Er wurde 88 Jahre alt Schriftsteller Tom Wolfe ist tot
Der US-Schriftsteller und Journalist Tom Wolfe ist tot. Er starb am Montag im Alter von 88 Jahren im Krankenhaus, wie seine Agentin der dpa bestätigte.
Wie die "New York Times" berichtet, starb Tom Wolfe in einem Krankenhaus in Manhattan. Er galt als einer der Mitbegründer des New Journalism. Wolfe schuf neben Truman Capote, Norman Mailer, Hunter S. Thompson und Gay Talese einen Reportagestil, der sich durch literarische Elemente auszeichnet. 1987 erschien sein erster Roman. "Fegefeuer der Eitelkeiten" wurde prompt zum Bestseller und Wolfe erlangte Weltruhm.
Streitlustig wie eh und je
Über die Jahre hinweg gelang es Tom Wolfe, zu einem prägenden Autor der Gegenwartsliteratur zu werden. Die amerikanische Gesellschaft betrachtete er stets kritisch und hielt ihr in seinen Werken immer wieder den Spiegel vor. In den letzten Jahren zog er sich jedoch zunehmend aus der Öffentlichkeit zurück. Wenn er sich zwischendurch einmal zurückmeldete, dann streitlustig wie eh und je. 2016 griff er in "Das Königreich der Sprache" etwa Charles Darwins Evolutionstheorie und den Literaturwissenschaftler Noam Chomsky an. 2012 legte er sich in "Back to Blood" mit den Eliten der Sonnen-Metropole Miami an.
Wolfe hat schon immer polarisiert. Millionenfach verkaufte und erfolgreich verfilmte Bücher sowie treue Fans auf der einen Seite, scharfe Kritik des literarischen Establishments auf der anderen. "Massenunterhaltung" sahen Größen der amerikanischen Literatur wie Norman Mailer und John Updike in seinen Werken, John Irving lästerte über die "Geschwätzigkeit" seines Kollegen und erklärte sich unfähig, Wolfes ersten Roman zu Ende zu lesen.
"Amerikas größter Satz-für-Satz-Angeber"
Auch Literaturkritiker zeigten sich gespalten. An seinem Status als "erster Pop-Journalist" ("Guardian") und zumindest Miterfinder des New Journalism, der literarisches und nichtfiktionales mischt, wurde nicht gerüttelt. Wolfe galt als Gesellschafts- und Zeitdiagnostiker, der für jedes Jahrzehnt das passende literarische Sittengemälde lieferte. Aber der Autor galt auch als eitler Selbstdarsteller, als "Amerikas größter Satz-für-Satz-Angeber" ("Guardian"), der genüsslich die Schwächen anderer Menschen beschrieb. Wolfe leugnete das nie.
Geboren wurde Wolfe in Richmond im US-Virginia in eine reiche Professoren- und Plantagenbesitzer-Familie. Seine Mutter führte ihn in die Künste ein, ließ den kleinen Tom in Ballett- und Stepptanz ausbilden, zeichnete und las viel mit ihm. Kaum neun, soll der Junge versucht haben, eine Biografie über Napoleon sowie einen illustrierten Band über Mozarts Leben zu schreiben. Er studierte an der Elite-Universität Yale und bewarb sich dann als Journalist.
Als Zeitungsjournalist startete er durch
"Ich habe mehr als hundert Bewerbungen an Zeitungen geschrieben", erzählte er einst der "Paris Review". "Drei Antworten habe ich bekommen. Zwei Absagen." Die "Springfield Union" in Massachusetts stellte ihn an. Über einige andere Zeitungsjobs landete Wolfe schließlich in New York und bei der Belletristik. "Acht Monate lang saß ich jeden Tag an meiner Schreibmaschine und wollte das 'Fegefeuer der Eitelkeiten' anfangen und nichts passierte. Mir wurde klar, dass ich es nur schaffen kann, wenn ich mir eine Abgabefrist setze."
Das Werk erschien Mitte der 80er Jahre zunächst als Fortsetzungsroman in der Zeitschrift "Rolling Stone" und wurde dann als Roman ein Welterfolg und mit Tom Hanks, Melanie Griffith und Bruce Willis verfilmt. Später folgten Erfolge wie "Ein ganzer Kerl" und "Ich bin Charlotte Simmons" sowie zahlreiche Reportagen und Essays. Und dennoch: Die Selbstzweifel seien geblieben, sagte der zweifache Vater Wolfe, der mit seiner Frau im 14. Stock eines eleganten Appartementhauses direkt am Central Park wohnte.
"Der größte Spaß am Schreiben ist das Entdecken"
"Man geht jeden Abend ins Bett und denkt, dass man die brillantesten Seiten aller Zeiten geschrieben hat, und am nächsten Tag merkst du, dass es nur Gefasel ist. Manchmal auch erst sechs Monate später. Das ist eine konstante Gefahr." Trotzdem sei ihm die Lust an seinem Job nie vergangen, sagte er einmal in einem Interview. "Der größte Spaß am Schreiben ist das Entdecken."
- dpa