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"Sünde": Warum weibliche Fußballfans im Iran zum Streitfall werden


Frauen dürfen ins Stadion
"Sünde": Warum weibliche Fans im Iran zum Streitfall werden

Von t-online, dpa
17.10.2018Lesedauer: 3 Min.
Nach 37 Jahren: Im Iran dürfen Frauen wieder in Fußballstadien.Vergrößern des BildesNach 37 Jahren: Im Iran dürfen Frauen wieder in Fußballstadien. (Quelle: Sven Simon/imago-images-bilder)

Es ist ein historischer Moment für den Iran: Seit fast 40 Jahren dürfen Frauen wieder in Fußballstadien. Während die Spieler die Entwicklung begrüßen, ist das für andere eine "Sünde".

Zum ersten Mal nach mehr als drei Jahrzehnten haben Frauen ein Länderspiel der iranischen Fußball-Nationalmannschaft im Stadion verfolgen dürfen. Die Freude im Land über ein Umdenken beim Länderspiel gegen Bolivien hielt aber nicht einmal 24 Stunden an. Obwohl die wenigen Zuschauerinnen von den zuständigen Behörden ausgewählt worden waren, beschwerte sich die Staatsanwaltschaft über ihren Zugang ins Asadi-Stadion. "Das Verbot hat nichts mit Fußball zu tun, sondern es handelt sich um eine Sünde", sagte Generalstaatsanwalt Mohamed Dschafar Montaseri am Mittwoch.

Die "Sünde" sind "halbnackte Männer"

Die Sünde besteht seiner Meinung nach darin, dass Frauen mit den Spielern "halbnackte Männer" zu sehen bekommen – und dies gehe laut Islam gar nicht. Daher habe die Staatsanwaltschaft Ermittlungen eingeleitet und werde nächstes Mal konsequent eingreifen, so der Kleriker nach Angaben der Nachrichtenagentur "Mehr".

Die Argumentation des Generalstaatsanwalts für ein Stadionverbot ist neu. Der erzkonservative Klerus im Land war bis jetzt der Ansicht, dass islamische Frauen bei frenetischen männlichen Fans, die möglicherweise vulgäre Slogans von sich geben, nichts zu suchen hätten. Bemühungen des iranischen Fußballverbandes, des Sportministeriums und sogar von Präsident Hassan Ruhani diesen Standpunkt zu ändern, hatten bislang wenig Erfolg.

100 Frauen im Stadion

Nach Angaben der Nachrichtenagentur Isna waren beim Spiel Iran gegen Bolivien ungefähr 100 Frauen im Teheraner Asadi Stadion. Unter ihnen Angehörige der Spieler, weibliche Angestellte des iranischen Fußballverbandes und Mitglieder der iranischen Frauen-Nationalmannschaft. Ihnen wurde eine Tribüne neben dem VIP-Bereich zur Verfügung gestellt. Dort waren zur Vorsicht auch ungefähr ein Dutzend Polizistinnen stationiert, damit die Besucherinnen nicht von männlichen Fans belästigt werden können.

Fotografen vor Ort berichteten, dass die Frauen vor lauter Aufregung, dass sie nach so vielen Jahren im Stadion sein dürfen, mehr mit Selfies beschäftigt waren als mit dem Spiel. Danach sorgten sie aber mit "Iran! Iran!"-Rufen aber für viel Stimmung – weitaus mehr als die 12.000 männlichen Zuschauer bei dem eher bedeutungslosen und langweiligen Länderspiel. Und sie bejubelten die beiden Tore der Gastgeber beim 2:1-Sieg.

"Die Anfeuerungen der Frauen waren in der Tat sehr interessant", sagte Irans portugiesischer Nationaltrainer Carlos Quiroz. Für ihn könne dies "der Beginn einer neuen Ära" im Iran werden, die er sehr begrüße. Der gleichen Meinung ist auch Nationalspieler Hossein Mahini. "Hoffentlich gehört euch (Frauen) bald die Hälfte des Asadi-Stadions", twitterte der derzeit verletzte Außenverteidiger. Die Arena hat 100.000 Plätze.


Auch in den iranischen Medien fand die Anwesenheit der Frauen im Stadion ein positives Echo. "Ein Schritt nach vorne", so lautete die Schlagzeile auf der Titelseite der renommierten Tageszeitung "Etemad". Die Medien kritisierten aber, dass vielen weiblichen Fans der Zugang zum Fußball verweigert wurde. Auf Twitter beschwerten sich daher auch Dutzende von jungen Frauen, dass sie nicht hineindurften, obwohl es auf der Frauentribüne ausreichend Sitze gab.

Frauen erstmals seit 1981 im Stadion

Während der WM in Russland durften Frauen für die Iran-Spiele erstmals seit 1981 ins Asadi-Stadion − zum Public Viewing. Für viele im Land ist ein Stadionverbot für weibliche Zuschauer im 21. Jahrhundert nicht mehr tragbar – aber der Klerus beharrte weiterhin darauf.

Verwendete Quellen
  • dpa
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