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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Zweifel an Bayern-Star wachsen Plötzlich verzichtbar
Im Rückspiel gegen Arsenal muss Bayern auf den gesperrten Davies verzichten. Seine Zukunft ist ungewiss, auch, weil klubintern die Zweifel an ihm wachsen.
Wer den gelbgesperrten Alphonso Davies vertreten wird, das verriet Thomas Tuchel freilich auch bei seiner Abschlusspressekonferenz am Dienstagmittag noch nicht. "Wir werden die Entscheidung heute nach dem Abschlusstraining treffen. Ich muss noch mit Nous (Noussair Mazraoui; Anm. d. Red.) sprechen, wie es ihm überhaupt geht", sagte Tuchel nur vor dem entscheidenden Viertelfinalrückspiel am Mittwochabend (21 Uhr im t-online-Liveticker) in der Champions League gegen Arsenal. "Er hatte seit zehn Wochen keinen regelmäßigen Ablauf mehr in Training und Spiel wegen Krankheit, Verletzung (Muskelfaserriss im linken Oberschenkel; d. Red.) und Fastenmonat (Ramadan; Anm. d. Red.)."
Dass der angesprochene Noussair Mazraoui und Raphaël Guerreiro in Davies' Abwesenheit nun seine ersten beiden Optionen auf der Linksverteidigerposition sind, ist aber längst kein Geheimnis mehr. Am Samstag beim 2:0 gegen Köln hatte er beiden eine Bewährungschance in seiner Startelf gegeben. Guerreiro, dem ein Traumtor zum 1:0 gelang, spielte allerdings im zentralen Mittelfeld, Mazraoui auf der Davies-Position. Ein erster Hinweis darauf, dass Tuchel ihm eigentlich wohl eher zutraut, den schnellen und trickreichen Bukayo Saka auf Arsenals rechtem Flügel zu stoppen.
Mazraoui oder Guerreiro als Davies-Ersatz
"Mit dem rechten Fuß würde das wahrscheinlich ganz gut passen. Er hat in der Nationalmannschaft links verteidigt und mit dem rechten Fuß gegen den linken Fuß von Saka", sagte Tuchel nach dem Testlauf gegen Köln. "Er ist einen Tick defensivstärker als Rapha (Raphaël Guerreiro, Anm. d. Red.), aber Rapha kann da auch spielen." Ausgerechnet in der Defensive hatte sich Mazraoui, der gegen Köln erstmals wieder in der Startelf stand, aber einige Unsicherheiten geleistet. Die fehlende Spielpraxis und die ungewohnte Position waren dem etatmäßigen Rechtsverteidiger anzumerken.
Guerreiro empfahl sich dagegen nicht nur mit seinem Arjen-Robben-Gedächtnistreffer in den linken Torwinkel durchaus. Weil ihm für das Duell mit Saka etwas die Geschwindigkeit fehlt, aber wohl eher als Mittelfeld-Option. Tuchel kündigte allerdings an, das Hinspiel-Duo im Zentrum mit Leon Goretzka und Konrad Laimer nicht unbedingt "auseinanderreißen" zu wollen. "Rapha kann immer starten, weil er das Potenzial und die Qualität hat, immer, auf jedem Niveau zu spielen", sagte Tuchel aber. Im Abschlusstraining testete er eine überraschende Variante mit Mazraoui und Guerreiro davor auf der linken Seite. Abwarten.
"Schwachstelle" Davies wird kaum vermisst
Normalerweise würde das Fehlen eines Stammspielers ausgerechnet im wichtigsten Saisonspiel dem Rekordmeister große Sorgen bereiten. Nach t-online-Informationen sieht man Davies' Abwesenheit klubintern nun allerdings relativ gelassen. Warum? Weil viele Beobachter, darunter auch Vertreter der Führungsetage des Rekordmeisters, in ihm in den vergangenen Wochen statt eines Spielers, der den Unterschied ausmachen kann, eher eine Schwachstelle der Mannschaft ausgemacht haben.
Das galt auch für Arsenal, das im Hinspiel speziell hauptsächlich seine linke Abwehrseite attackierte und so immer wieder zu Torchancen und auch zum zwischenzeitlichen 1:0 kam. Weil er die Achillesferse im Bayern-Spiel war, bekam Davies auch t-online-Note 5.
"Phonzy hat am Anfang mit Saka seine Themen gehabt, das haben aber auch andere Verteidiger. In der zweiten Halbzeit hat es Phonzy deutlich stabiler gemacht", sagte Sportvorstand Max Eberl und nahm den kanadischen Nationalspieler in Schutz. Die sehr wechselhaften und teilweise äußerst schwachen Auftritte des 23-Jährigen in dieser Saison sind aber auch Eberl nicht entgangen.
Steckt das hinter Davies' Formtief?
Die Schlussfolgerung, dass sich seine ungeklärte Zukunft beim FC Bayern negativ auf Davies' Leistungen auswirkt, drängt sich dabei immer mehr auf. "Darf es eigentlich nicht!", sagte Eberl. "Mit was das zusammenhängt, warum die letzten Wochen nicht so gut waren, das kann ich nicht sagen."
Davies, dessen Vertrag noch bis Sommer 2025 läuft, wird seit Monaten mit einem möglichen Wechsel zu Real Madrid in Verbindung gebracht. Die Verhandlungen mit den Bayern über die Verlängerung seines Kontrakts sind bislang zu keinem Abschluss gekommen.
11. Spieltag
Dabei geht es wohl auch um sehr unterschiedliche Gehaltsvorstellungen. Während Davies ein Jahressalär von 20 Millionen Euro und damit den Aufstieg zu den absoluten Topverdienern fordern soll, bietet ihm Bayern angeblich "nur" bis zu 14 Millionen Euro pro Saison. Und drängt auf eine baldige Entscheidung.
Ein entsprechendes Angebot hat der Klub seinem Spieler bereits vorgelegt. Dem Vernehmen nach soll es das letzte sein, das auch nicht mehr nachgebessert werden soll. Davies hat seine Verhandlungsposition mit seinen schwachen Leistungen in dieser Saison schließlich nicht verbessert, den erhofften Sprung zu den Topverdienern im Gegenteil alles andere als gerechtfertigt.
Droht Bayern der nächste Fall Alaba?
"Wir denken, dass wir ein sehr faires und korrektes Angebot abgegeben haben", sagte Eberl der "Sport Bild" und machte Druck: "Dass man irgendwann im Leben mal Ja oder Nein sagen muss, das ist so. Ich kann nicht auf den Sankt-Nimmerleins-Tag warten und sagen, dass die Entscheidung irgendwann vom Himmel fällt."
Das mit dem unterschriftsreifen Vertrag übermittelte Ultimatum ließ Davies allerdings bereits verstreichen. Auch deshalb ist an der Säbener Straße bereits der Name von Theo Hernández vom AC Mailand als möglicher Nachfolger zu hören.
Davies' Berater Nick Huoseh brachte seinen Unmut über die Vorgehensweise des Klubs zum Ausdruck und sagte Ende März der "Bild": "Es ist nicht fair, dass Alphonso jetzt angegriffen wird. (…) Jetzt bekommen wir ein Ultimatum und sollen innerhalb von zwei Wochen reagieren, weil der Verein unter Druck steht und lange gebraucht hat, um sich in der Führung neu aufzustellen." Es sei schließlich "nicht einmal geklärt, wer in der kommenden Saison Trainer sein wird".
Einer der letzten Spieler, dem Bayern einst eine ähnliche Frist setzte und dann auch sein Vertragsangebot zurückzog, war übrigens ein gewisser David Alaba. Ein Jahr später wechselte der Österreicher 2021 ablösefrei zu Real Madrid. Der ehemalige Sportvorstand Hasan Salihamidžić bezeichnete diese Vorgehensweise im Rückblick als einen seiner größten Fehler. Gut möglich, dass sich (Fußball-)Geschichte nun zumindest in Teilen wiederholen wird. Die abschließende Bewertung dürfte im Fall von Davies allerdings etwas anders ausfallen. Das wichtigste Saisonspiel wird jedenfalls von anderen Spielern entschieden werden und er es nur als Zuschauer auf der Tribüne verfolgen.
- Eigene Recherche und Hintergrundgespräche
- Mixed-Zone-Gespräch mit Max Eberl am 9. April in London