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DFB | Effenberg über EM-Aus für Hummels und Goretzka: "Richtig und sinnvoll"


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EM-Aus für Hummels und Goretzka
Das darf auf keinen Fall wieder passieren

MeinungVon Stefan Effenberg

Aktualisiert am 17.05.2024Lesedauer: 5 Min.
Fehlen bei der EM: Mats Hummels (li.) und Leon Goretzka.Vergrößern des Bildes
Fehlen bei der EM: Mats Hummels (l.) und Leon Goretzka. (Quelle: IMAGO/Herbertz / Nico Herbertz/imago-images-bilder)

Bundestrainer Julian Nagelsmann verzichtet bei der EM auf zwei große Namen. Zu Recht – denn die DFB-Elf hat eine neue große Stärke, meint t-online-Kolumnist Stefan Effenberg.

Ich sage es direkt zu Beginn: Ich habe damit gerechnet, dass der deutsche EM-Kader nicht groß verändert wird. Denn mit den Nominierungen – und auch den Nicht-Nominierungen – im März hatte Bundestrainer Julian Nagelsmann ja schon ein klares Zeichen gesetzt. Daher war davon auszugehen, dass es keine großen Überraschungen gibt.

Natürlich wird jetzt aber über die Nicht-Berücksichtigung von Leon Goretzka und Mats Hummels diskutiert. Für mich ist es aber verständlich, dass Nagelsmann den Kader so zusammengestellt hat – und auch so belassen hat. Er muss auch bereits mit Blick auf die WM 2026 perspektivisch denken, die Mannschaft dementsprechend aufbauen. Daher sind seine Entscheidungen für mich richtig und sinnvoll.

Man muss sich nur mal die nominierten Innenverteidiger anschauen: Antonio Rüdiger und Jonathan Tah sind gesetzt. Tah hat für mich in dieser Saison noch mal einen Quantensprung in der Entwicklung gemacht. Nico Schlotterbeck hat sich die EM-Teilnahme ebenfalls verdient und, das muss man sagen, noch eine ganz andere Perspektive als Hummels. Diese Rückholaktion war absolut richtig. Dazu kommen dann auch noch Robin Koch und Waldemar Anton – und noch mehr Spieler auf dieser Position machen dann einfach keinen Sinn.

Auch zentrale Mittelfeldspieler haben wir genug, dazu auch noch Leute wie Joshua Kimmich, die dort zur Not spielen könnten. Bei Goretzka war diese Tendenz bei Nagelsmann absehbar – und wenn man dann noch beachtet, dass Bayern-Trainer Thomas Tuchel im Halbfinal-Rückspiel der Champions League gegen Real Madrid in der Startelf auf Aleksandar Pavlović statt Goretzka gesetzt hat, brauchte man nur eins und eins zusammenzuzählen. Das ist nachvollziehbar.

Das war genau richtig

Für die beiden ist das natürlich eine bittere Enttäuschung, aber ich glaube, dass sie ihre Chancen insgeheim schon im Vorfeld realistisch eingeschätzt haben. Es gehört übrigens zu Nagelsmanns großen Stärken, eventuelle Diskussionen über Nominierungen und Nicht-Nominierungen gekonnt zu managen und gar nicht aufkommen zu lassen. Das verläuft alles sehr geräuschlos – genauso übrigens seine Vertragsverlängerung. So eine Baustelle brauchst du nämlich während eines Turniers nicht, und dass diese bereits so zeitig und schnell geschlossen werden konnte, war genau richtig.

Ein Aspekt dieses EM-Kaders stimmt mich übrigens besonders froh: Dass wir eine große Auswahl im Angriff haben – denn genau das hat uns in der jüngeren Vergangenheit gefehlt. In den letzten ein, zwei Jahren war Niclas Füllkrug dort gesetzt, sonst gab es niemanden. Aber jetzt haben wir einen Deniz Undav, einen Maxi Beier, der für Hoffenheim ein tolles Jahr gespielt hat, auch einen Kai Havertz, der in der Mitte zurück zum Glück gefunden hat – das Experiment mit ihm auf der linken Seite hat mir überhaupt nicht gefallen. Ich bin mir sogar sicher: Havertz wird bei der EM zentral im Sturm gesetzt sein. Endlich gibt es Möglichkeiten mit verschiedenen Spielertypen, die diese Position ausfüllen können. Darauf können wir sehr stolz sein.

Im großen Ganzen aber schaue ich immer auf die Achse einer Mannschaft, die ist für mich entscheidend. Und da haben wir im Tor Manuel Neuer, in der Innenverteidigung zwei Top-Leute, dann Kapitän İlkay Gündoğan und Toni Kroos im Mittelfeld und ganz vorne Havertz. Dazu dann noch die "jungen Wilden" drumherum – das macht Vorfreude. Und: Ich habe ein gutes Gefühl dabei.

Das habe ich aber erst bei der Nominierung des Kaders für die Länderspiele im März bekommen – und erst recht dann durch die Auftritte gegen Frankreich (2:0) und die Niederlande (2:1), die so gespielt wurden, dass man wirklich Vorfreude auf das, was da noch kommen mag, verspüren konnte. Das war schließlich keine Laufkundschaft, gegen die man da gespielt hat. Da ist etwas entstanden, nicht nur bei mir, sondern bei sehr vielen.

Das hat die deutsche Mannschaft geschafft

Diese Vorfreude ist angekommen in unserem Land, da bin ich mir sicher – und diese Vorfreude muss die Mannschaft jetzt mitnehmen. Nicht nur in die beiden Vorbereitungsspiele gegen die Ukraine und Griechenland, sondern auch ins EM-Eröffnungsspiel gegen Schottland. Das musst du gewinnen. Und wenn das geschafft ist – ich will jetzt nicht vom Finale sprechen, aber zumindest das Halbfinale kann dann ins Visier genommen werden.

Aber: Einfach wird das nicht. Die Mannschaft muss jetzt weiter liefern. Ich glaube übrigens nicht, dass durch diese endlich positive Grundstimmung auch die Erwartungshaltung wächst. Ich hätte auch schon vor einem halben Jahr erwartet, dass es die deutsche Nationalmannschaft schafft, sich bis zum Turnierstart in den Kreis der Favoriten zu spielen – und das hat sie. Zwar sind Frankreich und England, wenn sie ihr Potenzial abrufen können, ganz vorne, aber dann kommen wir auf einer Stufe mit Spanien, mit Italien. Und dann wollen wir mal schauen, was dann bei einem Viertel- oder Halbfinale im eigenen Land passiert. Da kann dich so eine Euphoriewelle auch tragen. Dann ist alles möglich, besonders bei einem Heimturnier. Wir müssen uns auf keinen Fall verstecken.

Auf ein Detail schaue ich bei Turnieren immer als Erstes: Wer ist der erste Gegner, wer kommt dann, und wer wartet zum Abschluss der Gruppenphase? Die Ansetzung jetzt ist grandios für die deutsche Mannschaft: erst Schottland, für mich der schwächste Gegner, aber sehr kampfstark. Dann die unbequemen Ungarn. Und dann erst die Schweiz, die wohl die zweitstärkste Mannschaft dieser Gruppe sind. Das spielt uns in die Karten. Du hättest nicht gerne zum Auftakt gegen die Schweiz, dann gegen Ungarn und als Letztes gegen die Schotten gespielt.

Abseits von der Kaderzusammenstellung war auch die Art der Bekanntgabe der Nominierungen Diskussionsthema. Ich persönlich fand es witzig. Man hält den DFB normalerweise für angestaubt, aber da hat der Verband mal das Gegenteil bewiesen. Ein weiteres Zeichen für diesen laufenden Umbruch.

Ich bin mir auch ziemlich sicher, dass sie aus den Erfahrungen der letzten Turniere gelernt haben, die Fans wieder näher an sich heranzulassen. Das war in der Vergangenheit ein Riesenproblem, ein wirklich katastrophales Verhalten. Ich sage jetzt: Das darf auf keinen Fall wieder passieren. Keine verschlossenen Türen, keine Mauer, kein Zaun zwischen Mannschaft und Fans. Das sollten sie nicht tun, und das werden sie auch nicht tun. Da vertraue ich auf Rudi Völler, dass er das erkennt und darauf achtet. Das ist ein ganz entscheidender Faktor, vor allem im eigenen Land.

Transparenzhinweis
  • Stefan Effenberg ist Botschafter des FC Bayern München und sagt dazu: „Ich repräsentiere den FC Bayern, insbesondere im Ausland. Mein Engagement hat keinen Einfluss auf meine Kolumnen bei t-online. Hier setze ich mich weiterhin kritisch und unabhängig mit dem Fußball auseinander — auch und insbesondere mit dem FC Bayern.“
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