Slipknot in Berlin Da ging viel schief
Seit fast 25 Jahren treiben Slipknot ihr Unwesen. Nun machte die Band in Berlin Halt. Die Umstände waren allerdings alles andere als ideal.
1999, als das selbst betitelte Debüt von Slipknot erschien, und auch zwei Jahre später, mit dem Album "Iowa", konnte die Metalband mit den Horrormasken noch schocken. Im Verlauf der Karriere fielen diese Masken aber. Die anonymen Musiker zeigten sich, der Spuk verflog ein wenig. Gleichzeitig wurde die Band melodischer und die Hallen immer größer. Mittlerweile macht man es nicht mehr unter Arenen. Und auch die Mercedes-Benz-Arena in Berlin war am Mittwochabend ausverkauft.
Doch es sind turbulente Zeiten im Hause Slipknot. Percussionist Shawn Crahan (der Clown) musste zu seiner kranken Frau in die USA reisen, wird die Tour nicht beenden können. Sampler Craig Jones hat die Gruppe vor der Konzertreise verlassen, wurde durch ein (noch) anonymes Mitglied mit neuer Maske ersetzt. Obendrein war Sänger Corey Taylor gesundheitlich angeschlagen. Doch dazu später mehr.
Sleep Token: Die Headliner der Zukunft?
Denn auch über die Vorgruppe Sleep Token muss gesprochen werden. Aktuell ist die ebenfalls maskierte und noch komplett anonyme Band, eines der heißesten Eisen. Während ihr Auftreten mystisch anmutet, ist der Sound der ideale Mix diverser Spotify-Playlists. Mal elektronisch, mal R'n'B-lastig, mal brachial, meist eingängig. Hier wird auf Platte viel zusammengerührt. Auch live ein schönes Erlebnis.
Drei Backgroundsänger in Roben, die sich während des 45-minütigen Sets keinen Millimeter bewegten, unterstützten die vier Masken-Mucker, die gerade ihr drittes Album "Take Me Back to Eden" veröffentlicht haben. Frontmann Vessel tanzte schamanisch über die Bühne und zog alle Blicke auf sich. Die Liveshow der Briten war perfekt konzipiert. Dass die Band in diesem Herbst selbst in Hallen vor bis zu 5.000 Menschen spielen wird, ist kein Wunder. Zum nächsten Album könnten Sleep Token bereits die Headliner sein. Oder der Hype kracht kolossal zusammen.
Wie man das Beste herausholt
Obwohl die jungen Anheizer eine grandiose Show hinlegten, konnten Slipknot beweisen, dass sie noch immer überraschen können: Während einer bunten Playlist aus 80s Pop, Alice Cooper. David Bowie oder Duran Duran in der Umbaupause, brach ein Song mittendrin ab. Boom – ein lauter Knall aus Bühnenrichtung und die Lichter gingen aus. Mit diesem abrupten Start hatte wohl niemand gerechnet, viele Fans zuckten zusammen.
Nach einem Intro bestieg die derzeit nur achtköpfige Gruppe die Bühne und legte mit "The Blister Exists" los. Den Song hatten sie schon lange nicht auf der Setlist. Und auch sonst zog man den einen oder anderen "Deep Cut", also eher seltene Perlen für Kenner, hervor. "Purity" etwa, der einst nur ein Bonustrack war, oder die Ballade "Snuff". Doch gerade bei der brauchte Frontmann Corey Taylor Verstärkung.
Denn die Rockröhre war kränklich. Seit zwei Wochen habe er Hals- und Stimmprobleme. In der Tat wirkte er zwischen den Songs schlapp, trank erstaunlich viel Wasser. Dennoch: Dass sein Gesang darunter litt, merkte man nur in den hohen Tonlagen dieser Ballade. Den Rest des gut 80 Minuten langen Sets brüllte und sang er wie immer.
Man merkte: Die Vorzeichen waren nicht ideal, aber als nach den beiden Zugaben "Duality" und "Spit It Out" Schluss war, war wohl jedem klar, warum diese Band nach 25 Jahren noch zu den Schwergewichten der Szene gehört.
- Eigene Beobachtungen