Khedira über Schock vor WM-Finale "Mit Abstand die schwerste und bitterste Zeit meiner Karriere"
Es sollte der Höhepunkt, die Krönung seines persönlichen WM-Wunders werden: Doch als die deutsche Startelf vor Anpfiff des Endspiels von Rio de Janeiro zum Mannschaftsfoto posierte, war Sami Khedira nur Zuschauer. In rekordverdächtiger Zeit hatte der Mittelfeldspieler zuvor einen Kreuzbandriss überwunden, um pünktlich zur Weltmeisterschaft in Brasilien wieder für Deutschland auflaufen zu können. "Der Moment der Gewissheit, nicht spielen zu können, das war mit Abstand die schwerste und bitterste Zeit meiner Karriere", sprach der 27-Jährige nun im "kicker" über den Schock kurz vor dem vermeintlich größten Spiel seiner Laufbahn und darüber, welchen Preis er für die WM bezahlen musste.
Obwohl er in fünf von sieben Spielen auf dem Platz stand, blieb Khedira die ganz große Krönung, nämlich jenes siebte Spiel verwehrt. Wegen Schmerzen in der Wade beim Aufwärmen platzte sein WM-Traum. Der Gladbacher Christoph Kramer musste ihn ersetzen.
"Bist du auf dem Egotrip und versuchst es trotzdem?"
"Ich hatte die ganzen acht Monate wieder vor Augen, wie ich mit aller Konsequenz auf dieses Turnier und dieses Endspiel hingearbeitet habe, und ich war voller Selbstvertrauen", erzählt Khedira. "Und dann kommt aus dem Nichts eine Wadenverletzung, die dich vor die Entscheidung stellt: Bist du auf dem Egotrip und versuchst es trotzdem, weil du aufs Mannschaftsbild willst. Oder steht für dich die Mannschaft über allem."
Trotz der Schwere der Entscheidung habe er jedoch nicht lange überlegen müssen. "Ich hatte noch das Champions-League-Finale gegen Atletico Madrid frisch in Erinnerung, als Diego Costa angeschlagen ins Spiel ging, schon nach neun Minuten ausgewechselt werden musste, seiner Mannschaft damit schadete", sagte Khedira und ergänzte: "Das wäre bei mir wahrscheinlich genauso gewesen." Im Nachhinein habe er sich in seiner Entscheidung bestätigt gefühlt.
Später den Preis für seine Strapazen bezahlt
Wenige Wochen nach dem Titelgewinn bei der WM, Anfang September, zog sich Khedira dann einen Muskelbündelriss zu, fehlte den Königlichen erneut gut einen Monat. Dass er seinen Kreuzbandriss vom November 2013 dermaßen schnell hinter sich brachte, schon im Mai wieder für Real Madrid ins Spielgeschehen eingriff, um kurze Zeit später ein WM-Turnier zu spielen - dafür habe er im Nachhinein "definitiv" den Preis zahlen müssen, erklärte er.
"Es war mir auch bewusst, dass es ein Risiko war", sagte Khedira. "Für ein WM-Turnier muss man aber wirklich alles tun, denn man weiß nicht, wie oft man die Chance dazu bekommt." Dennoch sei er nun "wieder voller Tatendrang" und bereit, sich "zu quälen", um zurück in die erste Elf von Real zu kommen.
Khedira will nicht wechseln
Den jüngsten Aussagen seines Trainers Carlo Ancelotti, es gebe Anzeichen für einen Wechsel Khediras, widersprach der frühere Stuttgarter. Ein Transfer in naher Zukunft sei für ihn keine Option. "Ich sehe Stand jetzt keinen Grund, den Verein im Winter zu verlassen", sagte er. "Real Madrid ist eine großartige Adresse, ich habe den Verein in mein Herz geschlossen. Es gibt keine Veranlassung für mich zu sagen, ich will oder muss weg."