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David Garrett: "Unsere Beziehung begann unter merkwürdigen Vorzeichen"


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David Garrett über seine Ex
"Unsere Beziehung begann unter merkwürdigen Vorzeichen"

Ein Gastbeitrag von David Garrett

07.03.2022Lesedauer: 6 Min.
David Garrett: Der Stargeiger spricht in seiner Biografie über seine Vergangenheit.Vergrößern des Bildes
David Garrett: Der Stargeiger spricht in seiner Biografie über seine Vergangenheit. (Quelle: Florian Seefried/Getty Images)

David Garrett blickt in seiner Biografie, von der t-online exklusiv vorab Seiten veröffentlicht, in die Vergangenheit. Eine Episode aus dem Liebesleben des Stargeigers hat einen faden Beigeschmack.

Meine Beziehung zu Mascha geht so verrückt los, wie sie endet. Gerade habe ich die bildschöne, lebenslustige und unendlich liebenswerte Mascha in einem New Yorker Nachtclub kennengelernt, da sitzen wir auch schon in meinem WG-Zimmer, dessen Enge diesmal von Vorteil ist. Mein Bruder schläft bereits, und eigentlich ist sie nur "kurz auf einen Absacker" mit hochgekommen, aber wie es bei einer Liebe auf den ersten Blick zu sein pflegt: Mascha bleibt. Anderntags wache ich schwer verliebt auf, und nach einem gemeinsamen Wohngemeinschaftsbrunch schlägt sie einen Stadtbummel vor.

David Garrett hat mit seiner modernen Interpretation von klassischer Musik oder seiner Klassik-Interpretation zeitgenössischer Musik Millionen begeistern können. Seine Alben wurden in Deutschland mehrfach mit Gold und Platin ausgezeichnet. Der Geiger ist seit seinem Durchbruch 2007 zudem ein gern gesehener Gast in Musiksendungen und Talkrunden.

Nun muss ich eine Vorgeschichte einschieben. Eine Woche zuvor hatte ich in São Paulo vor ausverkauftem Haus ein Konzert gegeben, unter anderem mit dem Violinkonzert in D-Dur von Tschaikowski, das ich vor vielen Jahren als Bron-Schüler in Lübeck einstudiert hatte. Hinterher zahlte man mir 10.000 Dollar als Gage aus, zu 100-Dollar-Päckchen gebündelt – für mich eine enorme Summe; nie zuvor war eins meiner Konzert so fürstlich honoriert worden.

Wieder zurück in New York habe ich diese Bündel in eine Schatulle gelegt – bei uns bricht ja keiner ein – und die Schatulle so in einem Regal verstaut, dass sie auf den ersten Blick jedenfalls nicht zu sehen war. Nun landen Mascha und ich am ersten Morgen auf unserem Stadtbummel in der Nähe des kleinen Zoos im Central Park, einer Gegend mit einladenden Klamottengeschäften. Maschas Interesse ist prompt geweckt, wir betreten ein paar Läden, sie entdeckt auch etwas Passendes, und bestens gelaunt, wie ich bin, mache ich ihr das Kleid ihrer Wahl zum Geschenk.

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Jetzt bin ich dran. Wir ziehen weiter, stöbern hier, stöbern da, ich schlüpfe in eine Jeans, probiere eine Jacke an, suche noch ein paar T-Shirts aus und will meine Fundsachen gerade bezahlen, da legt mir Mascha die Hand auf den Arm. "Du hast mich eben eingeladen, jetzt bezahle ich für dich", sagt sie. Na ja, 500 Dollar, nicht gerade wenig, und dass mich eine Frau zu Klamotten einlädt, ist auch noch nicht vorgekommen, aber bitte. Mit leichter Hand blättert sie fünf 100-Dollar-Scheine hin, und ich bin jetzt der Ansicht, der Traumfrau schlechthin begegnet zu sein – wunderschön und obendrein von vorzüglichem Charakter, also definitiv die Liebe meines Lebens. Das kann man nach 24 Stunden vielleicht noch nicht mit letzter Gewissheit sagen, aber meine Euphorie will von kleinlichen Einwänden im Augenblick nichts wissen.

Wir verabschieden uns. Daheim nehme ich mir die Geige und übe etwas, überlege mir unterdessen, das Geld doch zur Bank zu bringen, und öffne die Schatulle. Sie ist fast leer. Von den 10.000 Dollar fehlen 8.000. Mir bleibt das Herz stehen. Doch nicht etwa Mascha? Vorsichtshalber frage ich meinen Bruder – nein, er war’s nicht. "Hast du etwas damit zu tun?", frage ich Mascha anderntags, aber sie streitet energisch ab. Wer dann?

Nun ist mir Geld nicht so wichtig. Ich trenne mich leicht davon und bin überhaupt ziemlich nachlässig in finanziellen Dingen. Mein Verdacht ist daher kein Grund, diese Beziehung zu beenden; Liebe bedeutet mir mehr als Geld. Dann habe ich in Brasilien eben für 2.000 Dollar gespielt – auch kein schlechtes Honorar. Und trotzdem ... Trotzdem sonderbar.

Unsere Beziehung beginnt jedenfalls unter merkwürdigen Vorzeichen. Wohlmeinende Zeitgenossen würden wahrscheinlich sagen: Finger weg, die ist nicht koscher. Mich aber kann nichts irritieren. Es gibt Menschen, in deren Nähe sich deine Energie verändert. Durch die manches, an das du dich bisher strikt gehalten hast, plötzlich sekundär wird. Die dich verzaubern und dann vielleicht aufs Glatteis führen, aber auch das Glatteis findest du grandios. Ich fühle mich jedenfalls zu Mascha hingezogen wie die Blume zur Sonne. Ich genieße mit ihr die Leichtigkeit des Seins und brauche lange, um festzustellen, dass zu viel Sonne einer Blume schadet. Mascha ist Sonnenschein und Glatteis in einer Person.

Mit ihr mache ich Sachen, auf die ich sonst nie käme, zum Beispiel: Mascha arbeitet als Model auf der Fashion Week in Paris. Ich habe in New York zu tun, bin aber in der Zeit ihrer Abwesenheit für ein Konzert in Zürich gebucht. Einen Tag vorher stehe ich im Flughafen am Schalter und überlege es mir im letzten Moment anders – nein, doch kein Ticket nach Zürich. Ich vermisse Mascha dermaßen, dass ich den romantischen Entschluss fasse, schnell in Paris vorbeizuschauen, bevor ich abends in Zürich auftrete. Wie man von Paris nach Zürich kommt, frage ich mich keine Sekunde lang.

Ankunft neun Uhr morgens in Paris. Wenig später ruft mein Management in Gestalt von Ricks Stellvertreter Jamie Corby an: "Wir stehen hier in Zürich am Gate, und du bist nicht da." "Ich bin in Paris. Ich musste meine Freundin sehen." "Aber du weißt, dass du heute Abend hier ein Konzert hast?" Ja. Aber ich bin so verliebt. Mascha könnte mir gestern mein Konto komplett leer geräumt haben, ich stände heute trotzdem mit ihr händchenhaltend unterm Eiffelturm. Um 19 Uhr nehme ich den letztmöglichen Flug nach Zürich und komme mit etwas Glück noch rechtzeitig zum Konzert. Hätte auch schiefgehen können ...

Da schaukelt sich schon etwas auf. Diese Aktion ist für mich untypisch, von mind over matter kann mit Mascha keine Rede mehr sein, in dieser Beziehung steckt eben von Anfang an mehr Herz als Verstand. Mascha hat ihre Fehler, aber wer hat keine? Einmal vermisse ich meine Kreditkarte, und sie ist nirgends zu finden. "Seit zwei Stunden suche ich meine Kreditkarte", sage ich, als Mascha zur Tür hereinkommt. Sie schaut mich verständnislos an, aber aus den Augenwinkeln bekomme ich mit, wie sie eine Kreditkarte unterm Bett verschwinden lässt – "Ey, da unten liegt sie ja!" Aha. Ändert das die Beweislage für den ersten Abend zu ihren Ungunsten? Mein Verdacht erhärtet sich zumindest, aber an meinen Gefühlen ändert sich nichts. Sie braucht mich nur anzulächeln, und alles ist vergessen, schon liegen wir uns wieder in den Armen. Später prüfe ich den Kontoauszug des betreffenden Tags, und was sehe ich? Ein Paar Schuhe, Make-up und weitere nicht ganz preiswerte Kleinigkeiten wurden abgebucht. Trotzdem gehören die zwei Jahre mit ihr zu den schönsten meines Lebens.

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Und dann das Ende.

Mit meinem zweiten Crossover-Album "Encore" hatte sich der Erfolg von Virtuoso nicht bloß wiederholt, der Absatz hatte sich mit einer halben Million verkaufter Platten vielmehr beinahe verdoppelt. Über den Titel waren Peter Schwenkow von der DEAG und ich geteilter Meinung gewesen – Schwenkow fand den Begriff "Encore" vollkommen unverständlich, ich hielt ihm entgegen, dass selbst Eminem ein Album unter diesem Titel herausgebracht hatte, aber wie dem auch sei: Mit ihren "Encore"-Rufen am Ende eines Konzerts verlangen Franzosen nach einer Zugabe, genau die wollte ich meinen Fans nach Virtuoso nicht vorenthalten, und es machte mich überglücklich, dass meine Zugabe noch mehr Liebhaber gefunden hatte als das erste Album.

Jetzt sollte als drittes Album "Rock Symphonies" folgen. Die Aufnahmen waren für den Herbst 2009 vorgesehen, und zwar im Electric Lady Studio in New York. Man kann sich meine Anspannung vorstellen – was geht einem da nicht alles durch den Kopf! Würde sich der Erfolg von "Encore" noch überbieten lassen? Oder war der Höhepunkt bereits erreicht, und die Kurve würde wieder nach unten zeigen? Würde ich Neues zu bieten haben, und würde es auf Gegenliebe stoßen?

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So zwischen Hoffen und Bangen schwankend, war meine Gemütsverfassung einerseits etwas labil, andererseits blendend, denn mir standen zwei Wochen konzentrierten Arbeitens in meinem Lieblingsstudio bevor. Das Electric Lady mit seinen wie im LSD-Rausch bemalten Wänden und seiner verrückten Atmosphäre besitzt eine geheimnisvolle Kraft, die sich wohl nicht zuletzt aus seiner Geschichte erklärt: der Studiogründer Jimi Hendrix, Led Zeppelin, AC/DC, U2, zahllose Legenden haben ihre Duftmarken dort hinterlassen, und einen größeren Ansporn als diese imaginäre Ahnenreihe könnte es für den Geiger mit den langen Haaren gar nicht geben ... Und jetzt kommt Mascha mit ihrer unstillbaren Lebenslust ins Spiel.

Ich hätte Nein sagen sollen. Es ist nun einmal so: Ausgelassener Lebensfreude ist immer ein kräftiger Schuss Bedenkenlosigkeit beigemischt. Mascha verkörperte beides, und ich? Ich wollte alles – nur um hinterher mit einem schweren moralischen Kater aufzuwachen. Wer alles will, verliert alles. Irgendwann muss man wählen zwischen der Leichtigkeit des Seins und dem hart erarbeiteten Erfolg, der ganz unabhängig vom finanziellen Gewinn in der Schönheit deiner Musik besteht. Das dämmerte mir am Morgen danach, und ich entschied mich für die Musik. Mascha war für mich leider die Falsche, auch wenn sie die Richtige gewesen war.

"Wenn ihr wüsstet: Die Autobiografie", in der der Musiker David Garrett gemeinsam mit Leo G. Linder emotional und witzig von seiner Lebensgeschichte erzählt, ist ab dem 8. März erhältlich.

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