Weltranglistenerster zu stark Überraschung verpasst – Zverev raus bei den US Open
Alexander Zverev kassiert im Viertelfinale der US Open eine deutliche Niederlage gegen Carlos Alcaraz. Nach den vorigen Strapazen ist er weit von der Topverfassung entfernt.
Alexander Zverev klopfte Carlos Alcaraz zur Gratulation auf die Brust, winkte kurz ins Publikum und verschwand schnell in den Katakomben. Mit einer deutlichen Niederlage gegen den Weltranglistenersten verpasste der Olympiasieger seine dritte Halbfinal-Teilnahme bei den US Open in Serie – und offenbarte danach eine Verletzung.
Im zweiten Satz habe er sich eine Blessur des Oberschenkels zugezogen, berichtete der 26 Jahre alte Hamburger. "Ich habe da eine Beule. Normalerweise wenn du eine Beule hast, deutet es darauf hin, dass du einen Riss hast", sagte Zverev in der Nacht zu Donnerstag (Ortszeit). Nach 2:30 Stunden hatte er sich dem 20 Jahre alten Titelverteidiger aus Spanien mit 3:6, 2:6, 4:6 geschlagen geben müssen. Zwei Tage nach dem epischen Sieg gegen den Italiener Jannik Sinner in mehr als viereinhalb Stunden waren Zverev die Strapazen noch deutlich anzumerken.
"Mein Körper lässt mich ein bisschen im Stich"
Nach dem zweiten Satz ließ er sich in der Kabine behandeln. Wegen der Verletzung habe er sich beim Aufschlag nicht mehr richtig abdrücken können, berichtete der 26-Jährige. Aufgeben sei aber keine Option gewesen. Eine Untersuchung in der Heimat soll Aufschluss über das Ausmaß der Verletzung bringen. Schon vor der Niederlage im Halbfinale der French Open Mitte Juni hatte er sich eine leichte Zerrung im Oberschenkel zugezogen. "Mein Körper lässt mich ein bisschen im Stich momentan, da muss ich nachschauen, was Sache ist", sagte Zverev.
Der frühere Weltranglistenzweite muss damit weiter auf seinen ersten Triumph bei einem Grand-Slam-Triumph warten. Alcaraz spielte zwar keinesfalls auf seinem höchsten Niveau, trifft aber in der Runde der besten Vier nun am Freitag auf den Russen Daniil Medwedew.
"Ich bin so glücklich wieder hier zu sein, das habe ich vermisst während meiner Verletzung", sagte Zverev noch kurz vor dem Einlaufen ins größte Tennis-Stadion der Welt. Dabei erinnerte er an seine schwere Knöchelverletzung aus dem Vorjahr, nach der er mehr als ein halbes Jahr pausieren musste. "Ich werde alles tun, was ich kann. Hoffentlich wird es ein spaßiges Match." Die Erwartungen erfüllten sich jedoch nicht. Dass Zverev zuvor mit mehr als 14 Stunden in vier Partien bei diesen US Open fast sechs Stunden länger als Alcaraz auf dem Platz stand, war deutlich zu sehen.
Nach dem Achtelfinale gegen Sinner hatte Zverev am Dienstag auf ein Training verzichtet. "Lasst uns sehen, wie sich Sascha erholt hat", sagte der Russe Daniil Medwedew, kurz bevor sein Halbfinalgegner ermittelt wurde. "Er war vor zwei Tagen in keiner guten Verfassung mehr."
Die Bedingungen waren bei 28 Grad nach 21 Uhr erneut schwierig - doch kein Vergleich zur deutlich schwüleren Luft im Achtelfinale. Zu Beginn zeigte Zverev keine Ermüdung, hielt dem druckvollen Spiel seines sechs Jahre jüngeren Kontrahenten in den ersten Minuten stand. Zverev schlug mit bis zu 220 Stundenkilometern auf, Alcaraz antwortete ebenfalls mit hohem Tempo. Der Spanier versuchte, das Spiel mit seinen harten Angriffsschlägen früh zu dominieren. Dabei unterliefen ihm aber zunächst noch einige unnötige Fehler. Bei einem Seitenwechsel debattierte Alcaraz ungewohnt lange mit der Schiedsrichterin.
Binnen gut zehn Minuten kam es zu einer entscheidenden Phase der Partie: Zunächst ließ Zverev seinen ersten von zwei Breakbällen beim Stand von 3:3 mit einem leichten Rückhandfehler liegen. Direkt im nächsten Spiel nahm Alcaraz stattdessen dem Deutschen den Aufschlag ab. Vier Punkte später holte sich der zweimalige Grand-Slam-Titelgewinner nach insgesamt 48 Minuten den Auftaktsatz.
Zverev mit gesenktem Kopf
Die Führung des Favoriten entzog dem Publikum die Spannung. Anders als beim Duell von Zverev mit Sinner kam bei gut 23.000 Zuschauern im Arthur Ashe Stadium nur selten eine elektrisierende Atmosphäre auf.
Direkt im dritten Spiel des zweiten Durchgangs schaffte Alcaraz das erneute Break, feierte mit einem Jubelsprung. Der Spanier wirkte nun deutlich lockerer, versuchte nach einem Punkt als Showeinlage einen Ball in seiner Hosentasche zu fangen. Als Alcaraz ihm erneut seinen Aufschlag abnahm, trottete Zverev mit gesenktem Kopf zu seiner Bank.
Nach dem Verlust des zweiten Satzes hängte sich die deutsche Nummer eins ein Handtuch mit Eis um den Hals, ließ einen Physio kommen, nahm eine medizinische Auszeit und verschwand in der Kabine. Mit nacktem Oberkörper wartete Alcaraz auf dem Platz. Dem Spanier fehlte die Spannung, doch Zverev ließ drei weitere Breakchancen ungenutzt. Beim Stand von 4:4 drehte Alcaraz noch einmal kurz auf, nahm Zverev den Aufschlag ab und jubelte wenig später.
- Nachrichtenagentur dpa