Preisverleihung Country-Girl Taylor Swift wirbt für die Demokraten
New York (dpa) - Die Website vote.org, die Amerikaner bei deren Registrierung vor Wahlen unterstützen will, besuchten bislang im Schnitt etwa 14.000 Menschen pro Tag. Dann kam Taylor Swift.
Mit einer für sie ungewöhnlichen politischen Botschaft via Instagram hat die US-Sängerin aufgerüttelt und ihre Fans eindringlich gebeten: registriert euch, informiert euch über die Kandidaten, geht wählen! In den 24 Stunden nach dem Post sprang die Zahl der Nutzer auf 156.000. Swift konnte offensichtlich nicht mehr an sich halten.
Auch bei den American Music Awards in der Nacht zum Mittwoch in Los Angeles wird Swift überraschend politisch: "Am 6. November sind die Kongresswahlen. Geht raus und wählt. Ich liebe euch", sagt Swift auf der Bühne, wo sie musikalisch triumphiert: vier Auszeichnungen, darunter den Top-Preis als Künstlerin des Jahres. Swift hat jetzt mehr American Music Awards zu Hause als jede andere Künstlerin, mit ihrem neuen Rekord überholt sie Whitney Houston.
Vier Wochen sind es noch bis zu der Kongresswahl in den USA, bei der das gesamte Abgeordnetenhaus und ein Drittel des Senats neu besetzt werden. Das Kräfteverhältnis zwischen Präsident Donald Trumps Republikanern und den Demokraten könnte sich deutlich verschieben. Und während man politische Botschaften von Sänger John Legend, Schauspielerin Alyssa Milano oder Moderator Jimmy Kimmel gewohnt ist, hatte Swift mit ihren Ansichten bisher hinterm Berg gehalten. Wenn sie öffentlich sprach, ging es um ihre Musik, um ihre Fans, ihr Leben. Woher also der Sinneswandel?
Ereignisse in ihrem Leben und der Welt in den vergangenen zwei Jahren hätten sie zu einer "sehr anderen" Haltung geführt, schreibt die 28-Jährige. "Ich kann niemanden wählen, der nicht gewillt ist, für die Würde aller Amerikaner zu kämpfen unabhängig von Hautfarbe, Geschlecht und wen sie lieben." Den Namen des Präsidenten erwähnte Swift in ihrem langen Post über rund 850 Wörter nicht. Trump selbst steht bei den sogenannten Midterms am 6. November auch gar nicht auf dem Wahlzettel - sehr wohl aber gleichgesinnte Republikaner.
Eine davon heißt Marsha Blackburn, die in Swifts Heimatstaat Tennessee für einen Sitz im US-Senat kandidiert. Derzeit sitzt Blackburn im Abgeordnetenhaus. Bei Abstimmungen lag sie dort bisher zu 92 Prozent auf Trumps Linie, analysiert die Website "FiveThirtyEight". Blackburn hat gegen gleiche Bezahlung für Frauen gestimmt und arbeitet dagegen, die Rechte von Schwulen, Lesben, Bisexuellen und Transsexuellen in der Gesellschaft zu stärken. "Dies sind nicht meine Tennessee-Werte", schreibt Swift zu Blackburn.
Gut möglich, dass die Pop- und Country-Sängerin ihre republikanischen Fans bisher nicht vor den Kopf stoßen wollte. Tennessee ist stark republikanisch geprägt, seit dem Jahr 2000 gewannen dort nur Präsidentschaftskandidaten dieser Partei. 2016 stimmten 61 Prozent der Wähler in Tennessee für Trump. Demokratische Ballungsräume liegen nur um die liberaleren Städte Nashville und Memphis. Nun hat Swift die Karten auf den Tisch gelegt, woraufhin Trump Blackburn direkt zur Seite sprang. Er lobte ihre "gute Arbeit" und fügte hinzu, dass er die Musik von Swift jetzt "ungefähr 25 Prozent weniger" möge.
Parallel zum Wettstreit der beiden Parteien hat Swift durch den Post indirekt aber noch einen ganz anderen Streit wieder aufgewärmt: ihre alte Fehde mit dem Rapper Kanye West. Dieser hatte sich mehrfach öffentlich hinter Trump gestellt und ihn auch persönlich getroffen. West wird am Donnerstag zum Lunch im Weißen Haus erwartet, um unter anderem über eine Reform des Strafvollzugs, Banden-Kriminalität und Gewalt in seiner Heimatstadt Chicago zu sprechen. Die Republikaner dürften sich glücklich schätzen, so einen Star auf Seite des Präsidenten zu wissen. Anders als sein Vorgänger Barack Obama hat Trump nur wenige der sehr berühmten "A-List"-Promis hinter sich.
Selbst bei ihren 112 Millionen Followern ist mehr als fraglich, wie viel Swifts Botschaft bei der Wahl wirklich drehen kann. Im seit 2009 öffentlich ausgespielten Zoff mit Kanye West liefert sie dafür neuen Stoff - auch wenn sie mit ihrem Post sicher anderes im Sinn hatte als den großspurigen Rapper. Die Zeitung "USA Today" schreibt von der "Promi-Fehde, die nicht sterben will".