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CD-Kritik: Laibach "Spectre"


CD-Kritik "Spectre"
Laibach: Das Gespenst spricht endlich Klartext

t-online, Lars Schmidt

24.02.2014Lesedauer: 3 Min.
Provokation ist Programm: Laibach.Vergrößern des Bildes
Provokation ist Programm: Laibach. (Quelle: Maya Nightingale)
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Ein Gespenst geistert durch die europäische Musikgeschichte. Und das schon seit 1980. Doch mit ihrem neuesten Werk dürfte die slowenische Ausnahmeband Laibach erst Recht zum Schreckgespenst vieler werden. Denn auf "Spectre" sprechen die Meister der Doppeldeutigkeiten und der kalkulierten Provokationen in ihren Texten erstmals Klartext. Und das so schonungslos, dass sie damit genauso polarisieren werden, wie früher mit ihren Verklausulierungen und irritierenden Anspielungen.

Will man dem Schaffen Laibachs gerecht werden, muss man mehr als nur deren Musik betrachten. Stets war es das provokante Spiel mit totalitären Ideologien und eine extrem überzeichnete Symbolik, mit der das Künstlerkollektiv rund um die Band für Missverständnisse sorgte. Das zeigt sich allein im Bandnamen, der für die deutsche Bezeichnung der slowenischen Hauptstadt Ljubljana steht. Erst beim genauen Hinsehen wird klar: mit ihrem martialischen Auftreten und markigen Parolen halten Laibach der Gesellschaft den Spiegel vor. So wie im Jugoslawien der achtziger Jahre, als sie einen staatlichen Plakatwettbewerb gewannen und sich dann herausstellte, dass die Künstler nur ein Nazi-Plakat verfremdet hatten.

Viele der Reibungspunkte, die die Kunst Laibachs zu Zeiten des Kommunismus' in Osteuropa befeuerten, sind seit dessen Zusammenbruch zwar weggefallen, doch fanden die Musiker in den Themen Balkankrieg oder Religion neuen Input. Daneben widmeten sie sich Theaterprojekten, adaptierten Klassik von Bach und Wagner.

Zuletzt interpretierten sie die Nationalhymnen verschiedener Staaten neu. Nach einer Werkschau namens "An Introduction to… Laibach" folgt nun also das erste Album einer neuen Ära, wie die Band es selbst nennt. Und auf dem überraschen die Sound-Extremisten von einst mit vielen ruhigen Tönen.

Elektronisch und elektrisierend

"Spectre" ist ein elektronisches und elektrisierendes Album zugleich. Es gibt eine krachende Dancefloor-Nummer ("Eat Liver!"), die an die Electronic-Body-Music der Achtziger erinnert sowie Reminiszenzen an Kraftwerk ("Resistance Is Futile"). Dazu kommen die für Laibach typischen experimentellen Sequenzen und eben viele geradezu poppige Elemente und Melodien. Besonders der Opener ("The Whistleblowers") mit seiner eingängigen und gepfiffenen Marschmelodie wird viele verblüffen und verführen.

Doch mit ihren süßen Harmonien entpuppen sich Laibach einmal mehr als der Wolf im Schafspelz, der sie schon immer waren. Denn inhaltlich geht es um alles andere als um liebliche Dinge: Die Lieder handeln von Abhörskandalen, der Kluft zwischen arm und reich, dem Zerfall Europas. Die Band fasst all das in einem prägnanten Satz zusammen: "In der Vergangenheit begannen in krisengeprägten Zeiten wie diesen normalerweise folgenreiche Kriege und das könnte leicht wieder passieren."

Scharfzüngig und direkt

Eine provokante These. Aber Laibach wären nicht sie selbst, würden sie nicht für Statements wie dieses stehen. Mag ihr neues Album musikalisch so leicht konsumierbar sein wie kein anderes zuvor. Von ihrer Scharfzüngigkeit haben sie nichts verloren.

Laibach machen damit klar: Auch 30 Jahre nach Bandgründung sind sie für Überraschungen gut. Und auch mit "Spectre" - ihrem elften Studioalbum - dürften die schon immer kontrovers diskutierten Künstler für weiteren Diskussionsstoff sorgen. Nur - war es bislang der große Interpretationsspielraum ihrer Texte, ist es diesmal ihre Direktheit. Aber gerade das macht Laibach zu einer der wichtigsten Bands Europas. Die gespenstischste ist sie ohnehin.

Tourneedaten Laibach

07.03. Weinheim, Café Central, 15.03. Schorndorf, Manufaktur, 16.03. München, Technikum, 04.04. Frankfurt am Main, Mousonturm, 05.04. Dresden, Reithalle, 07.04. Berlin, Volksbühne, 08.04. Hamburg, Uebel&Gefährlich

Das Album "Spectre" erscheint am 28. Februar

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