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Athleten und der Ukraine-Krieg: Der große Sportfan Putin bekommt das mit


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Athleten und der Ukraine-Krieg
Der große Sportfan Putin bekommt das mit

MeinungEin Gastbeitrag von Gerald Asamoah

Aktualisiert am 04.03.2022Lesedauer: 5 Min.
Robert Lewandowski: Der Bayern-Star lief am vergangenen Spieltag mit einer Binde in den Nationalfarben der Ukraine auf.Vergrößern des Bildes
Robert Lewandowski: Der Bayern-Star lief am vergangenen Spieltag mit einer Binde in den Nationalfarben der Ukraine auf. (Quelle: Schüler/imago-images-bilder)
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Der Krieg in der Ukraine sorgt für schreckliches Leid. Umso wichtiger ist es nun, sich solidarisch mit den Opfern dieser Gewalt zu zeigen und Haltung zu beweisen.

Es herrscht Krieg in Europa. Der russische Präsident Wladimir Putin hat die Ukraine überfallen. Seitdem sehen wir täglich die schrecklichen Bilder und können kaum erahnen, wie es den Menschen dort ergehen muss, die leiden, flüchten und sterben.

Ich tue mich wirklich schwer, vor diesem Hintergrund einen Ansatz für diesen (Sport-)Gastbeitrag zu finden, der sich angemessen anfühlt. Im Moment rückt alles irgendwie ein Stück weit in den Hintergrund und man fühlt sich hilf- und machtlos. In Gedanken bin ich bei den Menschen in der Ukraine.

Vielleicht lohnt es sich am ehesten, auf die beeindruckende Welle der Solidarität zu blicken, die dem Krieg entgegenschwappt. So viele Menschen demonstrieren, spenden und unterstützen. Und auch im Sport haben sich zahlreiche Athletinnen und Athleten solidarisch gezeigt. Einhellig und deutlich. Politisch wie menschlich. Vielleicht so laut wie lange nicht mehr.

Wir gehen nicht zur Tagesordnung über!

Der Begriff "Haltung" wird heutzutage viel – und manchmal sicher auch zu viel – genutzt, aber jetzt passt er.

Ob Bayern Münchens polnischer Starspieler Robert Lewandowski, der mit einer Kapitänsbinde in den Farben der Ukraine auflief. Ob Formel-1-Fahrer Sebastian Vettel, der direkt seine Teilnahme am Rennen im russischen Sotchi absagte. Ob der russische Tennisprofi Andrej Rublev, der bei einem ATP-Turnier mit einem Stift "No war please" auf die Linse einer TV-Kamera schrieb. Ob die russischen Sportler, die sich gegen den Krieg und damit gegen Putin stellen und somit sicher am meisten riskieren. Ob deutsche Basketballspieler, die ihre Vereine in der russischen Profiliga umgehend verließen.

Ob der polnische Fußballverband, der direkt sagte, dass er nicht gegen Russland antreten wird, egal ob das am Ende die Qualifikation für die WM kosten würde oder nicht. Ob mein Verein, der FC Schalke 04, der erst den Schriftzug des Hauptsponsors und russischen Konzerns Gazprom auf dem Trikot abklebte und kurz darauf ankündigte, die Partnerschaft komplett zu beenden.

Es sind nur einige wenige Beispiele von vielen, die zeigen, wie klar und richtig der Sport auf verschiedenen Ebenen auf den Angriffskrieg in Osteuropa reagiert hat. Beispiele, die signalisieren: Wir gehen nicht einfach zur Tagesordnung über. Ich bin mir sicher, der große Sportfan Putin bekommt das in Moskau ziemlich genau mit!

Der Höhepunkt einer bemerkenswerten Entwicklung

Dabei ging der Impuls – so habe ich es zumindest wahrgenommen – meistens von den Sportlerinnen und Sportlern selbst aus, nicht etwa von Verbänden oder Institutionen; diese brauchten zum Teil deutlich länger, um sich zu einer Position durchzuringen. Und wer weiß: Womöglich wurden sie durch die Reaktion der Sportler ja sogar ein bisschen dazu getrieben.

Ich finde das bemerkenswert und es ist sowas wie ein vorläufiger Höhepunkt einer guten Entwicklung: Immer mehr Athleten definieren sich längst nicht nur über Tore, Bestzeiten oder Titel. Ihnen ist nicht alles außerhalb von Stadien und Sportplätzen egal. Sie sind nicht leise. Im Gegenteil, sie sehen sich als aktiven und mündigen Teil der Gesellschaft und sind bereit, ihre Popularität zu nutzen und sich zu engagieren – auch wenn das die Gefahr birgt anzuecken oder persönliche Anfeindung zu erfahren.

Diesen Trend erkenne ich mit Blick auf den Fußball schon seit einiger Zeit: Waren es früher eher oberflächliche Kampagnen von Vereinen oder Verbänden, sind es heute Spieler wie zum Beispiel Leon Goretzka oder Antonio Rüdiger, die sich selbstbewusst öffentlich zu gesellschaftlich relevanten Themen positionieren und den Willen haben, Dinge zu verändern. Das hat eine ganz andere Kraft und ist ein großer Unterschied zu meiner aktiven Zeit – und ich glaube, dass viele Fans und Sportbegeisterte das heutzutage auch ein Stück weit erwarten.

Es ist allerdings auch ein typischer und gelernter Reflex in der Branche, dass immer genau dann jemand kommt und erklärt, dass der Sport "unpolitisch" zu sein habe, wenn Sportlerinnen oder Sportler zu gesellschaftlichen Themen öffentlich sprechen – denn das wird oft unbequem. "Shut up and dribble" (Deutsch: Sei still und dribble den Ball), sagt man in den USA im Basketball, wenn unliebsame Meinungen von Spielern mundtot gemacht und herabgewürdigt werden sollen.

Für Menschenrechte zu sein, hat nichts mit Politik zu tun

Mir selbst wird oft die Frage gestellt, ob es okay ist, wenn sich Sportler in diese Richtung äußern. Meistens geht es bei mir dann um Rassismus, wie etwa nach dem gewaltsamen Tod von George Floyd bei einer Polizeimaßnahme in den USA. Spieler sind danach auch auf den Plätzen der Bundesliga auf die Knie gegangen, um ein Zeichen zu setzen. Es war bewegend.

Man hatte aber auch das Gefühl, dass sie bei den zuständigen Verbänden auf Anhieb nicht genau wussten, wie sie damit umzugehen haben, nach dem Motto: Ist das nicht doch irgendwie ein bisschen "zu politisch", was die Jungs da auf dem Rasen machen?

Für mich ist das eigentlich gar nicht der Punkt. Gegen Rassismus zu sein, hat für mich nichts mit Politik zu tun. Sich für Menschenrechte einzusetzen, hat für mich nichts mit Politik zu tun. Das ist einfach eine Frage von Menschlichkeit. Und natürlich ist es für mich okay, dies öffentlich zu sagen und zu zeigen. Ich halte es sogar für sehr wichtig.

Es wird immer diejenigen geben, die das kritisieren werden, die alles besser wissen und belächeln, die darin nur Symbolik erkennen oder es sogar als kalkuliertes Marketing bezeichnen. Vielleicht ist das so. Vielleicht aber auch nicht. Mir ist das jedenfalls zu zynisch. Ich finde es erst mal einfach gut, wenn Menschen sich solidarisieren. Ich finde es wichtig, wenn Profisportler ihren Namen, ihre Position oder ihre Reichweite nutzen und sich einsetzen – obwohl sie vielleicht mit Nachteilen, zum Beispiel für ihre Karrieren, rechnen müssen.

Vielleicht kann dieses Zeichen einen Beitrag leisten

Um auf die Frage zurückzukommen, ob Sport und Politik zusammenhängen: Sie stellt sich spätestens jetzt nicht mehr – es ist ja offensichtlich. Auch deshalb wird es zukünftig spannend sein zu beobachten: Wohin vergibt man Turniere und Events? Wessen Geld nimmt man an? Es ist nicht unwahrscheinlich, dass gesellschaftliches Verantwortungsbewusstsein wirtschaftliche Entscheidungen noch deutlich mehr beeinflussen wird als bisher.

Mit Blick auf das Leid in der Ukraine kann ich meine Sicht nur wiederholen: Gegen Krieg zu sein, hat nichts mit Politik zu tun. Für Frieden zu sein, hat nichts mit Politik zu tun. Auch das ist schlicht und ergreifend eine Frage von Menschlichkeit.

Diese Menschlichkeit, dieses Mitgefühl zeigen zurzeit viele Sportlerinnen und Sportler überall auf der Welt. Klar, es wird die Invasion in der Ukraine nicht plötzlich stoppen. Es ist nur ein kleines Zeichen im Angesicht des Krieges. Aber es ist ein Zeichen. Und vielleicht kann dieses Zeichen einen Beitrag leisten, um den Druck auf den Kriegstreiber Putin zu erhöhen.

Einen Versuch ist es wert.

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