht der intimste Moment des ganzen Lebens ist. Wenn Sie mich heute fragen, ob ich mir wünsche, dass jemand an meinem Bett sitzt, wenn bei mir dieser Moment da ist, kann ich die Frage nicht beantworten. Ich bin mir nicht sicher, ob ich es möchte, dass man mir dabei in mein Gesicht schaut.
Leider ist Ihr Schauspielkollege und guter Freund Helmut Fischer auch schon vor langer Zeit gestorben. Mit ihm hat Sie eine ganz besondere Freundschaft verbunden. Wie ist diese entstanden?
Unsere Freundschaft baute sich über unsere überdimensionale Tierliebe auf. Wir haben sehr oft miteinander telefoniert und anstatt mich zu fragen, wie es mir geht, sagte er: "Gib mir mal dei Katz." Dann holte ich eine meiner Katzen und habe sie so lange gekrault, bis sie in den Telefonhörer schnurrte. "Jetzt bin ich beruhigt", lautete seine Antwort. Wir hatten beide den gleichen Humor und waren auch nie als "Mann und Frau" aneinander interessiert. Noch heute unterhalte ich mich manchmal gedanklich mit ihm und sage: "Helmut, du würdest schreiend davonlaufen, wenn du sehen könntest, wie sich das hier alles entwickelt hat."
Es ist also eine Freundschaft über den Tod hinaus. Welchen Stellenwert hat Freundschaft in Ihrem Leben?
Einen sehr großen! Ich habe fantastische Freunde, die ich nicht missen möchte und sehr liebe. Mein Freundeskreis ist multikulturell, das finde ich wunderschön! Wir würden füreinander bis ans Ende der Welt gehen, aber wir müssen uns nicht täglich sehen, um eine enge Verbindung zueinander zu haben. Ich könnte bestimmt auf vieles verzichten in meinem Leben, aber niemals auf meine Freunde.
Gibt es noch etwas, auf das Sie niemals verzichten könnten?
Ein Leben ohne Bücher, Musik und Tiere kann ich mir nicht vorstellen. Meine Mama war Buchhändlerin und ich bin mit Büchern aufgewachsen. Lesen habe ich schon als Kind geliebt, das hat sich bis heute nicht geändert. Und Musik bringt mich halt sofort in die Stimmung, in der ich sein möchte. Klassik und Blues begleiten mich schon mein ganzes Leben. Aber ich mag auch spanische Volksmusik, Rock'n'Roll und Heavy Metal. Wenn Tiere in meiner Nähe sind, dann geht mein Herz auf. Zu ihnen verbindet mich eine große Liebe.
Haben Sie auch mal Langeweile?
Ich habe mich noch nicht eine Sekunde im Leben gelangweilt und kann es auch nicht nachvollziehen, dass Menschen Langeweile haben können. Selbst wenn ich nur am Fenster sitze und meinen Gedanken freien Lauf lasse, finde ich es spannend genug. Es muss nicht immer was passieren, damit der Tag erfolgreich ist. Heute ist es zum Beispiel ein guter Tag, weil wir beide so ein nettes Telefonat miteinander führen.
Ich würde unser Gespräch gerne mit der Frage abschließen, wie Sie sich selbst beschreiben würden?
Als einen guten Menschen, mit viel Empathie. Ich bin ehrlich, treu und wahnsinnig neugierig aufs Leben. Und ich bin immer auf der Suche nach neuen Erkenntnissen, der Wahrheit und dem Sinn des Lebens.
- Interview mit Olivia Pascal