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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Rockstar spricht über Zukunft Ian Anderson von Jethro Tull: "Ich habe noch 15 Jahre"
Fast zwei Jahrzehnte hat Ian Anderson nicht mehr für eine LP von Jethro Tull in die Flöte geblasen. Mit t-online blickt der Rockstar der Siebziger nicht zurück, sondern nach vorne und spricht über das Leben, den Tod und den Freedom Day.
"Locomotive Breath" ist auch 50 Jahre nach seiner Veröffentlichung noch ein Rockklassiker. Dass die Briten von Jethro Tull mit ihrem eigenwilligen Sound zwischen Rock, Prog und Querflöte in den Siebziger- und Achtzigerjahren Millionen Alben verkaufen konnten, war nicht vorherzusehen. In den Neunzigern wurde es ruhiger um Sänger Ian Anderson und seine Band. 2003 veröffentlichte man ein Weihnachtsalbum, was nicht gerade ein Paradebeispiel für das Karriereende im Rock'n'Roll gewesen wäre. 19 Jahre später brachte die Band mit "The Zealot Gene" schließlich ein neues Album heraus.
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Bereits 1968 erschien mit "This Was" das erste Album der Briten. Die großen Erfolge sollten erst drei Jahre später mit dem Klassiker "Aqualung" einsetzen. Der langsame Weg zum Erfolg war für Anderson nicht schlimm, wie er t-online verrät: "Als Teenager habe ich primär Jazz und Blues gehört. Die Musiker waren so alt wie meine Eltern. Als ich selbst einer wurde, habe ich auch so eine Karriere angestrebt. Ich wollte kein schnelles One-Hit-Wonder werden, das nach ein, zwei Hits eine Bar an der Costa del Sol aufmacht."
"Werde in einer nicht allzu fernen Zukunft aufhören müssen"
Das musste Anderson tatsächlich nicht. Auch wenn es in den letzten knapp 20 Jahren ruhig um Jethro Tull wurde und er ohne seine Band auftrat und komponierte. Jetzt arbeite er bereits an neuer Musik, möglicherweise eher ein Jethro-Tull-Album statt einer weiteren Soloplatte. Er sei sich aber bewusst, dass ihm mit seinen 74 Jahren wahrscheinlich nicht mehr allzu viel Zeit bleibe. Auch wenn es ihm aktuell gut geht, wie er betont.
"Ich habe nie darüber nachgedacht, das Leben als Musiker aufzugeben. Aber ich werde in einer nicht allzu fernen Zukunft aufhören müssen", erklärt er nüchtern im Telefonat. "Die Gesundheit – sei es körperlich oder geistig – wird irgendwann nicht mehr die sein, die es für diesen Job braucht."
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"Ich werde in 20 Jahren wohl tot sein", so Andersons wohl realistischer Blick in die eigene Zukunft. "Mein älterer Bruder ist gerade 91 geworden. Sein Leben neigt sich dem Ende zu. Ich weiß das, er weiß das. Ich wäre froh, wenn ich so alt werde wie er. Ich habe bestimmt noch 15 Jahre zu leben. Dann bin ich 90 und werde keine Musik mehr machen können. Wenn mir das mit 80 noch gelingt, kann ich froh sein."
Dass die Kulturbranche durch die Corona-Pandemie eine Zwangspause einlegen musste, sei besonders in seinem Karrierestadium ärgerlich. Anderson: "Die Zeit läuft mir davon. Durch Corona habe ich zwei Jahre verloren. In meinem Alter ist das viel Zeit. Junge Leute werden das nicht verstehen können. Aber ich möchte noch Vollgas geben können, so lange ich kann."
UK-Regierung steckt "in der Scheiße"
Auch in Deutschland hat er bereits einige Konzerte mit Jethro Tull angekündigt. Dass diese im Laufe des Jahres stattfinden werden, ist er sich recht sicher. Dass die Pandemie jedoch neue Gefahren birgt, sei ihm auch bewusst: "Man kann nur hoffen, dass Mr. Omikron keinen fiesen Cousin hat, der aus dem Nichts kommt."
Über die britische Regierung sagt der Engländer, sie "steckt in der Scheiße". Daher habe man sich im UK auch dazu entschieden, den Freedom Day zu feiern, also alle Regulationen und Corona-Regeln fallen zu lassen.
"Optimistisch zu sein, ist gut, aber blind für die aktuelle Situation zu sein, ist es eben nicht. Ich wäre überrascht, wenn unsere Infektionsraten in drei, vier Wochen nicht massiv ansteigen würden. Allerdings werden sich nun auch immer weniger Menschen testen lassen, sodass man das nicht nachvollziehen können wird. Die Leute werden ihr Leben wieder normal leben." Ohne Corona, dafür mit Konzerten, wäre das Leben wohl schöner.
- Eigenes Interview mit Ian Anderson