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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Später Ausgleich Füllkrug trifft spät – und rettet DFB-Elf gegen die Schweiz
Die deutsche Nationalmannschaft verzweifelt über lange Zeit an unbequemen Eidgenossen. Am Ende wird es dramatisch. Dabei startete die Partie mit einem Jubelmoment.
In letzter Sekunde hat die deutsche Nationalmannschaft Platz eins in Gruppe A verteidigt und geht damit aus bester Position ins Achtelfinale. Die DFB-Elf rettete in der Nachspielzeit ein 1:1 (0:1) gegen die Schweiz.
Niclas Füllkrug traf kurz vor Schluss zum verdienten Ausgleich (90.+2), Dan Ndoye hatte die Gäste zuvor in Führung gebracht (28.).
Statt mit breiter Brust geht es für die Mannschaft von Bundestrainer Julian Nagelsmann am Samstag im Dortmunder Fußball-Tempel mit leisen Zweifeln in der ersten K.o.-Runde weiter. Der erste Gegner heißt im ersten Spiel um Alles oder Nichts dann möglicherweise wie vor drei Jahren England. Ein erneutes frühes Turnier-Scheitern gilt es dann zu verhindern. Fehlen wird Innenverteidiger Jonathan Tah, der nach einem Foul an Breel Embolo seine zweite Gelbe Karte im Turnier sah und somit gesperrt ist.
So lief das Spiel:
Erstarrte Gesichter im Frankfurter Stadion in der 28. Minute: Die Schweiz ging aus dem Nichts in Führung. Fabian Rieder fand Remo Freuler auf Links im deutschen Strafraum, der spielte scharf und flach in die Mitte – und da stand Dan Ndoye genau richtig, hielt den rechten Fuß rein und setzte den Ball aus fünf Metern unter die Latte. DFB-Torwart Manuel Neuer war ohne Chance (28.).
Ein Tor, das sich zuvor nicht angebahnt hatte. Stattdessen hatte wenige Minuten zuvor eigentlich die deutsche Mannschaft als erste gejubelt – in einer unübersichtlichen Szene: Maximilian Mittelstädt hatte auf links viel Platz, brachte die Kugel flach in die Mitte. Dort kam Jamal Musiala einen halben Schritt zu spät. Doch die Schweizer konnten die Situation nicht restlos klären, die DFB-Elf blieb dran, Florian Wirtz spielte links am Strafraum auf Robert Andrich, der zog einfach mal ab – und der Schweizer Torwart Yann Sommer ließ den harten, aber nicht unhaltbaren Schuss ins Tor durchrutschen. Kollektive Ekstase im Frankfurter Stadion: Schon wieder eine frühe Führung – die aber schnell wieder zunichte gemacht wurde. Denn mit Unterstützung des VAR entschied Schiedsrichter Daniele Orsato: Kein Tor – Musiala hatte beim Kampf um den Ball im Schweizer Strafraum ein Foul begangen.
Stattdessen dann der Schlag durch die Schweizer Führung. Und nur wenige Minuten nach dem Treffer hätte Ndoye noch erhöhen können. Mit sichtbarer Leichtigkeit lief er bei einem Steilpass Antonio Rüdiger davon, hatte nur noch Neuer vor sich. Sein Schuss ging aber ganz knapp am langen Pfosten vorbei (31.).
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"Sie schwimmen ein bisschen" merkte ARD-Experte Thomas Hitzlsperger in der Liveübertragung in dieser Phase des Spiels an. Und tatsächlich war das Führungstor der Schweizer ein Wirkungstreffer für die deutsche Elf, die zwar bis zur Halbzeit weiter ein deutliches Plus an Spielanteilen hatte, die optische Überlegenheit aber nicht in zwingende Chancen umzumünzen verstand.
Auch der erneut umtriebige, wirbelige Musiala rieb sich auf an der äußerst diszipliniert stehenden Schweiz: Bei einer Umschaltsituation dribbelte sich der 21-Jährige bis an den Sechzehner, zögerte mit einem eigenen Schuss aber zu lange, spielte stattdessen auf Havertz auf Rechts – und dessen Versuch ging weit über das Tor (42.). So ging es mit der für den Moment bleischweren Last des Rückstands in die Pause.
Später Schreckmoment
Und auch in den ersten Minuten der zweiten Halbzeit erhärtete sich der Eindruck: Die Schweizer begannen druckvoll, die DFB-Elf konnte ihr Spiel, das sie zu zwei überzeugenden Siegen gegen Schottland und die Schweiz trug, nicht entfalten. Immer wieder hatte die deutsche Defensive mit Breel Embolo zu tun. Erst steckte der frühere Gladbacher zu Silvan Widmer durch, der kam im Strafraum zu Fall – stand aber im Abseits (47.). Dann war es Embolo selbst, der auf Halbrechts im DFB-Sechzehner für Unruhe sorgte, sich dann aber doch nicht zwingend durchsetzen konnte (48.).
Und so brauchte es einen Weckruf von Florian Wirtz, um dem deutschen Spiel neue Energie zu verleihen: Der 21-Jährige schickte Musiala mit einem feinen Steilpass an den Schweizer Strafraum, dort zog der Bayern-Star direkt ab – Sommer riss mit einem starken Reflex die Arme hoch, ließ nach vorne prallen, der heranstürmende Gündogan konnte den Ball aber nicht verwerten, verzog weit links neben das Tor (50.).
Pl. | Mannschaft | Sp. | S | U | N | Tore | Diff. | Pkt. | Form → | ||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
1 | Deutschland | 3 | 2 | 1 | 0 | 8:2 | +6 | 7 | |||
2 | Schweiz | 3 | 1 | 2 | 0 | 5:3 | +2 | 5 | |||
3 | Ungarn | 3 | 1 | 0 | 2 | 2:5 | -3 | 3 | |||
4 | Schottland | 3 | 0 | 1 | 2 | 2:7 | -5 | 1 |
Als echte Initialzündung erwies sich die Chance allerdings nicht, der Gastgeber tat sich, dann wieder leidenschaftlich angefeuert vom Frankfurter Publikum, weiter schwer mit den Schweizern, die kaum etwas anboten. Toni Kroos versuchte es aus der Distanz (55.), der kurz zuvor eingewechselte David Raum wenige Minuten später ähnlich erfolglos (63.). Zeitweise 65 Prozent Ballbesitz hatte die deutsche Mannschaft, eine Vielzahl an Möglichkeiten aber blieb aus.
Bezeichnend: Bei einem Freistoß in der eigenen Hälfte spielte Rüdiger zu hastig, verlor den Ball an Embolo, der sofort abzog – aber Neuer nicht prüfen konnte (74.). Offensiv blieb die Mannschaft von Nationaltrainer Murat Yakin im zweiten Durchgang aber weitgehend harmlos.
Es ging für die DFB-Elf nun in die Schlussoffensive: Nagelsmann brachte Füllkrug und Leroy Sané für Musiala und Wirtz. Im nun höheren deutschen Risiko taten sich dann auch wieder Chancen für die Schweiz auf – und es gab einen späten Schreckmoment für Deutschland: Der aus der Bundesliga bekannte Rubén Vargas hatte plötzlich freie Bahn vor Neuer, traf am DFB-Torwart vorbei ins lange Eck zum 2:0 – stand dabei aber ganz knapp im Abseits. Kein Tor (84.)
Die Anzeige: Vier Minuten Nachspielzeit. Es wurde dramatisch. Die DFB-Elf drückte. Und kurz vor Schluss ließ Füllkrug das Stadion explodieren. Und Nagelsmann aufatmen: Noch einmal rannten die Gastgeber an, Raum flankte von links in den Strafraum, dort schraubte sich der Angreifer am höchsten – und köpfte gegen Sommers Laufrichtung zum 1:1 links in den Winkel.
- Eigene Beobachtungen