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Steven Gätjen im "Oscar"-Interview: "...und dann tippte mich Angelina Jolie von der Seite an."


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Steven Gätjen im "Oscar"-Interview
"...und dann tippte mich Angelina Jolie von der Seite an."

mth

03.03.2010Lesedauer: 6 Min.
Steven Gätjen berichtet auch in diesem Jahr wieder live von den Oscars.Vergrößern des Bildes
Steven Gätjen berichtet auch in diesem Jahr wieder live von den Oscars.
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Wenn am 7. März im Kodak Theatre in Los Angeles zum 82. Mal die Oscars verliehen werden, dann ist er wieder live dabei: ProSieben-Filmexperte Steven Gätjen. Mit Interviews vom Roten Teppich wird der 37-Jährige dann Glanz und Glamour aus Hollywood direkt in unsere frühmorgendlichen Wohnzimmer übertragen. Im Interview mit t-online.de äußert sich Gätjen über seine Favoriten, die Chancen des deutschen Beitrags "Das weiße Band" und über sein ganz persönliches Oscar-Highlight der vergangenen Jahre.

t-online.de: Du warst ja schon mehrfach bei der Oscar-Verleihung dabei. Ist das für dich nach wie vor etwas Besonderes oder mittlerweile doch eher ein Routine-Job?

Steven Gätjen: Das ist jedes Mal etwas ganz Besonderes für mich. Das ist wie Ostern, Geburtstag und Weihnachten zusammen. Das ist nichts, was man routinemäßig angehen kann, weil jedes Jahr komplett andere Leute herumlaufen. Es ist jedes Jahr eine Überraschung, wer nominiert wird. Es ist jedes Jahr eine Überraschung, wie das Wetter wird. So wie vor zwei Jahren, als es so geregnet hat, dass sie ein Zelt aufgebaut haben. Es ist wie ein Abenteuer. Ich weiß zwar immer, wann die Oscars stattfinden, aber ich weiß nie, was passieren wird. Das ist wie eine Wundertüte.

Was war denn für dich das herausragendste Erlebnis, das Du bei den Oscars bislang hattest?

Für mich war ein ganz besonderer Moment, als ich Angelina Jolie das erste Mal vor dem Mikro und der Kamera hatte. Es gibt ja diese Abgrenzung zum Roten Teppich, auf dem die Stars immer stehen. Und da hält man dann das Mikrofon über eine kleine Hecke. Wir waren damals direkt neben der ABC-Bühne. Und ABC baut immer höher als alle anderen, damit sie auffälliger und für alle sichtbar sind. Und da hatte Angelina Jolie gerade Interviews gegeben und ist dann aber nicht nach vorne weggegangen sondern zur Seite und stand auf einmal direkt neben mir und tippte mich von der Seite an. Und ich habe mich umgedreht und gedacht: Das ist jetzt ja wohl nicht wahr! Und sie war unglaublich nett, klar und direkt.

Das war dann ja ein Paradebeispiel für Stars, die auf dem Roten Teppich richtig sympathisch rüberkommen. Aber es gibt ja bestimmt auch das komplette Gegenteil. An wen wagt man sich denn gar nicht gerne heran?

Sean Penn - für mich ein begnadeter Schauspieler, aber wir hatten noch nie die Möglichkeit mit ihm zu sprechen. Er passt das immer so ab, dass er entweder hinten herum und direkt ins Gebäude hinein geht, oder vorne herum aber so knapp bemessen mit der Zeit, dass er auf keinen Fall mehr stehen bleiben muss. Der hat so eine Ausstrahlung, dass ich immer denke, wenn ich ihm eine falsche Frage stelle, dann springt er über die Absperrung und halbiert mich mal eben kurz.

Wie wird denn dein Arbeitstag am 7. März aussehen?

Morgens treffen wir uns mit der Redaktion und dem Regisseur und frühstücken gemütlich, um ein bisschen das Tempo herauszunehmen. Da gehen wir dann den Tag noch mal durch. Und dann fahren wir meistens mittags schon rüber zum Kodak. Dort müssen wir einen technischen Check machen und dann fängt das Adrenalin an, durch den Körper zu pumpen. Ab 15 Uhr nehmen wir spätestens unsere Plätze ein und versuchen uns dort zu behaupten, wenn das Gerangel losgeht. Nach dem Roten Teppich geht’s dann los mit Telefon-Interviews für das Radio. Anschließend werden wir unser ProSieben-Special aufzeichnen und dann sind wir meistens so gegen 1 Uhr fertig und dann bin ich auch richtig fertig. Wir gehen noch eine Kleinigkeit essen und dann falle ich tot ins Bett.

Die schönen After-Show-Partys lässt Du also aus?

Ich glaube, wenn ich die Möglichkeit hätte, auf die „Vanity Fair“-Party zu gehen, dann würde ich mich natürlich freuen. Aber wenn man erstmal ein halbe Stunde entspannt und herunterkommt, dann übermannt einen diese komplette Erschöpfung.

Wer sind denn für dich die Oscar-Favoriten in den wichtigsten Kategorien?

Bester Schauspieler denke ich wird Jeff Bridges für „Crazy Heart“. Oder, das wäre allerdings eine totale Überraschung, Colin Firth für „A Single Man“. Bester Nebendarsteller, da bin ich mir ganz sicher, wird Christoph Waltz. Der hätte das absolut verdient. Ganz schwierig wird es bei dem Preis für die Beste Hauptdarstellerin. Ich weiß nicht, ob es nicht ein Fluch ist, wenn man schon so häufig nominiert war wie Meryl Streep (für "Julie & Julia": Anm. d. Red.). Was ich geil finden würde, das wäre, wenn Sandra Bullock den Oscar für „Blind Side“ gewinnt. Beste Nebendarstellerin wird wohl Mo’Nique (für „Precious“; Anm. d. Red.). Beim Besten Film setze ich auf „Tödliches Kommando – The Hurt Locker“. Und bei der Besten Regie glaube ich, dass das Jason Reitman (für „Up In The Air“; Anm. d. Red.) oder James Cameron (für „Avatar“; Anm. d. Red.) machen werden.

Hätte es denn James Cameron in deinen Augen verdient, den Oscar für die Beste Regie zu gewinnen?

Er hätte den Oscar definitiv nicht für den Besten Film verdient. Aber man muss mal überlegen, was er da mit „Avatar“ gemacht hat, für den er ein komplett neues Kamerasystem erfunden hat. Er hat in 3D vor Green-Screen gedreht, was vor ihm noch niemand gemacht hat. Ich weiß nicht, ob die ihn komplett leer ausgehen lassen, und ich kann mir gut vorstellen, dass sie ihm den Regie-Oscar geben. Aber es gab ja im Vorfeld die Meinung, „Avatar“ könnte alles platt machen. Ich bin mir sicher, dass das nicht passiert.

Hältst Du den Hype, der um James Camerons „Avatar“ gemacht wird, für gerechtfertigt?

„Avatar“ ist reines Popcorn-Kino. Man verschwindet in einer Welt für knapp drei Stunden und so etwas hat es in dieser Art und Weise einfach noch nicht gegeben. Deswegen kann ich den Hype absolut nachvollziehen. Und ich kann auch verstehen, dass sich Leute den Film häufiger angucken und ihn genießen. Das ist für mich so wie damals, als Georg Lucas mit „Star Wars“ herauskam. Das war ja auch so etwas, was keiner zuvor jemals gesehen hatte. Der Film ist 33 Jahre alt und ich finde ihn immer noch brillant. Und ich glaube, dass „Avatar“ auch ein Film ist, der auf lange Zeit immer noch so bestehen kann, wie er ist.

Wem würde denn Steven Gätjen, wenn er alleine entscheiden dürfte, den Oscar für den Besten Film geben?

Das ist echt schwierig. Aber ich lege mich fest: Ich würde ihn „Inglourious Basterds“ geben. Und zwar aus einem einfachen Grund: Quentin Tarantino ist verrückt aber genial. Der Film ist verrückt, aber auch super. Ich habe einen sehr großen Spaß daran gehabt, mir den anzuschauen. „Inglourious Basterds“ verkörpert etwas, das der Academy gut tun würde – etwas Frisches und Neues.

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Wie siehst Du denn die Chancen für „Das weiße Band“ auf den Oscar als Besten fremdsprachigen Film?

„Das weiße Band“ hat die größten Chancen. Obwohl ich sagen muss, dass der französische Beitrag „Un Prophète“ mittlerweile auch ganz hoch gehandelt wird. Das wird ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen diesen beiden Filmen, wobei „Das weiße Band“ schon etwas weiter vorne liegt. Es wäre ja wirklich interessant, wenn diese Welle weitergehen würde, was den Erfolg von deutsch-österreichischen Produktionen angeht. Ich bin ein wenig ängstlich, ob die Academy da nicht vielleicht sagt: "Nicht schon wieder", oder ob sie sich davon komplett frei machen kann.

Hattest Du eigentlich schon die Gelegenheit gehabt, einmal mit Christoph Waltz zu sprechen?

Ich habe mit ihm gesprochen, als er auf Presse-Tour für „Inglourious Basterds“ war. Er ist jemand, der analysiert jede Fragen bis ins kleinste Detail und stellt dann auch gerne eine Gegenfrage, um die dann selbst zu beantworten und vom Thema abzuschweifen und um dann aber wieder zum Thema zurückzukommen. Es ist schwierig, von ihm eine Antwort zu bekommen, die kurz und knackig ist, und er ist auch kein Freund davon, oberflächliche Antworten zu geben. Er ist jemand, der seinen Beruf, der das, was er macht, wirklich abgöttisch liebt und richtig Spaß daran hat.

Meinst Du nicht, dass das für ihn jetzt ein Kulturschock sein könnte? Die ganze Zeit war er ja in erster Linie in deutschen TV-Produktionen zu sehen und auf einmal klopft Hollywood an…

Er ist jemand, der weiß, was er kann, ohne in irgendeiner Weise arrogant zu sein. Er hat sein Bestes gegeben und bekommt jetzt wohl verdient dafür die Lorbeeren. Und das ist eine Art der Anerkennung, über die er sich sicher sehr freut und die er auch absolut verdient hat.

Abseits von sehr bekannten Streifen wie eben „Avatar“ oder „Inglourious Basterds“ – hast Du unter den vielen der für die Oscars nominierten Filme für unsere User noch den ein oder anderen Geheimtipp?

„Precious“! Und wenn man die Möglichkeit hat, dann am besten im Originalton ansehen. Das ist wirklich so tief in der amerikanischen Gesellschaft drin, das muss man sich angucken. Ich habe im Kino gesessen und teilweise wirklich schwer geatmet, bin zusammengezuckt, das ist ein wirklich absolut beeindruckender Film. Und dann gibt es einen Dokumentarfilm, der auch nominiert ist, den ich einfach großartig finde: Das ist „The Cove“. Das sind meine beiden Tipps, die ich jedem nur ans Herz legen kann.

Steven, vielen Dank für dieses Gespräch und viel Spaß bei der Oscar-Verleihung.

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