Tour de France Spezialeinheit ermittelt im Nägel-Skandal
Nach der fiesen Nagel-Attacke auf die Tour de France während der 14. Etappe hat die Staatsanwaltschaft von Foix Ermittlungen eingeleitet. "Die Untersuchung wird von einer Spezialeinheit der Gendarmerien von Toulouse und Saint Girons durchgeführt. Sie wurden an den Ort des Geschehens geschickt, um Zeugenaussagen zu sammeln", sagte die stellvertretende Staatsanwältin Marylin Blanc (Greipel geht leer aus - alles zur 15. Etappe der Tour de France).
Zudem sollen Fahrer vernommen werden, die von der Sabotage betroffen waren. Vor allem Titelverteidiger Cadel Evans traf es hart. Der Australier musste dreimal in zehn Minuten seinen Reifen wechseln. Aber auch der Mann in Gelb, Bradley Wiggins, und der Gesamtdritte Vincenzo Nibali gehörten zu den Leidtragenden. Insgesamt waren 30 Fahrer betroffen. Der Kroate Robert Kiserlowski brach sich bei einem Sturz das rechte Schlüsselbein, als er von Levi Leipheimer überfahren wurde.
Voigt: "Kranker Sinn für Humor"
Allgemein herrschte nach der Nagel-Attacke Fassungslosigkeit. "Was für ein Drecksack wirft denn Nägel auf die Straße des größten Radrennens der Welt?", twitterte der empörte Weltmeister und Wiggins-Teamkollege Mark Cavendish. "Jemand, der Nägel auf eine Abfahrt wirft, auf der Rennfahrer mit 80 Stundenkilometer herunterrasen, ist ein Krimineller", erregte sich John Lelangue, Manager im Evans-Team BMC. "Das hätte tragisch enden können. So etwas kommt zum Glück selten vor, ist aber gemeingefährlich", erklärte Tour-Direktor Christian Prudhomme.
"Ich glaube, das war einer mit einem besonders kranken Sinn für Humor - der hat die lebensgefährlichen Konsequenzen gar nicht bedacht", sagte Tour-Veteran Jens Voigt. Der Berliner, der auf einer Abfahrt vom Kleinen Sankt Bernhard vor drei Jahren gestürzt war und schwerverletzt aussteigen musste, kam am Sonntag glimpflich davon. "Ich hatte auch einen Platten wie sechs Teamkollegen, konnte aber zum Glück vor einer Kurve bremsen und kam auf dem Seitenstreifen zum Stehen", berichtete er.
Rolland macht sich keinen Freunde
Das große Chaos auf der Abfahrt - das Favoritenfeld war hinter den Ausreißern um den späteren Sieger Luis-Leon Sanchez bereits vor dem Zwischenfall chancenlos abgeschlagen - brach 40 Kilometer vor dem Ziel aus. Wiggins fungierte als fairer Bremser, musste aber bald wieder beschleunigen, weil der Franzose Pierre Rolland von allem offenbar nichts mitgekommen hatte ("Funk kaputt").
Als einziger attackierte er aus der Gruppe der Topfahrer, obwohl die Spitzengruppe nicht mehr einzuholen war. Der Etappensieger von La Toussuire durfte sich auf einige unangenehme Fragen aus dem Peloton gefasst machen. "Buh für diese Aktion", twitterte Voigt, "das ist niveaulos". Auch Wiggins hat Redebedarf angemeldet.
1999 versprühten Unbekannte Tränengas
Sabotageakte haben bei der Tour Geschichte. 1904 lagen auf der 5. Etappe zwischen Nantes und Bordeaux ebenfalls Nägel auf der Straße. Begleitfahrzeuge gab es noch nicht - der spätere Tour-Sieger Henri Cornet musste die letzten 40 Kilometer mit platten Reifen ins Ziel schlingern. Voigt erinnerte sich an 1999: "Da gab es einen Angriff auf uns Fahrer mit Tränengas. Jemand hatte etwas von einer Brücke gesprüht. Uns allen brannten ganz fürchterlich die Augen."
Bei allem Ernst gewann das Tour-Zentralorgan "L'Équipe" den chaotischen Begleitumständen auch eine Seite zum Schmunzeln ab. Als Evans' Teammanager Jim Ochowicz seinem Kapitän bei einem der drei Defekte schnell helfen wollte, rutsche er in einen Straßengraben und kam nur mühsam wieder auf die Beine. Die Zeitung gab dafür in ihrer Extra-Rubrik "Noten des Tages" zehn von zehn möglichen Punkten - für die besonders künstlerische Einlage. Technische Wertung: Null Punkte.