Kult-Kicker Bitteres Ende droht: Spaßvogel Pizarro tritt ab
Bremen (dpa) - Den Spaß hat Claudio Pizarro auch in der derzeit so ernsten Lage bei Werder Bremen nicht verloren.
Vor dem Spiel gegen seinen Ex-Club Bayern München lachte und feixte der Peruaner vor einer Woche beim Warmmachen mit seinen Teamkollegen, als stünden die Grün-Weißen irgendwo im gesicherten Mittelfeld und nicht kurz vor dem ersten Abstieg aus der Fußball-Bundesliga seit 40 Jahren. Pizarro ist eben Pizarro. Fast immer gut gelaunt, für jeden Spaß zu haben. "Ein absoluter Menschenfänger", wie sein früherer Bremer Trainer Thomas Schaaf in der NDR-Dokumentation "Claudio Pizarro: Alles außer gewöhnlich" sagte.
Seinen Abschied von der großen Fußball-Bühne hatte sich der ausländische Profi mit den meisten Einsätzen in der Bundesliga natürlich komplett anders vorgestellt. Eigentlich war am Samstag im Bremer Weserstadion eine rauschende Party vorgesehen. Vor vollem Haus wollte sich der 41-Jährige in seinem dann 490. Bundesliga-Spiel verabschieden, nach Möglichkeit mit dem Einzug in den Europapokal.
Doch nun droht große Tristesse im Stadion am Osterdeich, das Pizarro selbst als sein "Wohnzimmer" bezeichnet. Geschieht nicht noch eines dieser Wunder von der Weser, steigt Werder am Samstag aus der Ersten Liga ab. Und das wegen der Corona-Krise auch noch ohne Zuschauer. Es wäre das bitterste aller möglichen Enden einer außergewöhnlichen Karriere.
"Natürlich hätte Claudio etwas anderes verdient", sagte Werder-Coach Florian Kohfeldt bereits vor einigen Wochen. Kohfeldt war einer der Gründe dafür, warum Pizarro vor zwei Jahren ein fünftes Mal an die Weser wechselte. Viele Experten hielten den Transfer damals für einen reinen PR-Gag, doch Pizarro unterstrich mit seinen Toren noch einmal seinen Wert für die Grün-Weißen. Immer wenn der Stürmer an der Seitenlinie zur Einwechslung bereit stand, ging ein Raunen durch das Weserstadion. Fünf Treffer erzielte Pizarro noch und fühlte sich so gut, dass er noch eine weitere Spielzeit dranhängte.
Im Rückblick vielleicht ein Fehler. Denn in dieser für Bremen so verkorksten Saison spielte Pizarro keine Rolle mehr. Immer wieder wurde der Publikumsliebling von Verletzungen zurückgeworfen. Zuletzt musste er sich sogar für 14 Tage in häusliche Quarantäne begeben, weil seine Tochter positiv auf Corona getestet worden war. Ein Moment, in dem selbst dem stets fröhlichen Pizarro für einen Moment das Lachen verging. "Das war keine einfache Zeit", räumte er ein.
Den größten Teil seiner Karriere hatte Pizarro aber Grund zur Freude. Sechs deutsche Meisterschaften, sechs Pokalsiege und als Krönung 2013 mit Bayern München die Champions League - Pizarro blickt auf eine Karriere zurück, die ihm nur wenige zugetraut hätten, als ihn der damalige Bremer Geschäftsführer Jürgen L. Born 1999 für damals 1,6 Millionen Mark von Alianza Lima an die Weser holte.
Zusammen mit dem Brasilianer Ailton bildete er ein Traum-Sturmduo und spielte sich in die Herzen der Bremer Fans. Nach zwei Jahren mit 29 Toren zog es ihn zum FC Bayern nach München, das in den folgenden Jahren zu seiner zweiten Heimat wurde. Noch heute lebt seine Familie an der Isar, nach dem Ende seiner Karriere soll München der Mittelpunkt der Pizarros werden. Eine Rolle als Markenbotschafter der Bayern ist sehr wahrscheinlich.
Doch auch in Bremen werden sie Pizarro, der außerdem noch für den FC Chelsea und den 1. FC Köln spielte, nie vergessen. Aufsichtsratsboss Marco Bode bezeichnete den Peruaner als "Gesamtkunstwerk". "Die Bremer Fans werden ihn immer im Herzen tragen." Dass er sich nicht im Stadion von seinen Anhängern verabschieden kann, schmerzt Pizarro, 197 Mal in der Bundesliga erfolgreich. Doch wenn Corona irgendwann überstanden ist, wird es sicher noch eine rauschende Abschiedsveranstaltung geben.
Und vielleicht ist die Partie am Samstag ja auch noch gar nicht seine Letzte. "Pizarro trifft für uns in der 90. Minute zum Sieg und Düsseldorf verliert bei Union Berlin", orakelte Bremens langjähriger Manager Willi Lemke unlängst. Dann würde sich Werder in die Relegation retten und Pizarro hätte sich endgültig ein Denkmal am Osterdeich verdient.