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Deutschland - Slowakei - DFB-Elf trifft "die harte Schule des Fußballs"


Traurige Debütanten
DFB-Team trifft "die harte Schule des Fußballs"

Von t-online
Aktualisiert am 30.05.2016Lesedauer: 4 Min.
Auf dem Boden der Tatsachen: Julian Weigl hatte sich sein Debüt in der Nationalmannschaft anders vorgestellt.Vergrößern des Bildes
Auf dem Boden der Tatsachen: Julian Weigl hatte sich sein Debüt in der Nationalmannschaft anders vorgestellt. (Quelle: imago/Action Pictures)

Aus Augsburg berichtet Thomas Tamberg

Die vier Debütanten wurden auf geheimen Pfaden aus der Kabine in den Mannschaftsbus geführt. Die wartenden Journalisten bekamen sie nicht zu Gesicht. Der DFB wollte das Quartett vorsichtshalber schützen. Zuvor war schon genug Unvorhersehbares passiert bei der 1:3 (1:2)-Niederlage der deutschen Nationalmannschaft gegen die Slowakei im vorletzten Test vor der EM 2016 in Frankreich.

Anstatt positive Energie zu tanken und Fahrt für den Titelkampf aufzunehmen, sorgte ein gewaltiger Hagelschauer für einen merkwürdigen Auftakt in die heiße Phase der EM-Vorbereitung.

"Die Jungs sind sehr traurig"

Bernd Leno, Joshua Kimmich, Julian Brandt und Julian Weigl wollten so gerne Werbung in eigener Sache machen. Doch dann ließ ihnen das Wetter keine echte Chance dazu. Vor allem Brandt und Weigl, die erst nach dem Wolkenbruch in der zweiten Hälfte mitwirken durften, hatten sich ihr Debüt im DFB-Dress anders vorgestellt.

"Die Jungs sind jetzt traurig. Sie sitzen in der Kabine und haben bedröpelte Gesichter. Sie haben sich ihr erstes Länderspiel sicher anders vorgestellt", sprach Mario Gomez für die Youngster, zu denen auch Leroy Sané zählt. Und dann wurde der Stürmer für einen Moment philosophisch. "Das ist die harte Schule des Fußballs."

Gomez und Draxler als Lichtblicke

Gomez weiß, wovon er redet. Über Jahre hinweg hatte er beim deutschen Publikum einen schweren Stand, wurde für Kleinigkeiten ausgepfiffen. Zudem verpasste er die WM 2014 in Brasilien. Momentan fühlt er sich topfit und auch mental bereit für die EM. "Ich bin völlig entspannt, habe keinen Druck und will ein schönes Turnier erleben.

In der türkischen Liga hat der 30-Jährige sein spätes Glück gefunden. Mit 26 Toren für Beşiktaş Istanbul ist er der mit Abstand beste Torjäger der zurückliegenden Saison in der Türkei.

Gegen die Slowakei erzielte Gomez (13.) nicht nur per Foulelfmeter das einzige Tor für die DFB-Elf, sondern zählte neben Julian Draxler zum einzigen echten Lichtblick an diesem verhagelten Abend in der Augsburger WWK-Arena. Auch Draxler hat trotz seiner erst 22 Jahre bereits die harte Schule des Fußballs erlebt. Der Wolfsburger bot im Mittelfeld eine auffällig engagierte Leistung. Er will offensichtlich vermeiden, nochmal bei einem Turnier nur als Mitläufer durchgeschleppt zu werden.

Götze blüht im Nationaldress auf

Einer, der ebenfalls schon Höhen und Tiefen des Fußballs erlebt hat, ist Mario Götze. Der Weltmeister blüht bei der Nationalmannschaft auf. Vergleicht man seine seltenen, aber meist gestresst-verunsichert wirkenden Auftritte in der Mixed Zone nach Spielen im Trikot des FC Bayern und dem gestrigen mit dem Adler auf der Brust, dann sind ihm die positiven Auswirkungen der Luftveränderung deutlich anzumerken.

Souverän, aufrecht und mit klarem Blick zum Fragesteller, beantwortete er nach einem ordentlichen Spiel auch kritische Fragen mit einem Lächeln. Zum FC Bayern sei alles gesagt, er möchte sich jetzt voll auf die EM konzentrieren. Reizthema Zukunft erledigt. Ansonsten: Der gebrochenen Rippe gehe es gut. Und auch der Test war gut, selbst unter diesen Bedingungen. "Man weiß nie, was kommt. Bei einem EM-Turnier kann uns alles erwarten."

"Es gibt keine Entschuldigung dafür"

Das dürfte wohl die wichtigste Lehre aus dem Spiel gegen die Slowakei sein. Das DFB-Team, bei der Mesut Özil, Thomas Müller, Manuel Neuer, Marco Reus, Bastian Schweinsteiger, Mats Hummels, Karim Bellarabi, Lukas Podolski und Toni Kroos gar nicht erst mit nach Augsburg gefahren waren, startete prima in die Partie. Spätestens nach dem Führungstreffer durch Gomez schien alles seinen Gang zu gehen. Chancen gab es fast im Minutentakt, der nächste Treffer war nur eine Frage der Zeit.

"Wir müssen das 2:0 machen. Da gibt es keine Entschuldigung dafür. Egal ob das ein Stürmer, Mittelfeldspieler oder Abwehrspieler ist", sagte Gomez und betonte, dass man sich diese Fahrlässigkeit bei der EM nicht erlauben könne. Sané vergab nach einer halben Stunde frei vor Keeper Matus Kozacik die größte Möglichkeit.

Überlegenheit plötzlich dahin

Dann drehte die Slowakei aus dem Nichts plötzlich die Partie. Beim Traumtor von Marek Hamsik (41.) aus 20 Metern, trabte Jerome Boateng mit der Gelassenheit eines Weltmeisters dem nötigen Zweikampf entgegen. Der Ball zappelte bereits im Winkel, als der Verteidiger endlich bei Hamsik angekommen war. Beim 1:2 durch Michal Duris (44.) kam Kimmich einen Schritt zu spät. Plötzlich war von der deutschen Überlegenheit nichts mehr zu sehen.

Als kurz nach der Pause Marc-André ter Stegen seinen fast schon obligatorischen Bock im Nationaltrikot schoss und einen Schuss von Juraj Kucka durch die Beine zum 1:3 gleiten ließ, war die Messe gelesen. Nichts ging mehr und die Platzverhältnisse ließen eine organisierte Aufholjagd auch nicht mehr zu. Wenn der Weltmeister bei der EM so ein Spiel abliefern würde, sei er raus, gab Gomez zu bedenken.

Ein Quartett muss noch gehen

Boateng konnte dem Ergebnis dennoch etwas Positives abgewinnen. "Ich glaube, dass es eigentlich besser ist, dass wir heute verloren haben. Das ist besser als wenn wir 5:0 gewonnen hätten. So wurden unsere Schwächen im Defensivverhalten aufgezeigt. Wir haben dem Gegner viel zu viel den Ball gelassen und haben nicht die Zweikämpfe angenommen", sagte der Abwehrchef. Dies gilt es möglichst schnell abzustellen, will sich die DFB-Auswahl eine weitere Lektion der harten Schule des Fußballs ersparen.

Ein Quartett wird am Dienstagabend darum aber nicht herum kommen. Dann muss Bundestrainer Joachim Löw seinen endgültigen EM-Kader benennen und noch vier Spieler streichen.

"Wir wollen nochmal diskutieren und dann am Montag und Dienstag nochmal das Training beobachten, dann werden wir es den Spielern so bald wie möglich mitteilen", erklärte Löw seine Vorgehensweise. Nähere Erkenntnisse, wen es treffen könnte, sind – zumindest für den Beobachter von außen - im Hagel von Augsburg untergegangen.

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