Pop Überflieger mit Psychokrise: Tom Odells "Monsters"
Berlin (dpa) - Bisher lief alles fast schon zu glatt für den englischen Piano-Mann Tom Odell.
Ein Debütalbum, das ihn mit Anfang Zwanzig auf Platz eins der Charts katapultierte, ein fast 400 Millionen Mal gestreamter Welthit mit "Another Love", weitere Top-5-Platten in Großbritannien und auch anderswo in Europa, diverse Auszeichnungen - der Singer-Songwriter war längst eine feste Pop-Größe.
Doch dann ging etwas schief, und das kann man auf dem zerknirschten Cover-Foto seines vierten Albums "Monsters" nun sehen und in manchen aktuellen Songs auch hören. 2018/19 - also kurz vor der Schwelle zu den eigenen Dreißigern - sei es "über weite Strecken nicht gut um seine mentale Gesundheit bestellt" gewesen, so erklärt sein Label Odells oft kargen, auch mal sperrig-experimentellen neuen Sound.
Schon die erste Single im Frühjahr ließ Fans mit etwas Sorge zurück. "Ich hatte das Gefühl festzustecken, als wäre ich im Begriff, den Sinn für Leichtigkeit zu verlieren", sagt Odell über die textliche Ebene von "Numb". Der Songwriter habe sich aber "aus dem Tief herausgeschrieben", seine Angstzustände überwunden, heißt es nun.
Dabei herausgekommen sei "mein zeitgemäßestes, politischstes, aber auch persönlichstes Werk", so Odell. Dass der Ex-Sonnyboy inzwischen auch sarkastisch texten kann, zeigt "Money": Da singt er "If You wanna be happy, You gotta make more money" - also vom Geld als vermeintlichen Glücklichmacher. Der Musiker hat aber auch nach wie vor emotionale Klavierballaden drauf - das beweist er auf dem mit 16 Stücken überlangen Album im Beatles-nahen "Tears That Never Dry".
Odell will auch weiterhin - trotz mancher Irritationen durch das im Londoner Lockdown aufgenommene "Monsters" - zugängliche Lieder liefern. Denn: "Popmusik ist alles andere als stumpf und billig", sagt er im Interview des Magazins "jetzt". Und fügt hinzu: "Ich würde so gerne einen Song für Justin Bieber schreiben."
Es gehe ihm wieder besser, weil er seine musikalische Neugier wiederentdeckt habe, bestätigt der vielseitige Brite, der neben Bieber, Billie Eilish oder Arlo Parks auch den Klassik-Komponisten Arvo Pärt mag.