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"Was Rosa von Praunheim gemacht hat, war reine Selbstinszenierung"


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30 Jahre nach Zwangsouting
Rosa von Praunheim zu feiern, sehe ich kritisch

MeinungEin Gastbeitrag von Isabel Varell

10.12.2021Lesedauer: 3 Min.
Rosa von Praunheim und Isabel Varell: Die Moderatorin hat für die Aktion des Regisseurs vor 30 Jahren kein Verständnis.Vergrößern des Bildes
Rosa von Praunheim und Isabel Varell: Die Moderatorin hat für die Aktion des Regisseurs vor 30 Jahren kein Verständnis. (Quelle: IMAGO / teutopress / IMAGO / Eventpress)
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30 Jahre ist es her, dass Rosa von Praunheim Prominente live im Fernsehen outete. Ein Befreiungsschlag, sagen die einen; ein Unding, betonen die anderen. So auch Moderatorin und Schauspielerin Isabel Varell in einem Kommentar für t-online.

Es ist immer unfair, wenn ein Mensch etwas über einen anderen ausplaudert, was er weiß oder angeblich weiß. Das ist ein menschliches Fehlverhalten, egal worum es geht. Das ist auch bei einem Zwangsouting so, wie es Rosa von Praunheim am 10. Dezember 1991 bei "Explosiv – der heiße Stuhl" unter anderem mit Alfred Biolek und meinem Freund Hape Kerkeling getan hat. Zu glauben, man würde der homosexuellen Welt, die bis heute teilweise noch diskriminiert wird, mit so etwas helfen, ist eine unglaubliche Anmaßung.

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Was Rosa von Praunheim damals gemacht hat, war in meinen Augen reine Selbstinszenierung. Er hat sich auf den heißen Stuhl gesetzt und sich darauf sehr gefallen. Geholfen hat er damit niemanden. Das haben andere getan. So hat sich beispielsweise die verstorbene Schauspielerin Hannelore Elsner immer wieder stark gemacht, indem sie sich öffentlich zu ihren homosexuellen Freunden bekannt hat. Sie hat etwas bewegt. Noch mehr aber Künstler wie Queen-Sänger Freddie Mercury oder Musiker Jimmy Somerville, die mit ihrem persönlichen, frei entschiedenen Outing zu Helden geworden sind in einer Zeit, in der das noch schwierig war.

Die Lebensform ist Privatsache

Auch heute behalten Menschen in bestimmten Berufen ihre Homosexualität für sich und das ist ihr gutes Recht. Es gibt Berufe, in denen noch nicht so eine hohe Akzeptanz da ist, in denen es den Menschen schaden könnte. Das ist abscheulich und erschreckend, dennoch kann ich die persönliche Entscheidung in vielen Fällen nachvollziehen. Es ist schön, wenn Menschen den Schritt gehen und sich selbst outen, aber es ist genauso zu respektieren, wenn sie es nicht tun wollen. Die Lebensform ist Privatsache und darüber zu schweigen ist manchmal vielleicht der einfachere Weg.

Rosa von Praunheim auf dem "heißen Stuhl"
Am Abend des 10. Dezember 1991 trat Rosa von Praunheim in der TV-Show "Explosiv – Der heiße Stuhl" auf und machte – in Abwesenheit und ohne das Wissen von Hape Kerkeling – vor einem Millionenpublikum öffentlich, dass der TV-Liebling schwul ist. Auch Alfred Biolek outete von Praunheim in der Sendung, kurz nachdem Queen-Star Freddie Mercury an Aids verstorben war.

Glücklicherweise gibt es im Gegensatz dazu auch heute noch viele tolle Menschen, die sich für Akzeptanz, Respekt und Gleichberechtigung der Szene einsetzen und dafür, dass sie gehört wird – die sollte man feiern. Einen Menschen wie Rosa von Praunheim zu feiern, weil er damals ein Zwangsouting gemacht und sich schlicht selbst dargestellt hat, sehe ich kritisch. Dadurch hat er sich, wie man sieht, über 30 Jahre hinweg im Gespräch gehalten. Länger und mehr als Leute, die wirklich etwas im Kampf gegen Diskriminierung erreicht haben.

"Mein Outing von schwulen Prominenten war eine Verzweiflungstat auf dem Höhepunkt der Aids-Krise" lautete damals seine Rechtfertigung nach der Aktion. Doch ich finde nicht, dass Rosa von Praunheim verzweifelt aussah, als er da auf dem heißen Stuhl saß. Ich kann dieses Argument nicht gelten lassen. Ich hatte immer viele homosexuelle Freunde und mich hat es unheimlich getroffen, dass so viele Menschen an der Krankheit gestorben sind, auch in meinem engen Umfeld. Das war völlig schockierend. Aber das ist kein Freibrief, Menschen gegen ihren Willen zu verraten. Wir waren damals alle verzweifelt und seine Aussage hieße ja, dass Menschen, die das nicht getan haben, weniger verzweifelt waren. Das kann ich so nicht stehen lassen.

Ich habe direkt gedacht, wie geht es meinem Freund Hape damit

Den Abend von Rosa von Praunheims TV-Auftritt werde ich jedenfalls nie vergessen. Ich habe die Sendung damals live gesehen und mir ist das Herz stehen geblieben, weil ich direkt gedacht habe, wie geht es meinem Freund Hape jetzt damit. Das war abscheulich.

Rosa von Praunheim hätte Hape vorher anrufen und ihn vorwarnen können, ihm sagen können, dass er so verzweifelt ist und dass es sein Bedürfnis ist, diesen Schritt zu gehen. Dann wäre es okay gewesen, aber das hat er nicht getan. Es gibt sicherlich einen Grund dafür, warum Menschen nicht selbst damit an die Öffentlichkeit gehen. Es ist einfach eine Privatsache. Gerade in der Zeit, als Aids wütete und für uns alle sichtbar war, als wir alle so viele Menschen daran verloren haben, da gab es so viel menschlich tolles Engagement. Da brauchte es eine Aktion wie die von Rosa von Praunheim sicherlich nicht.

Verwendete Quellen
  • Kommentar von Isabel Varell
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