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"Tatort"-Star Karin Hanczewski: "2020 war ein schweres Jahr für mich"


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"Tatort"-Star über Verlust
Karin Hanczewski: "2020 war ein schweres Jahr für mich"


Aktualisiert am 19.11.2020Lesedauer: 4 Min.
Karin Hanczewski: Als Kriminaloberkommissarin Karin Gorniak im Dresdner "Tatort" hat sie sich endgültig in der deutschen TV-Landschaft etabliert.Vergrößern des Bildes
Karin Hanczewski: Als Kriminaloberkommissarin Karin Gorniak im Dresdner "Tatort" hat sie sich endgültig in der deutschen TV-Landschaft etabliert. (Quelle: Jeanne Degraa)

Es ist selten, dass Schauspielerinnen auch private Details aus ihrem Leben preisgeben. Karin Hanczewski war dazu bereit und blickt im Gespräch mit t-online auf ein bewegendes Jahr zurück.

Wir treffen uns Ende Oktober zur Mittagszeit in einer ruhigen Gegend Neuköllns, unweit des Berliner Landwehrkanals. Es ist ein milder Herbsttag, die Bäume bestreuen die Uferpromenade mit ihrem heruntersegelnden Laub in warmen Farben – und Karin Hanczewski nippt seelenruhig an ihrem Kaffee, in einer Ecke der Außenterrasse. Sie fällt nicht weiter auf mit ihrer Strickmütze und der beige umrandeten Brille. Geradezu unscheinbar beobachtet sie die Gegend und hebt die Hand, als sie mich orientierungslos auf der anderen Seite des Cafés stehen sieht.

Die Dresdner "Tatort"-Schauspielerin ist eine vielbeschäftigte Frau. Fast zwei Monate dauert es, bis wir uns für ein Treffen verabreden können. Sie stand für neue Folgen der ARD-Krimireihe vor der Kamera, musste Drehbuchtexte für ihre Rolle als Kriminaloberkommissarin Karin Gorniak auswendig lernen – und zwischen all dem Trubel in diesem Jahr auch mal zur Ruhe kommen. "2020 war ein schweres Jahr für mich", berichtete sie t-online bereits Anfang September in einem Telefonat.

Es ist ein Telefonat, das bemerkenswert offen und persönlich wird und das Anstoß liefert für die Idee, ein persönliches Kennenlernen zu arrangieren. Die in Britz-Buckow, einem wie Hanczewski es beschreibt eher "konservativen und ruhigen" Teil von Rudow, aufgewachsene Schauspielerin hat ihr Handwerk am Europäischen Theaterinstitut in Berlin gelernt. Drei Jahre lässt sie sich dort ausbilden, im Jahr 2005 hat sie einen Abschluss in der Tasche, der "in Qualität und Umfang vergleichbar ist" mit den berühmten staatlichen Schauspielschulen, wie es auf der Website zu lesen ist.

"Ohne sie wäre es unerträglich geworden"

Fast drei Jahre dauert es anschließend, bis Hanczewski den Sprung auf die Leinwand schafft – und als wandelbare Künstlerin Karriere macht. Der neue Lebensabschnitt für sie wird auch privat mit einem Tapetenwechsel eingeleitet: Sie will "multikulturell" leben und zieht nach Kreuzberg. Nun wohnt die heute 38-Jährige seit zwölf Jahren dort, den Großteil der Zeit teilt sie sich die Wohnung mit Freunden und genießt das gemeinsame WG-Leben.

2020 ist damit Schluss. Seit diesem Jahr wohnt die Schauspielerin alleine. Was ihre Einstellung keinesfalls ändert: "Mein Freundeskreis ist eines der größten Geschenke in meinem Leben.", erzählt sie mit ihrer markanten Stimme und den Grübchen um den schmalen Mund. Ihr sei es dieses Jahr schlecht gegangen, "zwei Handvoll Menschen" hätte es gegeben, die ihr dabei zur Seite standen. "In dieser Zeit waren meine Freunde für mich da. Ohne sie wäre es unerträglich geworden."

Ihr Umzug und das Leben im Ausnahmezustand, wie die Menschheit weltweit es seit Corona erlebt, sind nicht die Hauptgründe für ihren Schmerz. Doch die Nebenschauplätze, die, ähnlich wie in einem guten Film, die ohnehin vorhandene Dynamik verstärken, tun ihr Übriges. Karin Hanczewski hat dieses Jahr ihren Vater verloren. Ganz plötzlich sei er an einem Herzinfarkt gestorben, mit nur 59 Jahren.

"Mein Vater war immer sehr stolz auf mich. Er fing an, sich für Filme zu interessieren, als ich Schauspielerin wurde. Er ging ins Kino, wollte meine Meinung zu Filmen hören und mit mir darüber diskutieren. Er fand es spannend, meine Sicht zu hören. Es war schön, jemanden zu haben, der sich da reinfuchst und versucht, meine Welt, die Welt der Schauspielerei zu verstehen – das fand ich sehr berührend."

Karin Hanczewski erinnert sich an einen Satz ihres Vaters, der nun nach seinem Tod eine besondere Bedeutung für sie bekommen hat: "Mein Vater hat mir gesagt, dass das wichtigste ist, Dinge zu tun, die einen glücklich machen." Genau das tut sie. Sie wirft sich weiter in ihre Rollen, geht in der Schauspielerei auf, dreht das ZDF-Fernsehspiel "#Heuldoch" und schreit dort in ihrer Rolle als feministische Einbrecherin Lin den Groll auf Sexismus und toxische Männlichkeit in die Welt. Gerade auch bei Darstellungen wie diesen bekommt ein Satz über ihren Vater eine erlebbare Dimension: "Mein Vater war mir sehr ähnlich. Er hatte eine sehr kraftvolle Art.", so Hanczewski. Kraft- und temperamentvoll, zwischen Tragik und Komik changierend, das ist auch das Spiel der schlanken, 1,69 Meter großen Schauspielerin.

"Wie wichtig es ist, ein soziales Gefüge zu haben"

Ihr polnischer Background, die Familie, die anfangs mit Skepsis und später mit Stolz ihren Werdegang beobachtet, war für Hanczewski neben dem Freundeskreis der Ruhepol im schnelllebigen Filmgeschäft. "Es ist schön, die Liebe und den Rückhalt meiner Familie zu spüren." Der Verlust des Vaters wiegt schwer, doch da sind noch Mutter und Oma, die es gerade auch in Zeiten einer Pandemie zu schützen gilt, wie Hanczewski im Gespräch betont, und die sonntags, wenn ihre Karin im "Tatort" den Verbrechern hinterherjagt, gebannt vor dem Fernseher sitzen.

"Corona hat mir vor Augen geführt, wie wichtig es ist, ein soziales Gefüge zu haben.", formuliert die Mimin, die manchmal durch Auftritte wie als militante Veganerin Kim in der "Tatortreiniger"-Serie zu Unrecht als verbittert oder streng beurteilt wird. Im Gegenteil steckt in der 38-Jährigen eine Tiefgründigkeit und Verletzlichkeit, die sich auch in ihrem Rollenspiel ausdrückt und die sich zeigt, wenn sie aus ihrem Leben erzählt, einen flüchtigen Zug von der Zigarette nimmt – und mit einem Lächeln in die Herbstsonne blinzelt.

Verwendete Quellen
  • Interview mit Karin Hanczewski
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