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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Diskussion im Sport1-"Doppelpass" Fehlt dem DFB-Team ein echter Mittelstürmer?
Am Samstag konnte Deutschland gegen Portugal den ersten EM-Sieg einfahren. Die Tore erzielten aber keine echten Stürmer. Eine Position, die im Kader der DFB-Elf fehlt, sagt t-online-Kolumnist Effenberg.
Nach dem enttäuschenden EM-Auftakt gegen Weltmeister Frankreich diskutierte Fußball-Deutschland, ob Löw auf die richtige Elf gesetzt hatte. Gerade die fehlende Durchschlagskraft in der Offensive wurde bemängelt. Gegen Portugal zeigte die DFB-Elf eine bessere Leistung und setzte sich mit 4:2 durch. Die Tore erzielte aber der Gegner, ein offensiver Mittelfeldspieler und ein Linksverteidiger. Ohne einen echten Mittelstürmer vom Typ Klose wird es für die Nationalmannschaft in Zukunft schwer, Erfolge zu feiern, meint t-online-Kolumnist Stefan Effenberg.
Über diese These diskutierte am Sonntag auch die Expertenrunde im Sport1-"Doppelpass". Mit dabei waren neben Effenberg auch Sport1-Experte Mario Basler, Ex-Nationalspieler Steffen Freund, Comedian Matze Knop, Journalist Raphael Honigstein sowie Moderator Thomas Hellmer.
"Wir bilden keine Mittelstürmer richtig aus"
Ein klassischer Stürmer wie sie der DFB in den 90ern mit Völler oder Bierhoff hatte, fehlten dem DFB-Team, bekräftigte Effenberg in der Runde. Statt auf solche Spielertypen zu setzen, hätte sich die Philosophie im Nachwuchs geändert: "Wir spielen jetzt mit falscher Neun, wir brauchen jetzt nicht mehr diesen Stoßstürmer". Mario Basler sah das ähnlich: "Es wird ja immer seltener geflankt, weil diese großen Stürmer vorne fehlen."
Auch Steffen Freund stimmte zu und sagte mit Bezug auf seine Zeit als Junioren-Nationaltrainer (2008 bis 2012): "Wir bilden keine Mittelstürmer richtig aus, auch beim DFB nicht". Dabei sei es wichtig, einen solchen Typ in der Mannschaft zu haben, um auch die Teamkollegen zu unterstützen: "Ein Müller ist doch am besten, wenn Lewandowski da ist".
Alle anderen Mannschaften, die bei der EM mit um den Titel spielen, hätten einen echten Stürmer im Kader, bemerkte Effenberg: "Belgien mit Lukaku, England mit Kane, Immobile in Italien, Benzema in Frankreich – das sind Stürmer, die dann zwei, drei Verteidiger binden. Den haben wir nicht, diesen Spielertyp. Miro Klose war der letzte, der dir drei, vier Tore garantiert bei einem solchen Turnier."
"Dann stell ihn doch da hin, wo er Tore machen kann"
Zwar müsse Löw bei der EM mit dem Kader arbeiten, den er zur Verfügung hat, doch in Zukunft könnte es ohne einen Typ wie Klose schwerer für die DFB-Elf werden.
Journalist Honigstein betonte, dass die Problematik beim DFB schon bekannt sei, es aber schwer sei, die richtigen Talente zu finden, die diese Rolle ausfüllen können. Bei der EM ginge es jetzt vor allem darum, mit den vorhandenen Spielern die richtigen Abläufe zu trainieren, was in den vergangenen drei Jahren nicht passiert sei, aber: "Es findet sich so langsam. Dass ein Müller weiß, wie er mit einem Havertz spielen muss, dass sich ein Serge Gnabry besser bewegt hat", seien positive Zeichen.
Comedian Knop wunderte sich unterdessen, warum der einzige Stürmer im Kader beim Spiel gegen Frankreich nicht in die Offensive beordert wurde. "Gegen Frankreich kam irgendwann Kevin Volland rein". Dieser habe aber weiter hinten gespielt. "Wenn du schon den Spieler bringst, dann stell ihn doch da hin, wo er ein Tor machen kann und nicht nach hinten."
- Stimmen aus dem Sport1-"Doppelpass", 20 Juni 2021