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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Matthias Reim "Wovon sollen sie denn leben?"
Matthias Reim ist mit 64 Jahren noch einmal Vater geworden. Im Interview mit t-online spricht der Schlagerstar jetzt über seine Kinder und verrät, warum er ein Familienmensch auf Abstand ist.
Seit fast zehn Jahren ist Matthias Reim mit der Sängerin Christin Stark zusammen. 2020 heiratete das Paar, seit dem 31. März 2022 sind die beiden Eltern einer kleinen Tochter. Wie sieht die Vaterrolle des 64 Jahre alten Schlagerstars aus? Macht ihm die Patchworkfamilie mit seinen sieben Kindern zu schaffen? Im t-online-Interview vermittelt Reim Gelassenheit und meint, er fühle sich "pudelwohl".
Doch auch in seinem Leben läuft nicht immer alles glatt. Matthias Reim gibt im Gespräch Einblicke in den oft komplizierten Familienalltag, spricht über die Herausforderungen des späten Vaterglücks und erklärt, wie er sich für drohende Alterserscheinungen wappnet.
t-online: Die Nachricht von der Geburt Ihrer Tochter hat viele überrascht. Wie erleben Sie Ihre Vaterrolle derzeit?
Matthias Reim: Das ist, wie wenn ein neues Leben anfängt. Wir haben ein wunderschönes Baby bekommen, ich habe eine tolle Frau, und meine anderen Kids sind auch glücklich. Ich habe mit 64 eine tolle Familie, die mich braucht, und in wenigen Tagen gehe ich mit einem neuen Programm auf Konzerttournee. Mehr kann man sich nicht wünschen.
Inwiefern "brauchen"? Ihre Kinder sind doch schon groß.
Ja, aber ich habe singende Kids, die gerade losgelegt haben und dann durch Corona ausgebremst wurden. Und wovon sollen sie denn leben? Wenn sie zum Sozialamt rennen, sagen die, die sollen zu ihrem Vater. Da können sie gleich zu mir kommen.
Ihr Sohn Julian erzählte mir kürzlich in einem Interview, dass Sie sogar mal seine Miete zahlen mussten.
Ist doch logisch, dass ich meinen Kindern helfe, wenn sie es schwer haben. Ich versuche stets, für alle da zu sein.
Sind Sie ein Familienmensch?
Ich bin schon ein Familienmensch ...
Aber?
… aber ich muss nicht ständig mit allen zusammensitzen (lacht). Ich muss trotzdem immer wissen, dass es den Kindern gut geht, und dann mache ich gerne meinen eigenen Kram.
Wie geht es Ihnen in dieser herausfordernden Situation?
Ich fühle mich pudelwohl. Mit Christin bin ich da angekommen, wo ich immer hinwollte. Ich kann mir im Leben nichts mehr vorstellen, was noch kommen könnte. Ich möchte meine Kids auf die Spur bringen, die Kleine aufwachsen sehen und ein entspannter, glücklicher Familienrockmusiker sein (lacht).
Waren Sie sonst nicht entspannt und glücklich?
Doch, aber heute bin ich gelassener. Meine Kleine ist gerade auf die Welt gekommen, und jetzt musste ich auf eine erste Tour mit Florian Silbereisen. Das heißt, im Moment werde ich von Christin immer mit Videos versorgt. Das ist natürlich nicht ideal und stellt mich vor Herausforderungen.
Ist das etwas Gutes?
Für mich schon. Christin wird im Juni mit mir auf die Open-Air-Tour gehen. Ich habe mich gefragt, wie wir das machen sollen, immerhin haben wir ein Baby, und auf Tour ist es nicht immer angenehm. Man reist viel, Backstage herrschen immer andere Umstände und es gibt viel Trubel. Da haben wir entschieden, dass wir ein Wohnmobil kaufen.
Also Modell Stefan Mross.
Sozusagen. Das Wohnmobil können wir Backstage hinstellen. Es hat eine Klimaanlage, einen Kühlschrank, und es ist viel Babynahrung vorrätig. Der Kleinen wird es an nichts fehlen.
Ihre Frau wollte mit auf Tour?
Ja, aber man muss auch sagen, dass Christin Teil der Band ist und einen Solopart hat. Das Gleiche gilt für meinen Sohn Julian. Es kam nicht infrage, dass jemand daheimbleibt oder wir die Kleine allein bei einer Nanny lassen.
Sie sind Vater von sieben Kindern. Wie funktioniert das Prinzip Patchwork im Hause Reim?
Machen wir uns nichts vor, funktionierendes Patchwork ist das Land der Utopie. Meine Familie ist dazu gezwungen, mit den Sachen zu leben, die ich verursachte. All die Trennungen … aber ich finde, wir kriegen das gut hin und halten sehr zusammen.
Sie sprachen die Konzerte bereits an. Sie werden dieses Jahr sogar zwei Tourneen spielen.
Endlich! Man ist nach zwei Jahren Pause wie ein Konzertjunkie. Man lechzt danach, wieder auf der Bühne zu stehen. Es gab natürlich letztes Jahr einzelne Konzertversuche, wo man nur die Augen gesehen hat, weil der Rest der Gesichter hinter einer Maske versteckt war. Das echte Konzertfeeling kam da nicht auf.
Man könnte meinen, Sie hatten jetzt zwei Jahre Zeit, diese Konzerte vorzubereiten. Haben Sie den Lockdown dafür genutzt?
Die Vorbereitungen für die jetzt anstehende Tour haben sogar schon zu Beginn der Corona-Krise begonnen. Durch die Pandemie hatte ich Zeit, und diese wollte ich nutzen. Ich wollte nicht untätig herumsitzen. Ich habe mir alte Aufnahmen von mir angeschaut, um zu gucken, was ich besser machen kann.
Und? Wo haben Sie Verbesserungspotenzial gesehen?
Zum einen habe ich meine Band fast völlig ausgetauscht und viel in Elektronik investiert – unser Proberaum gleicht jetzt einer kleinen Bühne. Außerdem habe ich vieles anders arrangiert. Ich möchte ein musikalisches Ergebnis erzeugen und nicht einfach nur Songs runterspielen. Wir haben insgesamt gut vier Monate am neuen Programm gefeilt.
Abgesehen vom Proberaum – wie bereiten Sie sich auf eine Tour vor?
Seit etwa sieben Jahren mache ich drei- bis viermal die Woche Sport. Meist so 45 bis 60 Minuten in meinem eigenen Fitnessstudio, mit brüllend lauter Musik. Meistens läuft Ozzy Osbourne. Dann ist es wirklich laut, es wackeln die Wände.
Wie sieht das Matthias-Reim-hört-laut-Ozzy-Sportprogramm denn aus?
Erst mal mache ich Cardio und dann Krafttraining, damit alles in Form bleibt und ich diese Anstrengungspeaks, die ich auf der Bühne habe, schaffe. Ich will so lange wie möglich auf Bühnen stehen. Dafür muss ich nun mal fit sein. Wenn man auf dem Sofa hängt und nur Netflix schaut, hält man keine 120 Minuten auf der Bühne durch.
War Ihre Herzmuskelentzündung vor einigen Jahren die Initialzündung, Sport zu machen?
Ja, von der musste ich mich erholen. Es gibt zwei Theorien: Entweder man ruht sich für den Rest seines Lebens aus und geht die Dinge langsam an – das wäre aber ein eher kurzes Dasein – oder man trainiert sich mit Sport ins Leben zurück. Heute gehört Fitness für mich dazu. Wenn ich fertig bin, schwimmen oder duschen gehe und danach noch ins Studio, strotze ich vor Energie. Ich kann es jedem nur empfehlen.
Sie sind 64. Wenn Sie sich heute mit einer jüngeren Version von sich vergleichen, die keinen Sport gemacht hat – wer ist fitter? Sie heute oder der junge Matthias Reim?
Bevor ich so intensiv Sport gemacht habe, war ich nach einem Auftritt fix und fertig. Heute gehe ich von der Bühne und denke, ich könnte jetzt direkt noch mal – das ist wirklich ein Unterschied. Deshalb glaube ich schon, dass ich heute fitter bin. Ich habe auch ein ganz anderes Selbstbewusstsein als damals.
Was hat sich geändert?
Nach 32 Jahren Konzerten habe ich vieles über mich gelernt. Wie man mit Leuten redet, wie ich mich bewegen muss oder das Beste aus meiner Stimme heraushole.
Spüren Sie das Alter trotzdem manchmal?
Ich kann das Altern natürlich nicht verhindern. Wenn ich, so wie heute, 500 Kilometer im Auto gesessen habe, dann merke ich das schon in den Knochen. Ich brauche dann ein, zwei Minuten, um wieder in Gang zu kommen. Dennoch halte ich mich für körperlich und geistig fit.
- Eigenes Interview mit Matthias Reim