Die subjektive Sicht zweier Autoren auf ein Thema. Niemand muss diese Meinungen übernehmen, aber sie können zum Nachdenken anregen.
Was wird jetzt aus Neuer? Das kann doch nicht sein Ernst sein
Seit Jahren ist er das Gesicht der deutschen Nationalmannschaft. Doch Manuel Neuer ist inzwischen 38 Jahre alt. Muss der Bundestrainer handeln, wenn der Torwart nicht von sich aus geht?
Seine nahe Zukunft beim FC Bayern ist geklärt, der Vertrag läuft noch bis 2025. Unklar hingegen ist, ob es für Manuel Neuer nun nach der EM beim DFB weitergeht. "Irgendwie denke ich gar nicht ans Aufhören", hatte der 38-Jährige einen Tag vor dem Viertelfinalspiel gegen Spanien der "Welt" gesagt. "Ich glaube, es würde mich hemmen und unter Druck setzen, wenn ich mir ständig ins Gedächtnis rufen würde: 'Oh, das könnte jetzt dein letztes Turnier sein.'"
Nun ist das Turnier für Deutschland allerdings vorbei, mit Neuer im Tor hat die Nationalmannschaft das Viertelfinale gegen Spanien mit 1:2 nach Verlängerung verloren. Und der Weltmeister von 2014 bekräftigte nach dem Spiel: "Ich habe gesagt, ich mache mir nach dem Turnier Gedanken, das ist nicht heute oder morgen. Das kann ein halbes Jahr oder länger dauern."
Wie geht es also mit Neuer weiter? Ist nach 124 Länderspielen Schluss oder will er noch die WM 2026 spielen?
Bundestrainer Julian Nagelsmann hatte bereits vor der EM viele altgediente Spieler aussortiert, dafür neue Spieler dazugeholt. Dieses Mal entschied er sich noch für Neuer im Tor und setzte Marc-André ter Stegen (32) auf die Bank. Der scharrt mit den Hufen, möchte endlich die Nummer eins werden. Und das führt zu der Frage:
Sollte Nagelsmann Neuer einen DFB-Rücktritt nahelegen?
Ja, der Bundestrainer muss jetzt einschreiten
Manuel Neuer hat eine solide EM gespielt, womit nach seinen Patzern vor dem Turnier nicht zu rechnen war. Er strahlte zwar längst nicht mehr die Sicherheit vergangener Turniere aus, ein folgenschwerer Lapsus blieb ihm indes erspart. Die Heim-EM wäre also ein würdevolles Ende einer grandiosen Karriere.
Jetzt.
Bei der WM 2026 wäre Neuer 40 Jahre alt. Spätestens dann droht ihm ein Schicksal wie zahlreichen anderen Altstars, die den Absprung verpasst und sich der Lächerlichkeit preisgegeben haben.
Alarmzeichen gab es bei Neuer genug: schwerwiegende Verletzungen, Fehler, Diskussionen. Dazu kommen die Statistiken, die ihn längst nicht mehr als Toptorwart auszeichnen. Und diverse Umfragen, die belegen, dass sich eigentlich alle einen Wechsel im Tor wünschen – Fans wie Experten.
Nagelsmann, Neuer und der DFB müssen ter Stegen dankbar sein, dass er sich über Jahre in den Dienst der Mannschaft gestellt und auch bei diesem Turnier noch ohne zu murren auf die Bank gesetzt hat. Jetzt müssen sie allerdings zurückzahlen und den mittlerweile ohnehin besseren Torwart spielen lassen.
Dass sich Neuer ein halbes Jahr oder länger Zeit lassen will mit seiner Entscheidung, ist doch eine Farce. Absurd. Und respektlos gegenüber ter Stegen, dem Bundestrainer und der Nationalelf. Es drängt sich der böse Verdacht auf, dass er in erster Linie an sich denkt und ewig spielen will – so wie Portugals Cristiano Ronaldo. Das kann nicht sein Ernst sein. Und deshalb muss Nagelsmann jetzt einschreiten und ihm das Ende seiner DFB-Karriere nahelegen.
Nein, Neuer muss das selbst entscheiden
Manuel Neuer ist ein Weltstar und hat die deutsche Nationalmannschaft über viele Jahre hinweg geprägt. Er hat Deutschland 2014 zum Weltmeistertitel geführt, reihenweise Spiele im Alleingang gewonnen oder zumindest gerettet. Einer wie er muss selbst entscheiden, wann er zurücktritt – genau wie Toni Kroos oder Thomas Müller.
Und wenn sich Neuer jetzt ein halbes Jahr oder länger Zeit lassen will, soll er das tun. Nach 124 Spielen in 15 Jahren ist das ganz sicher ein angemessener Zeitrahmen.
Es wäre respektlos von Julian Nagelsmann, wenn er einem hochverdienten Führungsspieler wie ihm den Rücktritt nahelegt.
Zumal Neuer weiterhin in Topform ist, das war bei dieser EM eindeutig zu sehen. In vier Partien hat er zweimal sein Tor sauber gehalten.
Er gibt seinen Mitspielern auf dem Feld Sicherheit, hat beim FC Bayern noch einen laufenden Vertrag bis 2025. Fans und Experten können davon ausgehen, dass er für den Rekordmeister weiter als Stammtorhüter auf höchstem Niveau spielt. Auf so einen Mann darf auch der Bundestrainer künftig nicht verzichten.
Neuer ist wichtig für das DFB-Team, könnte das sicher auch noch einige Jahre sein.
Torhüter können viel länger auf höchstem Niveau spielen als Feldspieler, müssen nicht 90 Minuten rennen. Es kommt viel mehr auf die Erfahrung und gute Reflexe an. Beides hat Neuer.
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