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Franz Hartwig: "Ich will nicht, dass die Zuschauer in mir nur das Böse sehen"


Interview
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Franz Hartwig
"Will nicht, dass die Zuschauer in mir nur das Böse sehen"

  • Steven Sowa
InterviewVon Steven Sowa

14.04.2021Lesedauer: 6 Min.
Franz Hartwig: Der Schauspieler feierte vor gut zwei Jahren seinen Durchbruch – als Mörder in "Der Pass". Vom Image des Bösen will er wegkommen, erzählt er t-online.Vergrößern des Bildes
Franz Hartwig: Der Schauspieler feierte vor gut zwei Jahren seinen Durchbruch – als Mörder in "Der Pass". Vom Image des Bösen will er wegkommen, erzählt er t-online. (Quelle: Florian Liedel)
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Ist er der beste Bösewicht, den Deutschland derzeit zu bieten hat? Franz Hartwig überzeugt in diabolischen Rollen wie kein Zweiter. Aber der Schauspieler möchte das "Schurken-Image" loswerden, erzählt er t-online im Interview.

Es knirscht am anderen Ende der Leitung. Franz Hartwig, der 2019 mit "Der Pass" seinen Durchbruch feierte, ist am Telefon und spaziert nahe des Chiemsees lautstark durch den Wald. Hier entfliehe er der Großstadt, so der Schauspieler. Er wohnt mit seiner Familie in Berlin, doch die Stadt versprühe für ihn derzeit keinen Reiz. Alle Vorzüge der Metropole, allen voran das vielfältige kulturelle Angebot, lägen brach, erzählt der 35-Jährige im Gespräch mit t-online.

Doch um die Corona-Krise geht es in unserem Interview nur am Rande. Hartwig hat eine neue Rolle in der aktuellen Serie "Wild Republic", zu sehen ab dem 15. April bei MagentaTV, ergattert. Und der gebürtige Dresdner ist derzeit einer der spannendsten Charakterdarsteller des Landes. Ob als zwielichtiger Entführer in "Ferdinand von Schirach: Feinde" oder als Jan Marsalek in "Der große Fake – Die Wirecard-Story": Hartwig hinterlässt Eindruck – und glänzt mit intensivem Spiel und starkem Ausdruck.

t-online: Herr Hartwig, Sie waren im letzten Jahr wie kaum ein anderer Schauspieler präsent im deutschen Fernsehen. Woher kommt dieser Karriereschub?

Franz Hartwig: Mir hat mal eine Casterin gesagt: Es gibt bei jedem Schauspieler ein Projekt, welches man als Türöffner begreifen könnte. Man kann so gut sein wie man will, aber wenn man nicht gesehen wird, bringt das nichts. Das Können muss sichtbar gemacht werden. Bei mir war das "Der Pass". Damit hatte ich wahnsinniges Glück. Da hat alles, von vorne bis hinten, gepasst: Dass ich damals besetzt wurde als unbekannter Theaterschauspieler und dass das die Leute dann auch gesehen haben.

Wie ist Ihnen das gelungen?

Das weiß ich gar nicht so genau. Es muss viel zusammenkommen, dass es zu einer solch erfolgreichen Symbiose kommt. Ich hatte irgendwie Glück und bin dankbar dafür.

Auffällig ist, dass Sie oft vor allem die diabolischen Charaktere sehr überzeugend darstellen. Ob in "Der Pass", in "Ferdinand von Schirach: Feinde" oder zuletzt als Jan Marsalek in "Der große Fake – Die Wirecard-Story". Haben Sie manchmal Angst, dass die Zuschauer Sie unsympathisch finden könnten?

Ich hoffe, dass die Zuschauer den Unterschied zwischen Charakter und Privatperson erkennen.

Und warum bekommen Sie vor allem diese Rollen angeboten?

Wenn man einmal als "gut" empfunden wurde in einer Rolle, dann gehen viele Angebote erstmal in diese Richtung. Das liegt, glaube ich, in der Natur der Sache.

Wollen Sie daran etwas ändern? In "Wild Republic" jedenfalls sind Sie diesmal nicht der Bösewicht.

Ich möchte beim Zuschauer nicht den Eindruck erwecken, ich hätte stets "Dreck am Stecken". Das wäre höchst bedauerlich. Von daher waren Rollen wie in "Charité" oder jetzt in "Wild Republic" ein großes Glück und durchaus bewusst gewählt.

Nicht, dass Sie noch der neue Klaus Kinski werden…

Ich bin froh, dass ich nun in einer Serie mitspielen kann, in der ein Mord geschieht, bei dem ich als Täter nicht infrage komme. Ich hoffe natürlich nicht, dass es schon so weit ist, dass einige Zuschauer dann trotzdem sagen: "Moment mal, Franz Hartwig? Der steckt doch da bestimmt dahinter!" (lacht)

Sie scheint das in der Tat sehr zu beschäftigen. Haftet Ihnen das Stigma des Bösen an?

Als Schauspieler treffe ich Entscheidungen nicht immer nur allein. Ich habe gemeinsam mit meiner Agentur überlegt, wie wir aus dieser Rollenspirale herauskommen. Ich will nicht, dass die Zuschauer in mir nur das Böse sehen und es wäre doch fatal, wenn ich schon mit Mitte Dreißig auf einen Rollentyp festgelegt wäre. Dafür ist mir der Job zu wichtig.

Und Sie haben drei Kinder, denen Sie womöglich auch mal etwas zeigen wollen und sagen: "Schaut mal hier, das ist der Papa bei der Arbeit!"

In der Tat ist bei den Rollen der letzten Jahre kaum etwas dabei, was ich meinen Kindern zeigen könnte. Aber ich habe mal eine Rolle in "Bibi Blocksberg" synchronisiert – das konnte ich ihnen zumindest zeigen! (lacht)

Welche Rollen wecken abseits des Schurken-Motivs noch Ihr Interesse?

Eine Komödie würde ich gern mal spielen – Vielschichtigkeit ist mir wichtig.

Sie kommen aus Dresden, sind dort 1986 geboren. Was hatten Sie für eine Kindheit?

Ich bin kurz vor der Wende geboren und hatte eine schöne Kindheit. Natürlich hat man um die Wende herum Positives wie Negatives mitbekommen, plötzliche Arbeitslosigkeit im Familienumfeld und andere Umbrüche, aber ansonsten habe ich großes Glück gehabt.

Ich denke da an das eindrückliche Lied "Grauer Beton" vom deutschen Rapper Trettmann, der eine perspektivlose Wendezeit in der ehemaligen DDR porträtiert. Hatten Sie diesen Eindruck auch manchmal als Jugendlicher?

Nein, überhaupt nicht. Ich bin in einer Platte groß geworden, wie viele meiner Schulfreunde, aber uns ging es allen gut. Wenn ich heute durch vereinzelte Stadtteile in Berlin fahre, habe ich immer das Gefühl: So grau war es bei uns in den Neunzigern nicht.

Ach tatsächlich? Frei nach dem Motto: Früher war alles besser?

Naja, wenn ich heute in mein Dresdner Viertel reise, dann ist dort alles leer: Die Schule gibt es nicht mehr, viele Platten sind auch weg, nur noch vereinzelt sind dort Leute auf der Straße. Das ist gefühlt schon sehr anders als in meiner Kindheit.

Der Osten wird oft in einem Atemzug mit rechten Tendenzen genannt. Pauschalisierungen schmerzen, wenn man aus der Region kommt – aber dann in eine Ecke gestellt wird, in die man gar nicht gehört. Ist Ihnen das Verunglimpfen des Ostens zu eindimensional?

Diese Diskussion ist definitiv viel zu eindimensional. Seit der sogenannten "Flüchtlingskrise" 2015 werden Sachsen und vor allem Dresden durch die Demos von Pegida immer wieder als rechte Hochburgen verunglimpft. Das ist schade und zu kurz gedacht.

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Sie beklagen Eindimensionalität im Hinblick auf die Betrachtung Ihrer Heimat. Bei Ihrer Arbeit als Schauspieler legen Sie Ihre Figuren sehr vielschichtig an. Wie schaffen Sie das?

Niemand von uns ist eindimensional. Menschen haben verschiedene Facetten. Ich versuche immer, egal wie schön und fröhlich die Szene sein mag, auch den Abgrund dahinter zu ergründen, die Ecken und Kanten einer Figur herauszuarbeiten. Ich schreibe deshalb für jede meiner Rollen Biografien.

Warum ist Ihnen das so wichtig?

Über Ecken und Kanten wird es interessant, dadurch entsteht Spannung. Ob ich Menschen umbringe wie in "Der Pass" oder Jugendliche auf den rechten Pfad geleiten will, wie in "Wild Republic", beide Figuren haben ihre Geschichte, ihre jeweiligen Ängste und Hoffnungen, das möchte ich sichtbar machen.

In Ihnen schlummert also auch ein Abgrund, der Ihnen als Anknüpfungspunkt dient, um diese Rollen wirklichkeitsgetreu verkörpern zu können?

Bestimmt, ja. Aber darüber werde ich jetzt nicht sprechen. (lacht) Auf jeden Fall ist es ungut, wenn ich bei meiner Familie bin in der Rollenvorbereitung. Denn dort gibt es keinen Abgrund, dort geht es mir zu gut.

Das heißt: Sie werfen sich voll in Ihre Rollenvorbereitung, schreiben eine Biografie der Figur und arbeiten sehr viel daran. Sind Sie ein Workaholic?

Nein, aber wenn ich eine Rolle annehme, dann beschäftige ich mich sehr viel und intensiv damit. Ich will mich dann voll und ganz fokussieren – und das kostet viel Zeit und Arbeit.

Welchen Ausgleich suchen Sie sich nach der erledigten Arbeit?

Wenn ich meine Arbeit gemacht habe, dann setze ich mich abends gerne an die Playstation und spiele FIFA.

Sie sind Fußballfan?

Total! Deshalb liebe ich Fußball so, ob ich selbst gegen den Ball trete, an der Konsole sitze oder im Stadion meine Mannschaft anfeuere: Man muss nicht mehr denken. Es gibt nur ein Ziel: Tore schießen. Fußball reinigt und hat einen großen kathartischen Effekt.

Wie sehr vermissen Sie den Fußball derzeit?

Was ich wirklich vermisse, ist das Stadionerlebnis. Ich würde gerne mal wieder zum Fußball gehen.

Wohin wird es Sie ziehen, wenn Sie mal wieder ins Stadion gehen können?

Ich hatte eine Phase, da habe ich fast jedes Heimspiel von Union Berlin besucht. Im Januar 2020 war ich das letzte Mal an der Alten Försterei. Wahnsinn, wie lange das inzwischen schon her ist. Aber für die nächste Saison bin ich optimistisch.

Verwendete Quellen
  • Interview mit Franz Hartwig
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