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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Streich und die Pokal-Pleite "Das schnürt mir den Hals zu"
Der SC Freiburg war dem Gewinn des DFB-Pokals so nah wie noch nie, dann schlug das Schicksal zu. Trainer Christian Streich erlebte das Endspiel gegen RB Leipzig auf seine ganz eigene Weise.
Da lief er in die Fankurve, die Hände in den Hosentaschen, und applaudierte in Richtung der Anhänger. Die dankten es ihm mit tosendem Beifall. Dabei hatte Christian Streich gerade mit dem von ihm trainierten SC Freiburg das größte Spiel in der Vereinsgeschichte verloren. 3:5 nach Elfmeterschießen im Finale des DFB-Pokals gegen RB Leipzig. Doch so richtig traurig war im Berliner Olympiastadion niemand, der es mit den Breisgauern hielt. "Ich schaffe es immer noch nicht, mich zu ärgern", sagte Streich selbst nach der Partie.
Dabei traf seine Freiburger in diesem 79. Pokalendspiel die ganze Wucht gnadenloser Dramatik.
"Das ist okay"
Die umstrittene Führung früh im Spiel, dann Überzahl nach dem Platzverweis für Leipzigs Halstenberg nach einer knappen Stunde – es schien vieles, wenn nicht alles für Streich und sein Team zu laufen. Dann kamen der Ausgleich durch Christopher Nkunku, die Verlängerung und das Ende im Elfmeterschießen. Der große Traum vom Pokalsieg war geplatzt. Streich hatte die Elfmeter von der Trainerbank verfolgt, ganz allein saß er da, fast schon schicksalsergeben, wohlwissend, nun nichts mehr beeinflussen zu können.
Vielleicht gerade deshalb, nach einer der besten Saisons der Freiburger Bundesliga-Historie und dem mitreißenden Lauf im Pokal, der erst im Endspiel gestoppt wurde, wirkte Streich nach der Partie fast schon gelöst – und vor allem: stolz. "Schaut da, die Leute. Wahnsinn", sagte er seiner Mannschaft im Kreis nach dem Schlusspfiff und deutete auf die Fankurve. Und: "Gegen so eine tolle Mannschaft erst im Elfmeterschießen zu verlieren, das ist okay."
"Mehr kann ich nicht verlangen"
Dass es auch anders geht, das hatten seine Freiburger schon im Saisonverlauf gezeigt: Der SC hatte in dieser Saison dreimal gegen RB gespielt, das Pokalfinale eingerechnet – und dreimal nicht nach regulärer Spielzeit verloren. "Was soll ich noch mehr von der Mannschaft verlangen? Mehr kann ich nicht verlangen", sagte Streich zur Leistung seiner Elf.
- Ungeliebter Pokalsieger Leipzig: Selbst schuld
Die Medaille für den zweiten Platz wollte er dann aber doch nicht zur Schau stellen. "Ich kann auch keine Akkreditierungen am Hals tragen, das schnürt mir den Hals zu", erklärte Streich in der für ihn so typischen Art. Daheim bekomme das Schmuckstück einen "Platz in der Schublade, da mach ich das Zeug rein."
Streich wäre nicht Streich, hätte er nicht schon direkt nach dem Pokalfinale den Blick nach vorn gerichtet. Der Tabellensechste Freiburg wird nächste Saison in der Europa League spielen, darauf freue man sich, aber "dann kommen wieder diese wahnsinnig anstrengenden Bundesligaspiele", stöhnte der 56-Jährige und scherzte: "Am liebsten würde ich die ganze Zeit nur Pokalendspiele spielen."
Um stolz auf seine Mannschaft zu sein, müsste da dann nicht mal unbedingt ein Sieg her.
- Eigene Beobachtungen im Olympiastadion
- Pressekonferenz nach dem Spiel vor Ort