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U21-Trainer Antonio Di Salvo mahnt: "Wenn das fehlt, wird es schwierig"


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U21-Trainer über Jugendarbeit
Was läuft falsch bei den Bundesliga-Topklubs, Antonio Di Salvo?

  • Noah Platschko
InterviewVon Noah Platschko

03.06.2022Lesedauer: 5 Min.
Antonio Di Salvo: der 42-Jährige ist seit September 2021 Trainer der deutschen U21-Nationalmannschaft.Vergrößern des Bildes
Antonio Di Salvo: der 42-Jährige ist seit September 2021 Trainer der deutschen U21-Nationalmannschaft. (Quelle: Sven Simon/imago-images-bilder)

Fünf seiner ersten sechs Spiele mit der deutschen U21 hat Antonio Di Salvo gewonnen. Jetzt geht es in der EM-Quali gegen Ungarn und Polen. t-online erklärt er im Vorfeld, was wirklich wichtig ist bei der Arbeit mit dem DFB-Nachwuchs.

Lediglich einen Punkt braucht die deutsche U21 noch, um sich für die EM 2023 in Rumänien und Georgien zu qualifizieren. Diesen will sie schon am Freitag im Heimspiel in Osnabrück gegen Ungarn holen.

Zuvor konnte t-online mit dem Mann sprechen, der die Mannschaft erst als Co. unter Stefan Kuntz und nun selbst als Cheftrainer betreut: Antonio Di Salvo. Im Interview erklärt der 42-Jährige die Wichtigkeit eines Psychologen, spricht über die Toptalente im Team sowie die intrinsische Motivation seiner Spieler.

t-online: Herr Di Salvo, aus den Top 4 der Bundesliga stehen im aktuellen Aufgebot mit Luca Unbehaun, Youssoufa Moukoko (beide BVB) und Ansgar Knauff (BVB-Leihgabe an Frankfurt) nur drei Spieler. Was läuft falsch in der Jugendarbeit der Bundesliga-Spitzenteams?

Antonio Di Salvo: Unsere Spieler brauchen Spielpraxis auf dem höchsten Niveau. Aber sie müssen sich diese eben auch verdienen. Sie stehen im Wettbewerb mit älteren Profis, aber auch mit denen aus dem Ausland. Sie müssen Gas geben und auch mal mehr tun als gestandene Profis. Sie müssen intrinsisch motiviert sein, sich verbessern zu wollen. Wenn das fehlt, wird es eben schwierig.

Das klingt sehr kritisch.

Es geht nicht darum, jemanden zu kritisieren. Aber die jungen Spieler können sich mehr von gestandenen Profis abgucken als die Information, wo man coole Schuhe bestellt. Wie verhält er sich nach oder vor dem Training? Was macht er zusätzlich? Ich verstehe die Ungeduld, aber wenn es bei einem absoluten Topklub der Bundesliga nicht reicht, ist immer auch eine Ausleihe eine gute Option.

Wie zum Beispiel im Fall von Ansgar Knauff, der zuletzt bei der Frankfurter Eintracht durchstartete.

Er ist ein Positivbeispiel und einer, der seine Wohlfühloase und sein bekanntes Umfeld verlassen hat und sich jetzt beweisen muss – und das nun bei einem Team, das international sehr erfolgreich ist. Spielpraxis ist das A und O, manchmal muss das Umfeld – die Vereine oder die Berater – auch geduldiger sein. Dann ist es besser, einen Vertrag bei einem Zweitligisten zu unterschreiben, als bei einem Topklub, der mit Geld lockt, aber keine Spiele garantiert.

Bei Knauff läuft es in Frankfurt, er holte mit der SGE die Europa League. Andere Spieler stagnierten zuletzt, auch aufgrund weniger Spielzeit in der Liga, in ihrer Entwicklung. Beispielsweise die beiden Stuttgarter Mateo Klimowicz und Roberto Massimo, die nicht im Aufgebot stehen.

Mit Mateo Klimowicz war ich Ende 2021 zuletzt im Austausch. Er war sowohl bei Stefan Kuntz als auch bei mir im Fokus, hat sich aber mittlerweile dazu entschieden, für Argentinien spielen zu wollen. Bei Roberto Massimo lief es zuletzt leider nicht gut beim VfB, er kam aber zumindest bei den Amateuren zu ein paar Einsätzen.

Die Psyche ist gerade bei jungen Spielern ein wichtiger Faktor. Mit Christoph Herr haben auch Sie einen Psychologen im Team, der auf Spieler, bei denen es im Verein vielleicht nicht so gut läuft, unterstützend einwirken kann.

Wenn man mit Sportpsychologen zusammenarbeitet, ist Vertrauen zueinander die wichtigste Basis. Es gibt einige Spieler, die bereits in ihren Vereinen konkrete Zugangspersonen haben – aber eben nicht alle. Christoph ist dazu da, zu beobachten und darauf zu achten, wer möglicherweise ein Gespräch braucht und sucht. Wir sind in sehr engem Austausch mit den Spielern, was bestimmte Module angeht, und fragen sie, was sie interessiert.

Als Lukas Podolski damals wenig Spielpraxis beim FC Bayern erhielt, war immer die Rede von der "Wohlfühloase" Nationalmannschaft. Unter Joachim Löw blühte er auf.

Wir wollen solch ein angenehmes Klima schaffen. Eine Atmosphäre, die die Jungs gerne zu uns kommen lässt und dazu führt, dass sie ihre besten Leistungen abrufen können.

Welche Rolle soll dabei die neue DFB-Akademie in Frankfurt einnehmen, die Ende Juni offiziell eröffnet wird?

Mit dem Campus wurde ein Ort geschaffen, an dem wir alle zusammenkommen können. U-Mannschaften, Trainer, auch der administrative Bereich. Ich freue mich sehr auf die offizielle Eröffnung, weil wir uns erhoffen, bestimmte Themen schneller voranzutreiben. Das wird richtig gut. Die Bedingungen sind optimal, um den deutschen Fußball in eine erfolgreiche Zukunft zu führen.

Gibt es schon einen konkreten Termin, wann Sie mit Ihrer Mannschaft dort aufschlagen werden?

Den gibt es noch nicht, weil wir auch an eigene Termine gebunden sind und während diesen auch schon andere Teams dort gastieren. Es ist aber unser Ziel, relativ zeitnah die Vorzüge des Campus zu nutzen.

Joti Chatzialexiou, sportlicher Leiter der deutschen Nationalmannschaften, sprach kürzlich von einer veränderten Herangehensweise bei der Ausbildung der Spieler. Weg von Selektion, hin zur Ausbildung. Wie soll das in der Praxis funktionieren?

Eine Selektion ist nicht zu verhindern. Aber es muss unser Ziel sein, noch akribischer mit dem uns zur Verfügung stehenden Talentpool an U-Spielern zu arbeiten – und diese auch gezielt zu verbessern. Da geht es auch um Detailarbeit, um Positionsspezifiken. Wie kann ein Innenverteidiger lernen, Vertikalpässe druckvoller zu spielen? Wie kann ein Stürmer seine Schussposition optimieren, um effizienter vor dem Tor zu sein? Da helfen uns neben den bereits eingeführten positionsspezifischen Programmen auch bestimmte Technologien, die in der Akademie für uns bereitstehen. Das wollen und werden wir nutzen.

Seit September 2021 sind Sie als Cheftrainer der U21 verantwortlich, Von sechs Spielen konnten Sie und Ihre Mannschaft bislang fünf gewinnen. Was schießt Ihnen aber durch den Kopf, wenn Sie an Großaspach denken?

Ich denke an eine schmerzhafte Niederlage. Im Spiel gegen Polen lief zwar viel gegen uns, aber es war eine verdiente, klare Pleite.

Ihre Mannschaft verlor das EM-Qualifikationsspiel vergangenen November mit 0:4, lag nach 14 Minuten bereits mit 0:3 zurück.

Das war ein Rückschlag, keine Frage. Aber einer mit Lerneffekt. Wie konzentriert haben wir zu Anpfiff zu sein? Mit welcher Intensität müssen wir in Pflichtspielen in Zweikämpfe gehen? Die Pleite tat weh, ist für eine sich im Aufbau befindende Mannschaft aber wichtig, wenn sie die richtigen Lehren daraus zieht.

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Apropos Aufbau einer neuen Mannschaft: Bei der U21-EM im vergangenen Jahr in Slowenien holte die U21, noch mit Ihnen als Co-Trainer, den Titel. Fünf Profis aus der Final-Startelf sind nicht mehr bei der U21, sondern Kandidaten für die Männer-WM 2022 in Katar.

Das ist doch fantastisch. Wir freuen uns über jeden Spieler, der den Sprung zum A-Team schafft. Ich denke an Anton Stach und David Raum, die, um sich zu entwickeln, auch mal einen Schritt zurückgegangen sind. Sie haben beide bei ihren Vereinen Vertrauen bekommen – und das zahlt sich jetzt aus.

Der Neu-Dortmunder Karim Adeyemi oder auch Leverkusens Florian Wirtz sind der U21, obwohl sie dort noch spielberechtigt sind, bereits entwachsen.

Ich zähle auch noch Jamal Musiala dazu. Das sind absolute Ausnahmespieler, die über extreme, individuelle Stärken verfügen. Solche Offensivkräfte wünscht sich jeder Trainer der Welt. Es ist doch schön, dass nun Bundestrainer Hansi Flick von ihren Qualitäten profitieren kann.

Wie schätzen Sie die Chancen Ihres Kapitäns Jonathan Burkardt ein, noch für Katar nominiert zu werden?

Jonny hat es geschafft, körperlich zuzulegen. Er war früher sehr verletzungsanfällig, hat sich nun aber an die Bedingungen im Profifußball angepasst. Auch die Kapitänsbinde bei uns hat ihm einen Schub gegeben. Er macht es aktuell sehr gut und ich würde ihm wünschen, dass es für Katar reicht. Falls nicht, ist es für mich nur eine Frage der Zeit, wann er oben ankommt.

Verwendete Quellen
  • Interview mit Antonio Di Salvo
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