Rundumschlag des Rockers "Wollte vertrauen": Westernhagen rechnet mit Schröder und Co. ab
Marius Müller-Westernhagen nimmt in seinem neuen Song "Zeitgeist" die politische und gesellschaftliche Elite aufs Korn. Darunter auch: sein früherer Kumpel Gerhard Schröder.
Harte Gitarrenriffs, Rockatmosphäre und eine 73-jährige Röhre mit unverkennbarem Sound: Marius Müller-Westernhagen kracht nach acht Jahren Funkstille mit "Zeitgeist" zurück in die Gehörgänge – und rechnet mit politischen und gesellschaftlichen Oberflächlichkeiten ab.
"Ich habe gebetet, du hast getötet, mit deiner Worte Macht, wollte vertrauen, auf Gott vertrauen, schrie so laut ich konnte, während du dich sonntest, mit tauber Botoxfresse mich auslachst", heißt es im Refrain des Songs, der politischer kaum sein könnte. Zeilen wie diese lassen aufhorchen. Wem wollte der "Freiheit"-Sänger vertrauen? Gerhard Schröder zum Beispiel, zu dessen "Kultur-Küchenkabinett" er immer gezählt wurde?
Die Freundschaft zwischen Schröder und Westernhagen bekam schon vor einigen Jahren Kratzer. Der Rocker kritisierte den Altkanzler 2018 für seine Nähe zu Putin. "Ich verstehe nicht, warum er so nah an Putin dran ist. Und erst recht nicht, wieso er so wenig Kritisches sagt", sagte er damals der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Die Freundschaft der beiden sei "im Sande verlaufen".
Rechnet der Deutschrocker jetzt also endgültig mit Schröder ab? Das neue Album "Das eine Leben", das am 20. Mai erscheinen wird, schrieb der Sänger nach eigenen Angaben während eines Corona-Lockdowns in Südafrika. Mit seinem Werk wolle er "seine ganz eigenen Erfahrungen in den letzten zwei Jahren" behandeln, aber auch "gesellschaftskritische Themen" unter dem Eindruck der Pandemie. Der Ukraine-Krieg tobt zwar seit mehr als einem Monat, doch in dieser Zeit befand sich "Zeitgeist" schon im Kasten.
Ukraine-Krieg? Westernhagen-Video zeigt Kriegsbilder
Dennoch: Im Video zu "Zeitgeist" wandelt Müller-Westernhagen zwischen dem "heute Hü und morgen Hott" der auf riesigen Screens in einer dunklen, kalten Halle an ihm vorbeiziehenden Videowelten. Von Bling-Bling geht es zu Heidi Klum, Donald Trump ist genauso dabei wie die Kardashians. Kriegsbilder mit Ukraine-Bezug werden in die Szenerie geschnitten. Eine Audiospur spricht vom Kriegsbeginn der Russen am 24. Februar 2022.
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Auf Hitler folgt Putin – und eben Gerhard Schröder. Der SPD-Politiker ist in Großaufnahme zu sehen, dazu schüttelt Westernhagen den Kopf und greift sich fassungslos ins Gesicht. Es folgt die Zeile: "Vielleicht bin ich ein Spinner, vielleicht war ich schon immer der, der zum Werwolf wurde in der Nacht."
Umweltzerstörung ist ebenso Thema wie der Protest dagegen. Auch Corona, Flucht, MeToo-Bewegung, "Black Lives Matter" oder Handysucht werden angerissen. In der aktuellen "Zeit" sagt er dazu: "Ich wollte mich äußern, sagen, wie sich die Gesellschaft aus meiner Sicht verändert und was das mit uns macht."
In seinem Lied singt Müller-Westernhagen dazu: "Wenn du nichts kannst, tu einfach so" und klagt, der Lack sei inzwischen ab, aber jeder hoffe auf ein gutes Ende. Dafür fordert der Sänger aber Einsatz: "Auf die Barrikaden, das kann keinem schaden!", heißt es. Zu Flüchtlingsbooten im Video ist die Zeile "Hinaus, hinaus auf hohe See" zu hören.
Müller-Westernhagen lässt seine Fans zum Schluss des Songs nicht in Trübsal zurück, er verweist auf ein mögliches Happy End: "Wenn wir nicht gestorben, dann leben wir noch morgen. Vielleicht ist das die Wende, zu 'nem guten Ende." Ob sie auch Gerhard Schröder schafft, diese Wende? Aufgerüttelt wurde er nun jedenfalls auch von einem Liedermacher, dem er einst sehr nahestand.