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Peter Merseburger ist tot: Ein Pionier des TV-Zeitalters


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Zum Tod von Peter Merseburger
Ein Pionier des Fernsehzeitalters

MeinungEin Nachruf von Gerhard Spörl

Aktualisiert am 17.02.2022Lesedauer: 3 Min.
Peter Merseburger: Der Fernsehjournalist prägte eine Ära.Vergrößern des Bildes
Peter Merseburger: Der Fernsehjournalist prägte eine Ära. (Quelle: Hoffmann/imago-images-bilder)
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Peter Merseburger zog erst Spuren in der deutschen Fernsehgeschichte und schrieb später eindrucksvolle Biografien. Er war ein linker Patriot und findet damit heute Nachahmer wie Robert Habeck.

Er hatte diese dunkle Stimme und diese grüblerische Miene. Er war jeden Zoll ein ernsthafter Mensch in der guten alten Zeit des Fernsehens, als die öffentlich-rechtlichen Sender das Monopol besaßen. Als Peter Merseburger 1965 zum NDR kam, sollte er das Dritte Programm ab 20.15 Uhr, nach dem Heiligen Gral "Tagesschau", den Abend füllen, mit eigenen Ideen und unbehelligt von den Einwürfen seiner Vorgesetzten. Muss man sich mal vorstellen. So viel Freiraum, so viel Eigensinn. Jedem heutigen Fernsehmenschen, eingemauert von Quoten, eisernen Vorgaben und Sparzwang, müssen da die Tränen kommen.

Zerknittert und zerknirscht

Peter Merseburger war ein Intellektueller. Zerknittert wirkte er, zerknirscht von den schlimmen Nachrichten, aus aller Welt heran gespült, die Seinesgleichen einordnen und kommentierten sollten und durften. Dazu war er ein Doppeltalent, denn er kam vom "Spiegel", für den er als Korrespondent aus Brüssel geschrieben hatte, und wurde dann zu einem der markanten Fernsehköpfe, welche die ARD in Serie produzierte. Gründerjahre eben, Aufstiegsjahre des Fernsehens in der liberalen Ära des Landes, die eine von Willy Brandt geführte Bundesregierung wohltuend auslöste.

Mir persönlich war Merseburger zu streng, zu humorlos. Das Politische, wie seine Generation es verstand, war das Schwere, das er den Zuschauern beizubringen versuchte. Immer ein bisschen Volkshochschule, stete Neigung zur Pädagogik. Zweifellos auch verdienstvoll und durchaus erfolgreich, wie das Echo belegte. Merseburger wie auch andere Fernsehgrößen wie Winfried Scharlau oder Gerhard Bott oder auch Claus Hinrich Casdorff zogen tiefe Spuren in der deutschen Fernsehgeschichte.

Stets umstritten

Unumstritten war Merseburger nie. Als er "Panorama" 1967 übernahm, so erinnerte er sich, da hätten etliche Leute öffentlich gegen ihn demonstriert, weil er ihnen allzu konservativ erschien. Darunter wären Stefan Aust und Ulrike Meinhof gewesen. Muss man sich mal vorstellen. Aus Stefan Aust wurde später ein "Panorama"-Redakteur und noch viel später ein "Spiegel"-Chefredakteur. Aus der begabten und beliebten Kolumnistin Ulrike Meinhof wurde später eine RAF-Terroristin, die sich dann das Leben im Gefängnis nahm.

Für mich war "Panorama" damals eine Muss-Sendung. Sie war links, das schon, zum permanenten Ärger der CDU und mehr noch der CSU. Sie hatte Haltung, aber sie war auch um Fairness bemüht. Sie hielt sich von der Gesinnung fern, die heute einige seiner Nachfolger und vor allem Nachfolgerinnen für journalistisch angemessen erachten. Haltung lässt beide Seiten zu ihrem Recht kommen. Gesinnung ist Gefälle – die einen haben Recht und die anderen kommen nur mal so zu Gehör, damit der Rundfunkrat stillhält.

Merseburger war ein begnadeter Biograf

Merseburger hatte ein überaus produktives Leben nach dem Fernsehen. Er schrieb Biografien, zum Beispiel über den Heros seiner Generation, Willy Brandt, auch über den Schmerzensmann der Nachkriegsrepublik, den Adenauer-Gegenspieler Kurt Schumacher. Sauber recherchiert, gut geschrieben, dicke Wälzer, immer eindrucksvoll.

Am besten gefiel mir seine Biografie über Rudolf Augstein, opulent und gerecht. Der "Spiegel"-Gründer erfand in den 1950er-Jahren den Kampagnen-Journalismus in seinen Kampf gegen Konrad Adenauer, der aus seiner Sicht die Wiedervereinigung wegen der Westbindung aufgab, und natürlich gegen Franz Josef Strauß, von dem er nur Übles erwartete. Merseburger beschrieb Augstein mit kritischem Wohlwollen. Kritisch, das war das Zauberwort seiner Generation.

Im späten Augstein spiegelte sich Merseburger, zweifellos. Auch er war 1989 ein Patriot, geboren im Osten Deutschlands, der sich über die Wiedervereinigung freute. Es gab eben damals etwas, was heute vielleicht wieder im Entstehen begriffen ist, einen linken Patriotismus. So gesehen steht zum Beispiel Robert Habeck in seiner Nachfolge.

Es bleibt eben immer etwas, auch über den Tod hinaus, der den Schreiber und Fernsehmenschen Peter Merseburger kurz vor seinem 94. Geburtstag ereilte.

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