Internationaler Frauentag Comedy in der Sexismus-Falle
Köln (dpa) - Es gibt einen Auftritt der Komikerin Hazel Brugger, bei dem sie sich über Männer, Frauen, Humor und die Comedy-Branche äußert. Sie sagt, dass es für sie "als Frau" voll "okay" sei in der Comedy-Szene.
Das werde sie ja oft von Leuten gefragt. "Natürlich nervt es, dass ich einmal im Monat auf der Bühne ausrutsche auf meinem eigenen Menstruationsblut". Ihr Publikum lacht.
Brugger ist Schweizerin, gehört aber zu den aufstrebenden Komikerinnen der deutschen Comedy-Szene. 2017 bekam sie als beste Newcomerin den Deutschen Comedypreis. Der Ausschnitt sagt daher viel über den Zustand des deutschen Humors aus. Erstens: Offenbar ist es immer noch ein so großes Ding, wenn eine Frau als Komikerin auftritt, dass sich daraus sogar selbst ein Comedy-Programm stricken lässt. Zweitens: Der sexistische Witz hat immer noch seinen Platz in den Köpfen, denn genau auf diesen spielt Brugger an.
Zum Weltfrauentag am Freitag (8. März) lohnt es also, mal genauer hinzuschauen. Hat die Comedy - ob im Fernsehen oder im Kabarett - ein Sexismus-Problem? Oder gibt es so etwas wie eine Götterdämmerung des Herrenwitzes?
Die Frage schwang auch ein wenig mit, als über Bernd Stelters "Steltergate" diskutiert wurde. Der Komiker hatte im Kölner Karneval einen Witz über den Doppelnamen von Annegret Kramp-Karrenbauer gemacht, was eine Frau im Publikum so aufregte, dass sie auf die Bühne kam. Die Aktion wurde danach von vielen als übertrieben und übersensibel kritisiert, zugleich wirkte sie wie ein Riss in der Matrix: Selbst der Karneval scheint nicht mehr unwidersprochen als Refugium für etwas angegraute Gags herhalten zu können.
Kramp-Karrenbauer stand kurz darauf selbst wegen einer Fastnachtsrede in der Kritik. Die CDU-Chefin hatte im baden-württembergischen Stockach einen Witz über die Einführung von Toiletten für das dritte Geschlecht gemacht: "Das ist für die Männer, die noch nicht wissen, ob sie noch stehen dürfen beim Pinkeln oder schon sitzen müssen. Dafür, dazwischen, ist die Toilette." Die Empörung darüber war mit der nach Stelters Doppelnamen-Gag vergleichbar.
Stevie Schmiedel von der Protestkampagne Pinkstinks, die sich gegen Sexismus und starre Rollenbilder richtet, ist nicht gerade zum Lachen zumute, wenn sie über deutsche Komik spricht. "Wir haben eine Schere, die auseinander geht. Wir haben einerseits Carolin Kebekus, Martina Hill und viele tolle Komödiantinnen, die gegen Sexismus wettern. Aber genauso haben wir noch den Witz, der auf die Schenkel klopft und der gerne frauenverachtend ist", sagt Schmiedel. Ein sexistischer Witz, das ist für sie ein Witz, der eine Frau auf ihre Sexualität reduziert. Oder ein Witz, der mit Klischees und Stereotypen arbeitet.
Wer sich Comedy-Handwerk aneignet, lernt in der Tat recht schnell, dass die Arbeit mit Klischees rasch Erfolg - also Lacher - bringen kann. Je nach Publikum sind sie schon mehr oder weniger in den Köpfen verankert, eingehämmert von Generationen von Komikern, die über Jahre hinweg über Frauen witzelten, die nicht einparken können. Man braucht gar nicht viele Worte, um sie zu aktivieren. Es ist sehr effektiv.
Auch der Schriftsteller Jakob Hein, Autor von "Deutsche und Humor. Geschichte einer Feindschaft", stellt fest, dass Massenbespaßung in Deutschland mitunter noch so funktioniert. Von konkreten Namen hält er sich lieber fern, aber er sagt: "Natürlich gibt es noch Comedians - auch kommerziell sehr erfolgreiche, die große Arenen füllen -, bei denen auch heute noch die Grenze oft überschritten wird, für meinen Geschmack. Da werden Frauen-Bilder zumindest stereotypisiert."
Betrachte man die großen Linien, fällt Heins Beurteilung aber milder aus. Prinzipiell habe sich etwas verändert. "Witze, die pointiert als sexistisch empfunden werden, sind auf dem Rückzug. Im eigentlichen Mainstream, also bei Comedians die als angesagt gelten und die auch mal einen Preis gewinnen, gibt es das eigentlich nicht mehr", sagt er. Um von der Entwicklung einen Eindruck zu bekommen, müsse man sich nur mal alte Witzeplatten anhören. "Das war plattester Sexismus. Sich über Körperteile von Frauen zu unterhalten, war total üblich."
Studien dazu zu finden, ist nicht ganz leicht. Das hängt auch damit zusammen, dass in unterschiedlichen Jahrzehnten unter "stereotyp" andere Dinge verstanden wurden. Wenn man einen Strich drunter ziehe, könne man aber wohl sagen, dass es Sexismus in den Medien natürlich noch gebe, sagt der Mainzer Kommunikationswissenschaftler Richard Lemke, der sich mit Geschlechterdarstellungen beschäftigt. Den gebe es dort genauso wie in der Realität. "Was man aber sicherlich beobachten kann ist, dass die Rollenbilder vielfältiger werden."
Übrigens: Hazel Bruggers Geschichte über Männer und Humor geht dann so weiter, dass sie irgendwann über unerigierte Penisse spricht. Den Schweizer Sender SRF 1, der den Auftritt ausstrahlte, erreichte danach eine Schreiben, von einem Mann: "Ich beanstande die Sendung mit dem Beitrag von Hazel Brugger betreffend "unerigierter Penis". Diese Beitrag verletzt die Menschenwürde und ist sexistisch."