Interessenvertretung Fußball-Profis gründen neues Bündnis
Berlin (dpa) - Mittendrin statt nur dabei: Ein neues Bündnis mit prominenter Besetzung will dafür sorgen, dass Fußballerinnen und Fußballer bei zukünftigen Entscheidungen von Clubs und Verbänden stärker einbezogen werden.
Der "Kicker" berichtete über die Interessenvertretung, der unter anderen Ex-Weltmeister Mats Hummels von Borussia Dortmund, Sven Bender von Bayer Leverkusen, Neven Subotic von Union Berlin und Alexandra Popp vom VfL Wolfsburg angehören.
"Ich finde es wichtig, dass Spieler eine Stimme bekommen - und zwar über die 1. Bundesliga hinaus", sagte Hummels dem "Kicker". "Wir wurden zuletzt oft übergangen, umso nötiger ist es, dass wir künftig unsere Stimme aktiv einbringen." Das Netzwerk will demnach noch in dieser Woche an die Öffentlichkeit gehen.
Auslöser für die Gründung jetzt war offensichtlich auch der Umgang mit den Spielern in der Corona-Krise. Sören Gonther von Erzgebirge Aue sagte: "Wenn es eine Taskforce Fußball gibt, muss an diesem Tisch ein Spieler sitzen. Und wenn man über ein Hygiene-Konzept redet, müssen Spieler dazu befragt werden. Das darf nicht über unsere Köpfe hinweg entschieden werden."
Die Deutsche Fußball Liga teilte auf Anfrage mit, bereits mit dem Bündnis in Kontakt zu stehen. "Der Austausch kann für beide Seiten wertvoll sein – unter Beachtung der Tatsache, dass die Spieler der Bundesliga und 2. Bundesliga bei den 36 Proficlubs angestellt sind, welche als Mitglieder in ihrer Gesamtheit die DFL bilden", hieß es von der Dachorganisation.
Augsburgs Torwart Andreas Luthe erklärte: "Es gibt drei Player in der Bundesliga, die DFL als Dachorganisation, die Vereine und die Spieler. Die Maßnahmen werden aber nur von zwei Playern beschlossen. Wir als Spieler sind ganz, ganz hinten in der Kette und haben dafür zu sorgen, dass Fußball gespielt wird."
Der Zusammenschluss ist der nächste Schritt einer bemerkenswerten Entwicklung der vergangenen Wochen und Monate. Im Zuge der Corona-Krise und der massiven Proteste gegen Rassismus und Polizeigewalt hatten sich etliche Profis mit klaren Worten und starker Haltung öffentlich positioniert und ihre Bekanntheit genutzt. Die Nationalspieler Joshua Kimmich und Leon Goretzka riefen beispielsweise die Hilfsaktion "We kick Corona" ins Leben und sammelten mehr als fünf Millionen Euro.
"Ich denke, es ist ein gutes Zeichen, wenn Spieler ihre Meinung kundtun", sagte Oliver Glasner, Trainer des VfL Wolfsburg. "Wir verlangen von den Spielern, dass sie Verantwortung auf dem Platz übernehmen und dass sie sich als Vorbilder erklären: gegen Rassismus zum Beispiel. Wenn sie Einfluss auf die Zukunft des Fußballs nehmen wollen, begrüße ich das sehr."
Auch Christian Streich, Coach des SC Freiburg, äußerte sich sehr positiv über die Entwicklung. "Es ist gut, wenn sie sich organisieren und positive Ziele damit verfolgen. Politisches Engagement ist eine Grundvoraussetzung einer funktionierenden Demokratie", sagte Streich: "Man muss es begrüßen und gut finden."
Die Vereinigung der Vertragsfußballspieler hofft auf eine Zusammenarbeit. "Unser Ziel ist es, die Spielerrechte weiter zu stärken und den aktiven Spielern die Möglichkeit zu geben, sich selbst stärker mit ihren Meinungen einzubringen. Vor diesem Hintergrund ist es grundsätzlich sehr zu begrüßen, dass aktive Spieler nun verstärkt bereit sind, sich einzubringen", sagte VDV-Vizepräsident Carsten Ramelow der Deutschen Presse-Agentur.
Die führenden Köpfe des Bündnisses seien "größtenteils gestandene VDV-Mitglieder und im Austausch mit uns", betonte der Vize-Weltmeister von 2002: "Wichtig ist aber jetzt, dass wir den Schwung mitnehmen und sich möglichst alle Spieler in der VDV vereinigen. Denn die Erfahrungen aus dem Ausland zeigen ganz klar, dass ein solcher Prozess nur erfolgreich sein kann, wenn er in geordneten Bahnen durch die Spielergewerkschaft durchgeführt wird. Die Zeit ist jetzt reif für Verbesserungen", meinte Ramelow. "Diese Chance sollten wir gemeinsam nutzen."