UEFA Europa-Tourismus im Europacup: Königsklasse als Risikospiel
Berlin (dpa) - Der FC Bayern muss auf dem Weg zum erhofften erneuten Triumph in der Königsklasse vorerst keine Umwege machen. Die Münchner können zum Hinspiel bei Lazio Rom nach Italien reisen.
Viele andere Clubs wie RB Leipzig, Borussia Mönchengladbach oder die TSG 1899 Hoffenheim sind bei ihren Hinspielen im Achtelfinale der Champions League und der Zwischenrunde der Europa League aber von den Reiserestriktionen betroffen. Der Fußball-Europacup wird weiter von der Corona-Pandemie massiv beeinflusst. Die UEFA will ihre Wettbewerbe unbedingt schützen.
Wieso darf RB Leipzig sein Heimspiel nicht in Deutschland bestreiten?
Großbritannien ist seit dem 13. Januar vom Robert Koch-Institut als "Virusvarianten-Gebiet" eingestuft, wo die Gefahr der Corona-Mutationen besonders hoch ist. Es gibt strenge Reiserestriktionen. Deshalb verweigerten die Behörden dem englischen Meister FC Liverpool mit Trainer Jürgen Klopp auch eine Sondergenehmigung zur Einreise nach Deutschland. Die Partie findet nun am 16. Februar (21.00 Uhr/Sky) in Budapest statt. Nach Ungarn dürfen beide Teams einreisen.
Wer ist bislang noch von Reiseregularien betroffen?
Die UEFA hat auf ihrer Homepage extra eine Übersicht eingerichtet. Insgesamt sind drei Königsklassenpartien und vier Duelle in der Europa League betroffen, also fast ein drittel aller Hinspiele der nächsten Runde. Hinzu kommt noch das Europa-League-Rückspiel des FC Arsenal gegen Benfica Lissabon in Piräus.
In der Champions League spielt auch Borussia Mönchengladbach gegen Manchester City in Budapest. Atlético Madrid spielt sein Heimspiel in Bukarest gegen den FC Chelsea. Im kleinen Europacup muss Hoffenheim nicht nach Molde, sondern zum Duell gegen die Norweger in die entgegengesetzte Richtung ins spanische Villarreal. In Turin, Rom und Budapest finden die Spiele von Manchester United (San Sebastian), Arsenal (Benfica) und Tottenham (Wolfsberg) statt.
Wie verhält sich die UEFA zu dem Thema?
Europas Kontinentalverband hat sich seine eigenen Corona-Regularien geschaffen. Im sogenannten Protokoll zur Wiederaufnahme des Spielbetriebs sind alle Hygienemaßnahmen vorgeschrieben. Im Annex K zu den Wettbewerbsregularien sind die Verantwortlichkeiten für die Clubs für die Austragungsorte fixiert. Heimclubs müssen dafür sorgen, dass sie einen Ort finden, zu dem der Gastverein anreisen kann. Gelingt dies nicht, wird die Partie mit 3:0 für den Kontrahenten gewertet.
Anhand dieser Regularien verfährt die UEFA total pragmatisch. Letztlich geht es nur darum, dass die Wettbewerbe gespielt werden können - Absagen würden Renommee kosten und vor allem ganz viel Geld. Allerdings loben betroffene Clubs wie Leipzig auch die Hilfe des Verbandes bei administrativen Fragen.
Wird es wieder Finalturniere an einem Ort oder einer Region wie im August 2020 geben?
Geplant ist das derzeit nicht. Aber auszuschließen ist es auch nicht. Alles hängt von der Entwicklung der Pandemie ab. Verschlechtert sich die Lage und wird die Austragung von Viertelfinale und Halbfinale im April und Anfang Mai nicht möglich sein, wäre eine Turnierwoche Ende Mai wieder eine attraktive Notlösung. Nordrhein-Westfalen (Europa League) und Lissabon (Champions League) hatten als Gastgeber im vergangenen Sommer bewiesen, wie sportlich reizvoll diese Variante sein kann. Stand jetzt finden die Endspiele aber am 26. Mai in Danzig (Europa League) und 29. Mai in Istanbul (Champions League) statt.
Wie sind die Chancen der deutschen Clubs auf die nächste Runde?
Der FC Bayern ist gegen Lazio Rom natürlich Favorit auf den Einzug ins Viertelfinale. Auch RB Leipzig kann sich gegen den FC Liverpool berechtigte Hoffnungen machen. Die Reds stecken mit Trainer Jürgen Klopp seit Wochen in der Formkrise und drohen in der Premier League sogar aus den Plätzen zur Königsklasse zu fallen. Borussia Mönchengladbach hat es gegen das derzeit überragende Manchester City um Nationalspieler Ilkay Gündogan sicher schwer. Borussia Dortmund muss sich angesichts der mäßige Form gegen den spanischen Vertreter FC Sevilla steigern. In der Europa League sollte für Hoffenheim gegen Molde und Leverkusen gegen Young Boys Bern das Achtelfinale drin sein.
Was hat es mit der neuen Conference League auf sich?
Ab der kommenden Saison wird in einem zusätzlichen UEFA-Wettbewerb gespielt - für die deutschen Clubs hat das schon jetzt Auswirkungen. Grundsätzlich zieht der Sechste der Abschlusstabelle nicht mehr in die Europa League, sondern in die drittklassige Conference League ein. Steht der Pokalsieger unter den ersten sechs, reicht auch Platz sieben für die dritte europäische Spielklasse. An der Qualifikation der ersten vier Clubs für die Gruppenphase der Champions League ändert sich nichts. Der Tabellenfünfte sowie der Pokalsieger (oder der Sechste) stehen in der Gruppenphase der Europa League, in der nur noch 32 Teams spielen.
In der Conference League, an der ebenso 32 Mannschaften teilnehmen, müssen alle Club zunächst durch die Qualiphase. Gespielt wird dann in acht Vierergruppen. Für das Achtelfinale qualifizieren sich die Gruppenersten sowie die Sieger von Playoffs der Gruppenzweiten und den acht drittplatzierten Teams der Europa-League-Gruppenphase.
Wie sieht die Zukunft der Champions League aus?
Im Hintergrund wird an einer großen Reform ab 2024 gearbeitet. Favorisiert wird von der UEFA mehreren Berichten zufolge ein neues Ligasystem mit möglicherweise 36 Mannschaften. Das würde die Zahl der Spiele deutlich erhören - und mehr Geld in die Kassen der UEFA und damit der Clubs spülen. Gespielt würde dann erst gegen zehn Gegner eingeteilt nach Leistungsklassen, die Qualifikation für die K.o.-Runde würde anhand der Tabelle aller Vereine bestimmt werden. Beschlossen ist das neue Format noch nicht, eine Entscheidung könnte bis zum UEFA-Kongress im April fallen.