"Querdenken" rausgeworfen "Alarmstufe Rot"-Demo: Grönemeyer hält flammende Rede
Auf der "Alarmstufe Rot"-Kundgebung in Berlin hat Herbert Grönemeyer eindringliche Worte gewählt: Ein drohender Kollaps der Veranstaltungsbranche öffne "Raum für Verblödung". "Querdenken"-Anhänger fanden ihren Weg nicht auf die Demo.
In Berlin haben am Mittwoch rund 6.500 Kulturschaffende beim Aktionsbündnis "Alarmstufe Rot" demonstriert. Mit der Großdemo soll auf die wirtschaftlichen Nöte aufmerksam gemacht werden, in die die Veranstaltungsbranche durch die Corona-Pandemie gestürzt wurde.
Wie t-online verifizieren konnte, wurden Teile der "Querdenken"-Bewegung von den Organisatoren der Demonstration an der Teilnahme gehindert. Mit Erkennungszeichen wie "Querdenken"-Buttons bekleidet, wurden sie von Ordnern der Eventveranstalter identifiziert und aufgefordert, zu gehen. Ihnen wurde mitgeteilt, "unerwünscht" zu sein – der Aufforderung zur Abkehr sind sie offenbar nachgekommen.
Bei der Abschlusskundgebung vor dem Brandenburger Tor ergriff unter anderem auch Sänger Herbert Grönemeyer das Wort und wandte sich in einem flammenden Appell an die Politik. Ein Mitschnitt der Rede wurde auf dem offiziellen Instagram-Account von "Alarmstufe Rot" veröffentlicht.
In der Branche seien bundesweit rund eine Million Menschen beschäftigt und es werde ein jährlicher Umsatz von 130 Milliarden Euro erzielt, so der 64-Jährige. Damit sei die Veranstaltungsbranche der sechstgrößte Wirtschaftszweig Deutschlands. Allein der Rock'n'Roll-Bereich habe eine Wirtschaftskraft wie der Autobauer Porsche. Der Unternehmenswert sei größer als der, aller deutschen Bundesligen zusammen, zieht Grönemeyer einen Vergleich zum Sport – die deutschen Profiligen starten im September in die neuen Saisons.
Ohne Crews sind Künstler "hilf- und glanzlos"
Die Kulturbranche stehe hingegen vor dem Aus, da seit Beginn der Corona-Krise keine Großveranstaltungen mehr stattfinden könnten. Doch gerade das Publikum sei "das Adrenalin der Künstler". Und vor allem die vielen Menschen hinter den Kulissen seien in schweren Nöten: vom Trucker über den Roadie bis zum Security-Mitarbeiter. Ohne sie seien Künstler "hilf- und glanzlos", so Grönemeyer. Sie alle seien größtenteils alleine als Kleinunternehmer tätig und hätten meist keinen "doppelten Boden".
Deshalb appellierte Grönemeyer mit Nachdruck an die Politik, die versprochene direkte und unbürokratische "Zugehensweise zur Grundsicherung" zu finden. Außerdem forderte der Sänger, wie es schon oft zu hören war, ein monatliches Überbrückungs- oder Kurzarbeitergeld für Solo-Selbstständige. Ebenso wie Subventionen für die Popkultur, die denen ähnlich seien, die zum Beispiel der Hochkultur zukommen würden.
"Wie ein Gehirn ohne geistige Nahrung"
Wenn dies nicht "schleunigst passieren" würde, sei die Gefahr groß, dass die gesamte Branche bald kollabieren würde. "Ein Land ohne Live-Kultur ist wie ein Gehirn ohne geistige Nahrung, ohne Euphorie, Aufbruch, Lust, Diskurs, Lachen und Tanz. Es verdorrt, gibt Raum für Verblödung, für krude und verrohende Theorien, verhärtet und fällt seelenlos auseinander", so der 64-Jährige.
Jede "einzelne Hand" in der Veranstaltungsbranche habe das gleiche Recht auf Grundsicherung wie die Mitarbeiter anderer Unternehmen, die schnell und unkompliziert Hilfe bekommen hätten. Sie seien "die rauschende Seele und der öffentliche Herzschlag dieser Nation". Deutschland stelle seinen "Zauber aufs Spiel und seine Zauberer zur Disposition".
- Instagram: #Alarmstuferot
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