Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Fußball-WM Das ist der einzige Weg
Keine Fangruppe ist in Doha so stark vertreten wie die der Argentinier. Die Sehnsucht nach dem Titel ist größer denn je.
Guten Morgen aus Doha,
Zum Start möchte ich heute dort anknüpfen, wo mein Kollege mit seinem gestrigen Text aufgehört hat. Wenn wir uns morgens auf den Weg ins Medienzentrum machen, kommen wir jedes Mal an der Rezeption unseres Hotels vorbei. Und seit Tagen schon mehrt sich die Anzahl der Personen, die im Eingangsbereich für ihren Check-in Schlange stehen.
Aufgrund ihrer blau-weißen Klamotte dauert es nicht besonders lange, um herauszufinden, was der Grund ihres Besuchs ist. Die argentinischen Fans sind nach Doha gekommen, um ihre Mannschaft im Halbfinale gegen Kroatien die Daumen zu drücken. Und unser Hotel stellt, was die Anzahl an südamerikanischen Supportern angeht, keine Ausnahme dar.
Die Argentinier bildeten seit Beginn der WM die größte Fan-Gruppe, die das Turnier vor Ort begleiteten und ihre Mannschaft unterstützten. Auf den Straßen, auf den Märkten oder in den U-Bahnen tummeln sich nur so die Anhänger der Messi-Elf. Lediglich die Brasilianer oder Mexikaner konnten, was die Anzahl an Unterstützer angeht, noch mithalten. Doch die sind bekanntlich ausgeschieden.
Die Sehnsucht ist groß im Lager der "Gauchos", nach 2014, als man erst im Finale an Deutschland scheiterte, endlich wieder in einem Endspiel zu stehen und dann auch den WM-Pokal mit in die Heimat zu bringen. 36 Jahre wartet die "Albiceleste" auf den Titel. Dazu geht es im Halbfinale nun aber erst einmal gegen Kroatien, und nicht etwa den ewigen Rivalen Brasilien, was der Anspannung vor dem vorletzten Schritt zum Titel aber keinerlei Abbruch tut.
"Wir wissen, dass ein ganzes Land uns unterstützt. Aber es ist immer noch ein langer Weg", sagte Cheftrainer Lionel Scaloni am Montag. "Es wird sehr schwer gegen Kroatien, und wir dürfen uns nur darauf fokussieren." Und es passt zur Geschichte der Argentinier bei diesem Turnier, dass das Halbfinale im Lusail-Stadion stattfinden wird. Die Arena in der eigens für die WM gebauten Stadt wird als größte Arena des Turniers nicht nur das Finalstadion sein. Sie stellte sich im Laufe des Turniers auch als "Heimspielstätte" der Argentinier heraus.
So feierte man dort sowohl den so wichtigen ersten Gruppensieg gegen Mexiko als auch den dramatischen Halbfinaleinzug gegen die Niederländer. Und selbst der missratene WM-Auftakt gegen Saudi-Arabien (1:2) unterlief Argentinien dort. Der Weg zum WM-Pokal, er geht nur über Lusail.
Kroatin will erneut ins Finale
Das gilt übrigens auch für die Kroaten, die sensationell zum zweiten Mal hintereinander bei einer WM in der Runde der letzten Vier stehen. Deswegen ist die Partie heute Abend auch eine ganze besondere für meinen Kollegen Dominik Sliskovic, der mit Herzblut den Weg der "Kockasti" (Karierten) verfolgt. An dieser Stelle überlasse ich also lieber ihm das Wort, weil er doch so viel besser beschreiben kann, was der aktuelle Erfolg Kroatiens bedeutet:
"Schon der Halbfinaleinzug ist ein nicht hoch genug einzuschätzender Erfolg des kroatischen Fußballs. Denn nach 2018 zeigt der erneute Einzug in die Runde der besten vier Mannschaften der Welt, dass die WM in Russland eben doch keine Sensation, sondern das Ergebnis harter, kontinuierlicher Arbeit war. Und die zahlt sich eben manchmal doch noch aus – egal wie der Nachname geschrieben oder ausgesprochen wird. Dass Kroatien all das auch noch mit einem Kader schafft, dessen Spieler in Zagreb, Zadar, Split, aber auch im bosnischen Zenica, im österreichischen Linz und im deutschen Mainz geboren sind, macht mich als Diaspora-Kid umso stolzer. Weil diese Nationalelf eben ein Abbild Kroatiens ist. Seiner Geschichte. Seiner Probleme. Seiner Menschen.
Der Stolz auf das rot-weiß karierte Trikot ist es, was mich mit den jungen Männern auf dem Platz verbindet – weil es, sagen wir, 350 Tage im Jahr das Nächste ist, was ich meiner Heimat kommen kann. Sollte am Ende dieses Adventstraums wirklich der Weltpokal herausspringen, hätten sich nicht nur Luka Modrić und Co., sondern Kroatien als Land unsterblich gemacht. So wie es zuvor auf diese Art wohl nur Uruguay getan hat. Ein Land von nur vier Millionen Einwohnern, das die beste Fußballmannschaft der Welt stellt. Das gibt Kraft, das gibt Antrieb, das gibt Motivation."
WM-Anekdote
Auch das ist WM: Im Schatten des Al-Thumama-Stadions kümmern sich Gastarbeiter um den produzierten Müll. Die Arbeiter kauern auf dem Boden und verbringen selbst ihre Pausen auf der stinkenden Halde. Alles natürlich abgeschirmt von Fifa-Zäunen, soll ja niemand mitbekommen.
Heutige WM-Spiele
20 Uhr, Halbfinale: Argentinien gegen Kroatien
Weitere Hinweise
Zwölf Tage ist es nun her, dass das DFB-Team die Heimreise antreten musste. Manuel Neuer hat sich mittlerweile den Unterschenkel gebrochen, Hansi Flick darf weitermachen und Oliver Bierhoff ist Geschichte. Für den wird weiterhin ein Nachfolger gesucht, zuletzt brachte sich sogar Jürgen Kohler (Ja, Jürgen Kohler) ins Spiel.
Doch wer wird denn nun Bierhoffs Nachfolger? Die Antwort auf die Frage könnte sich noch ein wenig ziehen. Allerdings wird DFB-Präsident Bernd Neuendorf am Dienstag im Rahmen einer DFB-Pressekonferenz um 12 Uhr "Bilanz für das Jahr 2022" ziehen, wie es in einer Mitteilung des Verbands heißt. Fragen zu Bierhoffs Nachfolge werden unausweichlich sein.
Die WM in Katar neigt sich dem Ende entgegen. t-online ist vor Ort und berichtet über das brisanteste Turnier der Fußballgeschichte. Mit dem WM-Push verpassen Sie keine News mehr. Hier können Sie ihn abonnieren.
- Eigene Beobachtungen