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Benno Fürmann: "Ich finde es schön, wenn Menschen in Würde altern"


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Benno Fürmann
"Ich kenne meine Wirkung auf das andere Geschlecht"


Aktualisiert am 10.10.2018Lesedauer: 7 Min.
Benno Fürmann: Der Schauspieler kam zu Besuch in die t-online.de-Redaktion.Vergrößern des Bildes
Benno Fürmann: Der Schauspieler kam zu Besuch in die t-online.de-Redaktion. (Quelle: Photo XC Hardt Future Image/imago-images-bilder)

Je erfolgreicher die Stars werden, desto mehr heben sie ab? Das trifft nicht auf Benno Fürmann zu. Der Schauspieler besuchte die t-online.de-Redaktion, sprach mit uns über seinen neuen Film, das Altern und seine Wirkung auf Frauen.

Klingeling! "Sind wir verabredet?", ruft jemand von der anderen Straßenseite herüber. Es ist Benno Fürmann, der da mit seinem Drahtesel angeradelt kommt. Mit gut sitzender Frisur und bester Laune stellt sich der Schauspieler vor und ist bereit für einen Besuch in der t-online.de-Redaktion.

Benno Fürmann ist ein Mensch, der sich seiner Wirkung und seines Erfolges bewusst ist, sich aber dennoch bescheiden gibt. Seine Sätze sind meist lang und wohlüberlegt. Privates lässt sich der 46-Jährige nicht gern entlocken. Muss er auch nicht, viel spannender ist schließlich sein neuer Film, den er im Gepäck hat. "Intrigo – Tod eines Autors" ist die Verfilmung eines Romans von Håkan Nesser.

t-online.de: Herr Fürmann, in Ihrem aktuellen Film spielen Sie einen gehörnten Ehemann, der die Bremsen seiner Frau manipuliert, um sie in den Tod zu schicken. Inwiefern können Sie das Verhalten ihrer Rolle nachempfinden?

Benno Fürmann: Ich kann den gekränkten Stolz und die Empörung darüber nachempfinden. Ihm wird nicht mal der Respekt erwiesen, die Würde zu wahren. Die Gekränktheit darüber kann ich natürlich nachvollziehen. Aber den Umgang damit finde ich feige. Er ist nicht mal aktiv gewalttätig. Nicht dass ich dazu aufrufen will, aber ich finde es noch feiger, im Verborgenen zu manipulieren, als sich konfrontativ emotional anzubieten. Ich bin nicht dieser Mann, aber ich verstehe natürlich die Wunde, die er geschlagen bekommen hat und die Hilflosigkeit des Umgangs damit. Es ist vielleicht eine männliche Reaktion, dass er sagt, wenn ich dich nicht haben kann, dann soll dich keiner haben. Wir tun alle Dinge, die wir später bereuen.

Sie sagten im Vorgespräch, der Film sei ein Herzensprojekt für Sie, warum?

Es ist ein Film, der ganz still daher kommt. Die Spannung steigert sich langsam. Dann finde ich die Metaebene interessant, weil der Film davon erzählt, dass alles, was wir tun, Spuren in der Welt hinterlässt. Taten aus der Vergangenheit, das Karma, wie man so schön sagt, können einen einholen, müssen es aber nicht.

Glauben Sie, ein einzelner Mensch kann die Welt nachhaltig beeinflussen?

Natürlich. Es ist nicht zu unterschätzen, was wir mit unseren Worten und Taten in die Welt bringen. Sie ist eine große Leinwand, die wir alle beschreiben.

Welche Szene war am schwierigsten zu spielen?

In einer Szene will ich mir einen Bleistift ins Auge hauen, während ich weine. Das war physisch die größte Herausforderung. Es ist ganz nah gefilmt mit der Kamera und ist emotional anstrengend gewesen. Es ist kein amerikanischer Film, der Regisseur ist Schwede. Der Film springt dich nicht an, es köchelt die ganze Zeit, das heißt, alles muss da sein, aber wenig wird gezeigt und das braucht Konzentration.

Apropos weinen, wie leicht oder schwer fällt Ihnen das vor der Kamera?

Es gibt Kollegen, die weinen auf Knopfdruck, aber man muss dabei ja auch Gefühle übertragen und den Menschen berühren. Wo ich meine Tränen herhole, will ich gar nicht erzählen. Ob das jetzt der Gedanke an das tote Kaninchen oder aber die Vorstellung ist, der Tochter könnte etwas passieren, das ist bei jedem unterschiedlich. Zwiebeln gibt es am Set jedenfalls nicht. Es gibt moderne Formen, zum Beispiel spezielle Tropfen, die ganze Tränen erzeugen können. Aber wenn du ansonsten emotional total trocken bist, dann fehlt schon etwas.

Sir Ben Kingsley spielt auch im Film mit, haben Sie sich gut mit ihm verstanden?

Wir haben beide unsere Arbeit getan. Zusammen mit dem Regisseur haben wir, an den Orten, wo der Film spielt, Szenen erprobt, haben uns zurückgezogen in unsere Garderoben und haben dann gedreht. Ich bin Ben Kingsley eigentlich fast exklusiv vor der Kamera begegnet. Zwischendurch haben wir ganz wenig Smalltalk gemacht und haben uns beide glaube ich gerne bedeckt gehalten, weil das der Film ist. Weil die einander argwöhnisch interessiert betrachten und jeder von denen hat eine andere Agenda im Hintergrund laufen. Das vereinfacht sich nicht, wenn du am Abend vorher zusammen ein Bier miteinander trinken warst. Manchmal ist das toll, würden Sie jetzt meine Frau spielen, würde ich gerne mit Ihnen Abendessen gehen, weil wir dann eine Grundvertrautheit entwickeln würden, die dem Film zuträglich wäre.

Das klingt spannend. Die Gesinnung der Rolle überträgt sich also auch auf das Verhalten nach Feierabend.

Bei mir schon. Ich habe Kollegen, die können das. Die schnattern, gehen dann vor die Kamera und haben dann auf einmal eine Tiefe. Ich kann das nicht. Ich kann nicht so schnell umschalten.

Sie haben zuvor in der Erfolgsserie "Babylon Berlin" mitgewirkt, was schauen Sie privat? Serie oder Film?

Beides, man muss den Film gerade pflegen, weil wir alle begeistert Serie gucken. Ich war irgendwann voll von Serien. Bei mir war es dann so mit der letzten Staffel von "Breaking Bad", dass ich gesagt habe, Ich will jetzt wieder lesen. Das ist mir einfach zu viel. Dadurch, dass alles immer verfügbar ist, hast du ein ganz anderes Zeitmanagement. Die Cliffhanger sind natürlich alle gut gebaut und da bleibst du einfach dran. Dann ist es schon halb zwölf, aber man denkt sich, eine Folge geht noch. Das ist schon sehr sehr verleitend. Ich habe mal eine Playstation bekommen, die habe ich dann aber relativ schnell weggegeben, genau aus diesem Grund. Jetzt lese ich wieder wesentlich mehr.

Was lesen Sie zurzeit?

Meine Lieblingsbücher waren in letzter Zeit von Richard Ford "Kanada" und "Eine Geschichte der Welt in 100 Objekten" von Neil MacGregor.

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Und aus beruflicher Sicht, was bringt Ihnen mehr? Filme oder Serien?

Zum Arbeiten kann man das auch nicht vergleichen. Bei einem Spielfilm kannst du viele Drehtage haben, viele Drehtage heißt, du musst dementsprechend das finanzielle Korsett haben, das es dir erlaubt, den Rahmen großzügig zu nutzen. Zeit ist Geld.

Was heißt das genau?

Arbeiter kosten Geld und jeder Drehtag kostet im Schnitt 40.000 bis 50.000 Euro, mit riesigen Unterschieden natürlich. Bei einer Serie ist es nicht anders. Außer dass du bei einer Serie nicht so viel Zeit hast. Du wirst für eine Folge nie einen Monat bekommen, sondern eher wahrscheinlich zehn, elf, zwölf Tage. Die Frequenz ist bei einer Serie nicht geringer dessen, was an einem Tagespensum abzuarbeiten ist.

Gibt es eigentlich Filme, die sie heute bereuen?

(lacht) Ja! Aber ich nenne da nicht so gerne Namen.

Erleben Sie eigentlich oft, dass Sie eine anziehende Wirkung auf Frauen haben?

Ja, ich wäre weltfremd, wenn ich jetzt behaupten würde, dass ich mich den Großteil meines Lebens als hässliches Entlein gefühlt habe. Manchmal fühle ich mich natürlich trotzdem so. Aber klar bekommst du das gespiegelt. Ganz besonders, wenn du in der Öffentlichkeit stehst. Man merkt das auch an ganz objektiven Zuschriften und Kontaktaufnahmen und so weiter. Es ist unangenehm und blöd darüber zu reden: "Wissen Sie, dass Sie erfolgreich sind, wissen Sie, dass Sie verehrt werden?" Ja, ich weiß das. Was soll ich dazu sagen. Ich finde es schön, dass sich Menschen freuen, wenn ich komme.

Ist 46 ein schönes Alter?

Bis jetzt ja, ich bin gespannt, was da noch kommt. Ich habe eigentlich so mit dem Altern bisher ganz gute Erfahrungen gemacht. Die Sachen werden alle ein bisschen ruhiger. Es gibt auch so ein paar Begleitumstände, die nicht unbedingt sein müssen. Ich habe letztens so einen lustigen Satz gehört, als wir den Film gedreht haben. Da war auch die weibliche türkische Basketballmannschaft und eine Sportlerin hat mich gefragt: "Wie alt bist du denn?" Ich wollte wissen: "Wieso fragst du denn?" Und sie sagte: "Du trainierst so hart." Da denke ich mir, warte mal. Sehe ich jetzt schon so aus, wie ein Typ, der nicht mehr hart trainieren kann? Das zum Thema Eitelkeit und verehrt werden. Das sind so Situationen, die einem peu à peu begegnen, mit denen man umgehen muss und die einem auch nicht immer Spaß machen. Das ist auch nur ein kleiner Auszug aus einer viel größeren Leidensgeschichte (lacht).

So schlimm wird es schon nicht sein. Sie haben auch kaum Falten, woran liegt das?

Ich glaube, das ist genetisch, aber ich gucke schon auch in ein anderes Gesicht, als wenn ich mich vor zwanzig Jahren betrachtet habe. Aber das soll auch so sein. Das gilt auch für den Körper. Wenn ich jetzt richtig viel trainieren und drei Kilo verlieren würde und einen richtig harten Bauch hätte, das sieht dann für einen Mann in meinem Alter unheimlich bemüht aus. Gleiches gilt auch für das Gesicht. Das hat irgendwas Unechtes. Ich finde es schön, wenn Menschen in Würde altern. Würde hat in dem Fall etwas damit zu tun, dass man sich selbst erlaubt, zu altern und nicht krampfhaft versucht, etwas zurückzuholen, das nicht mehr so ist. Das ist jetzt meine Haltung zu mir. Thesen sind ja bekanntlich auch dazu da, sie umzustoßen. Es kann auch sein, dass ich mir in vier Jahren Haare transplantieren und mich liften lasse und dann heißt es, was war das für ein Scheiß, den du damals erzählt hast und was ist das jetzt für ein Gesicht. (lacht)

Vielen Dank für das Gespräch, Benno Fürmann.

"Intrigo – Tod eines Autors" läuft ab dem 11. Oktober 2018 im Kino.

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