Diskussion um müde DHB-Stars Hätte der Bundestrainer häufiger wechseln müssen?
Deutschland hat das Spitzenspiel gegen Frankreich verloren und steht bei der Heim-EM unter höherem Druck. Danach stellte sich der Bundestrainer der Frage, ob er mehr hätte wechseln müssen.
Bis zur Schlussphase schnupperte die deutsche Handball-Nationalmannschaft an der Überraschung. Die DHB-Auswahl führte in der 49. Minute des EM-Vorrundenspiels gegen Frankreich mit 27:26, die Arena in Berlin bebte. Von der Stimmung eines "Freundschaftsspiels", wie es Bundestrainer Alfred Gíslason nach dem Spiel gegen Nordmazedonien noch formuliert hatte, war keine Spur.
Bei jedem Angriff der Franzose gab es ein gellendes Pfeifkonzert, bei den deutschen Angriffen laute Motivation. Doch es half nichts. Die Schlussphase ging an den Olympiasieger, der am Ende noch sieben Tore erzielen sollte, Deutschland lediglich drei. Der Endstand lautete 33:30 für Frankreich. Bei der Frage nach den Gründen gab es für die deutschen Spieler nach dem Abpfiff zwei Antworten: die Qualität der Franzosen und die Fitness.
"Du merkst die internationale Klasse der Franzosen, an die wir nicht herankommen. Und das hat sich am Ende durchgesetzt", erklärte Martin Hanne, fügte aber an: "Vielleicht haben uns auch etwas die Körner gefehlt. Es lief ja so weit ganz gut, bis zu dem Zeitpunkt."
"Das zeigt dann schon, dass die zu den Spitzennationen gehören"
Auch Linksaußen Lukas Mertens sah in der Frische einen entscheidenden Unterschied. "Wenn man einem Dika Mem, einem Nikola Karabatić und einem Nedim Remili zehn Minuten Pause geben kann und die dann mit voller Power in der Crunchtime wiederkommen, dann zeigt das schon, dass die zu den Spitzennationen gehören." Deutschland hingegen wechselte weniger. Der deutsche Rückraum um Juri Knorr, Julian Köster und Kai Häfner bekam weniger Pausen. Knorr wurde im zweiten Durchgang kurzzeitig durch Philipp Weber, Köster durch Sebastian Heymann und Häfner durch Christoph Steinert ersetzt. Doch im Vergleich zu den Franzosen waren das nur kurze Pausen.
Warum wechselte Gíslason also nicht häufiger? "Ich wollte das Spiel gewinnen", sagte der Isländer trocken auf der Pressekonferenz. Philipp Weber und Kai Häfner gleichzeitig auf der Platte wären in der Abwehr ein zu hohes Risiko gewesen, so der Bundestrainer. Und bei Sebastian Heymann passe das Zusammenspiel noch nicht so gut. "Wir hoffen, dass Basti besser und besser reinkommt, aber mit Julian (Köster, Anm. d. Red.) ist es ein flüssigeres Spiel. Er (Köster) hat seine Pausen bekommen und signalisiert, dass er wieder fit ist."
Zwei, drei Minuten für Golla
Ganz ohne Selbstkritik blieb Gíslason aber auch nicht. Ihm ging es dabei jedoch nicht um den Rückraum, sondern um Kapitän und Kreisläufer Johannes Golla: "Ich hätte Golli vielleicht mal auswechseln müssen, weil er mehr oder weniger immer gespielt hat. Aber das habe ich nicht gemacht. Im Nachhinein ist man immer schlauer. Ich hätte ihm zwei, drei Minuten geben können, aber dann wäre das Spiel vielleicht weg gewesen, weil er ein überragender Spieler ist."
Immerhin: Auf ein Team mit einer derart starken individuellen Besetzung trifft die deutsche Mannschaft in der Hauptrunde nicht mehr. Doch Gegner wie Ungarn, Island oder Kroatien haben es auch so in sich. "Wir haben jetzt vier Endspiele", erklärte Gíslason. Das erste findet am Donnerstag um 20:30 Uhr gegen Island statt.
- Eigene Teilnahme an der Mixed Zone und Pressekonferenz