Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Marokkos WM-Helden Einzigartige Verlierer
Das WM-Überraschungsteam Marokko ist im Halbfinale ausgeschieden. Trotz harten Kampfes hat es für die "Atlaslöwen" nicht gereicht. Dennoch sind sie mehr als nur Verlierer.
Guten Morgen aus Doha,
das Finale der WM steht fest: Argentinien trifft auf Frankreich. Der Weltmeister hat das nordafrikanische Team am Mittwochabend mit 2:0 besiegt. Nachdem es im Achtel- und Viertelfinale einige Überraschungen gegeben hatte, setzten sich im Halbfinale die Favoriten durch. Das bedeutet auch: Für Marokko ist die Reise beendet. Zumindest fast, die "Atlaslöwen" spielen noch um Platz drei gegen Kroatien. Doch der ganz große Traum wird nicht zur Realität, Weltmeister wird ein anderes Team.
Den Begriff "Weltmeister der Herzen" finde ich etwas ausgelutscht. Aber in jedem Fall hat sich Marokko einen Titel verdient. Wenn nicht Weltmeister, dann eben einen anderen. Denn was das Team von Trainer Walid Regragui bei den Menschen auf dem afrikanischen Kontinent und in der arabischen Welt bewirkt hat, ist einzigartig. Es hat ihnen einen Glauben gegeben, den Glauben an sich selbst. Wer marokkanischen Fans und Journalisten in diesen Tagen zugehört hat, merkt, was den Menschen diese Reise bedeutet hat. Afrika war auf einmal relevant im Fußball und wurde nicht mehr belächelt.
Jahrzehntelang war bei einer WM das Viertelfinale das Maximum. Der Fußball wurde gerade aus dem europäischen Ausland oft mit einer gewissen Arroganz betrachtet, weil er nicht erfolgreich war. Das ist nun Geschichte. Denn in Katar kegelte Marokko eine große Nation nach der anderen raus, ließ den WM-Dritten Belgien und den Vizeweltmeister Kroatien in der Gruppe hinter sich, schmiss die hochbegabte spanische Auswahl im Elfmeterkrimi raus und brachte Cristiano Ronaldo zum Weinen.
Übrigens: Das Tor von Theo Hernandez zum 1:0 für Frankreich in der fünften Minute war das erste Gegentor Marokkos bei diesem Turnier, das kein Eigentor war. Was für eine beeindruckende Leistung! Aber mit dem Glauben, den diese Mannschaft hatte, war es möglich. Und der wird nicht verpuffen. Trainer Regragui selbst drückte es auf einer Pressekonferenz mal so aus: "Die nächste Generation von Marokkanern weiß, dass sie alles schaffen kann."
Diese Mannschaft wuchs über sich hinaus und traute sich Dinge zu, die vor wenigen Wochen wohl noch undenkbar waren. Keine Szene beschreibt das besser, als eine Chance von Jawad El Yamiq kurz vor der Halbzeit. Der Verteidiger, der im vergangenen Jahr noch in der zweiten spanischen Liga spielte, setzte im WM-Halbfinale nach einem Standard zum Fallrückzieher an und hatte damit fast auch noch Erfolg. Eine Glanzparade von Hugo Lloris und der Pfosten verhinderten das 1:1. Wäre der Ball drin gewesen, wäre Walid Regragui wohl am wenigsten überrascht gewesen. Denn keiner glaubte so sehr an diese Mannschaft wie er.
WM-Anekdote
Können Sie ihn auch nicht mehr sehen, diesen brennenden WM-Pokal vor jedem Spiel? Ich zumindest könnte seit einigen Wochen darauf verzichten, mir die (fast) immer gleiche Show anzuschauen. Zum Eröffnungsspiel: in Ordnung. Zu den ersten Spielen in den anderen sieben WM-Stadien: okay.
Aber seitdem nervt er mich in erster Linie nur noch. Ich bin also nicht böse, ihn nur noch zweimal sehen zu müssen. Aber falls es Sie interessiert, wie der Pokal kurz nach der Show aussieht, habe ich das goldene Etwas mal nach seinem großen Auftritt fotografiert.
Heutige WM-Spiele
Heute ist spielfrei.
Weitere Hinweise
Da waren es nur noch zwei WM-Arenen: Die Partie zwischen Frankreich und Marokko war die letzte im Al-Bayt-Stadion von al-Chaur.
Während aber die meisten anderen Stadien einfach um die Hälfte ihrer Plätze reduziert werden, wird die fast 69.000 Zuschauer fassende Arena wohl in ein Fünf-Sterne-Hotel, ein Einkaufszentrum, ein Fitnessstudio und eine Mehrzweckhalle umgewandelt.
- Eigene Beobachtungen vor Ort