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Handball-EM: DHB-Stars überzeugen gegen Ungarn – Halbfinale?


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Handballer siegen gegen Ungarn
Der Traum lebt


Aktualisiert am 23.01.2024Lesedauer: 5 Min.
Julian Köster (links) und Bundestrainer Alfred Gíslason: Die deutschen Handballer sind wieder auf Halbfinal-Kurs.Vergrößern des Bildes
Julian Köster (links) und Bundestrainer Alfred Gíslason: Die deutschen Handballer sind wieder auf Halbfinal-Kurs. (Quelle: Anke Waelischmiller/Sven Simon/imago-images-bilder)

Mit dem Sieg gegen Ungarn lebt der Traum vom Halbfinale bei der Heim-EM für das DHB-Team weiter. Dabei überzeugten sie mit unerwartet viel Selbstvertrauen.

Aus Köln berichtet Nils Kögler

"Wir wissen, was wir können": Es war ein Satz, den DHB-Torwart David Späth nach dem gewonnenen dritten Hauptrundenspiel gegen Ungarn bei der Heim-EM gleich mehrmals in der Interviewzone wiederholte. Es ist ein Satz, der den Auftritt der deutschen Mannschaft nur zu gut beschreibt.

Nach dem enttäuschenden Remis gegen Österreich schaffte das deutsche Team gegen Ungarn einen deutlichen 35:28-Sieg. Durch die vorangegangene Niederlage Österreichs gegen Frankreich hat die Mannschaft ihr Schicksal nun wieder selbst in der Hand. Der Traum vom Halbfinale lebt. Ein Sieg gegen Kroatien reicht, um ihn zu erfüllen. Der Schlüssel dafür war ein Auftritt voller Selbstvertrauen.

Anfangsphase sorgt für Sorgenfalten

Doch trotz des am Ende deutlichen Sieges lieferte die deutsche Mannschaft keine Weltklasseleistung über die vollen 60 Minuten ab. Im Gegenteil: Zu Beginn der Partie dürften die Anhänger der DHB-Auswahl ein mulmiges Gefühl gehabt haben. Offensiv schien das Team von Bundestrainer Alfred Gíslason zunächst an die alten Probleme aus den Spielen gegen Island und Österreich anzuschließen. Mehrere gute Chancen ließ die Mannschaft in den ersten Minuten etwa durch Rune Dahmke oder Johannes Golla aus.

Hinzu kam, dass auch die Defensive nicht mehr so sattelfest wirkte wie in den Spielen zuvor. Speziell auf die wuchtigen Würfe der Ungarn aus dem Rückraum bekamen die Deutschen zunächst keinen Zugriff. Entscheidend war zudem, dass sogar der bislang so überragende Andreas Wolff im deutschen Tor, der die Mannschaft zuletzt immer wieder im Spiel gehalten hatte, gegen Ungarn keinen guten Start erwischte. Die ganze erste Halbzeit konnte er nicht eine einzige Parade verzeichnen.

Späth: "Wir werden uns ein bisschen ärgern"

Auch der junge David Späth, der Wolff Mitte bis Ende der ersten Halbzeit ersetzte, konnte nur einen Ball parieren. "Wir waren häufig an den Bällen dran, aber sie sind trotzdem reingegangen", analysierte er nach dem Spiel. "Deswegen war es einfach unglücklich für uns", so Späth weiter. "Solche Spiele gibt es. Natürlich ärgern die einen, aber im Vordergrund steht, dass wir gewonnen haben", schloss der Keeper ganz pragmatisch. "Wir werden uns ein bisschen ärgern und ab morgen geht es dann weiter."

Eine wackelige Offensive, eine Defensive mit Problemen und Torhüter, die ausnahmsweise die Mannschaft nicht retten können: So kam es, dass das DHB-Team den größten Teil der ersten Halbzeit einem Ein-Tor-Rückstand hinterherlaufen musste.

"Die Jungs haben weitergeballert"

Doch trotz der anfänglichen Schwierigkeiten verlor die Mannschaft nicht den Mut, lief weiter selbstbewusst an. "Wir wissen, was wir können", lautete Späths Lieblingssatz an diesem Abend. "Gegen Österreich haben wir uns auch gute Chancen herausgespielt, nur leider sind wir dann an unserer Effektivität gescheitert. Deswegen waren wir immer sehr optimistisch. Wir waren voller Zuversicht."

Christoph Steinert schlug in eine ähnliche Kerbe. "Das Selbstbewusstsein war der größte Unterschied", analysierte er die Verbesserung im Vergleich zum Österreich-Spiel. "Egal, ob mal ein Fehler passiert ist oder mal ein Schlagwurf danebenging, die Jungs haben weitergeballert. Das war richtig schön mitanzusehen."

Heymann überzeugt

Einer, der in der ersten Hälfte besonders "ballerte", war Sebastian Heymann. Im Gegensatz zu den vorherigen Spielen bekam er gegen Ungarn vermehrt Einsatzzeiten in der Offensive und zahlte dies mit vier Toren aus vier Würfen in Hälfte eins zurück. "Heute hat jeder, der in die Wurfsituation gekommen ist, sie mit voller Überzeugung genommen, war überzeugt davon, den Ball ins Netz zu schmeißen, wenn es sein muss, auch den Torwart mit ins Tor zu werfen", lobte er das Selbstvertrauen der deutschen Mannschaft.

So wurde die Chancenverwertung schon in der ersten Hälfte schnell deutlich besser und noch vor der Pause gelang es den Deutschen, das Spiel auf ihre Seite zu drehen und mit einer 18:17-Führung in die Kabine zu gehen. Eine Führung, die sie bis zum Ende nur noch ausbauten, weil sich auch die Defensive vom schwierigen Beginn nicht verunsichern ließ, sich in der zweiten Hälfte am eigenen Schopf aus dem Loch zog und die Ungarn fortan fest im Griff hatte.

"Wir haben nicht alles kaputt geredet"

Während Handball-Deutschland nach der Enttäuschung gegen Österreich voller Skepsis auf die Mannschaft geblickt hatte, drohte der Bundesadler auf der Brust der Profis förmlich zu platzen. "Wir haben gefühlt nichts anderes gemacht als im Spiel davor", sagte etwa Steinert schulterzuckend. "Heute lief es einfach mal. Manchmal darf man im Sport nicht alles hinterfragen. Vor zwei Tagen war noch Weltuntergang und heute ist gefühlt alles Weltklasse. Da muss man die Mischung finden und bei sich bleiben."

Auch Spielmacher Juri Knorr meinte: "Wir haben nicht alles kaputt geredet. Wir wussten, wir können Handball spielen." Der Mannschaft sei bewusst gewesen, dass gegen Österreich nicht alles schlecht war, aber dass man einige Dinge besser machen könne. "Das haben wir gezeigt. Wir waren heute einfach extrem reif und das ist etwas, was uns die wenigsten zugetraut haben", so Knorr.

Andere Spieler im Vordergrund

Besonders auffällig war, dass an einem Tag, an dem sich die sonstigen Leistungsträger um Wolff, Knorr oder auch Kapitän Johannes Golla einen weniger starken Auftritt leisteten, andere Spieler in den Vordergrund traten, die bislang wenig Zeit im Rampenlicht verbracht hatten. So glänzte etwa Heymann in der ersten Halbzeit als treffsicherer Schütze. In der zweiten Hälfte war es dann Jannik Kohlbacher, der der Mannschaft defensiv Stabilität verlieh und auch offensiv mit insgesamt vier Toren in Erscheinung trat.

"Schuld" daran ist wohl auch Bundestrainer Alfred Gíslason. Wie die Spieler nach dem Spiel verrieten, hatte sich der Isländer in seinen Ansprachen noch mal einzelne Spieler zur Brust genommen und ihnen Mut zugeredet. So berichtete Heymann über sein Gespräch mit Gíslason: "Er hat einfach gesagt, was er von mir möchte." Der Trainer habe von ihm verlangt, "dass ich mit Überzeugung auf das Tor gehe, dass ich alles reinschmeiße, was ich habe, und dass ich mir keine Gedanken machen soll, was passiert. Er hat gesagt, dass ich Fehler machen darf, dass er vollstes Vertrauen in mich hat und dass ich heute entscheidend werden kann."

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Gíslasons Ansprache zeigt Wirkung

Eine Ansprache, die Wirkung zeigte: "Mit diesem Vertrauen, was er mir da gegeben hat, bin ich heute auch ins Spiel und habe da in der ersten Halbzeit einen sehr guten Job gemacht", freute sich Heymann.

Am Ende wurde es ein runder Abend für die DHB-Stars, auf den Kapitän Golla mit einem Strahlen zurückblickte: "Ich bin extrem stolz. Es war ein Rückschlag gegen Österreich, weil wir uns natürlich mehr vorgenommen hatten", sagte er. "Aber wie die Mannschaft mit dem Spiel umgegangen ist, ist aller Ehren wert und es zeigt, dass es menschlich sehr gut passt."

Mit einem Sieg gegen Kroatien kann die deutsche Mannschaft am Mittwoch das ausgegebene Ziel Halbfinale perfekt machen. Dort würde auf dem Weg zum nächsten Wintermärchen dann mit Weltmeister Dänemark aller Voraussicht nach der schwerstmögliche Brocken warten. Doch auch diese Aufgabe würde die deutsche Mannschaft wohl mit Selbstvertrauen angehen. Denn sie wissen, was sie können.

Verwendete Quellen
  • Eigene Beobachtungen
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