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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Spitzenduell im Pokal In Topspielen straucheln sie in aller Regel
Während sich die Bayern trotz der vielen Erfolge weiter schwertun, zeigt die Formkurve bei Leverkusen wieder nach oben. Im Pokal hat die "Werkself" realistische Siegchancen.
Das 1:1 im Bundesliga-Klassiker am Samstagabend beendete eine sieben Spiele anhaltende Siegesserie des FC Bayern. Zugleich musste der Klub erstmals nach fast 700 Minuten wieder ein Gegentor hinnehmen. So gut der deutsche Rekordmeister zuletzt auch auftreten konnte, in Topspielen strauchelt er in aller Regel.
Das Remis gegen Borussia Dortmund war bereits das dritte Unentschieden in dieser Spielzeit gegen einen direkten Konkurrenten in der Bundesliga – gegen Bayer Leverkusen gab es ein 1:1, gegen Eintracht Frankfurt ein 3:3. Hinzu kommen die Pleiten gegen den FC Barcelona (1:4) und Aston Villa (0:1) in der Champions League.
Je nach Lesart war das 1:0 gegen Paris Saint-Germain bis jetzt der einzige Erfolg im Duell mit einem Spitzenteam. Nun wartet am Dienstagabend erneut ein solches auf die Bayern, wenn es im DFB-Pokal-Achtelfinale in der Allianz Arena wieder gegen Leverkusen geht (ab 20.45 Uhr im Liveticker bei t-online).
Die "Werkself" aus dem Rheinland kann ihrerseits nach der 0:4-Schlappe in Liverpool Anfang November mittlerweile wieder eine aufsteigende Formkurve vorweisen. Am Samstag gab es für das Team von Xabi Alonso ein wichtiges 2:1 beim 1. FC Union Berlin, wodurch Leverkusen weiter im Titelrennen in der Bundesliga dabei ist.
Augsburg, Paris und Dortmund liefern Anschauungsmaterial
Als Favorit auf den Titel gilt aber selbstverständlich Tabellenführer Bayern, ähnlich wie auch am Dienstagabend im Pokalspiel. Doch die Münchner taten sich trotz der Erfolge zuletzt offensiv recht schwer. Gegen den FC Augsburg etwa verbuchten die Spieler von Trainer Vincent Kompany bis zu 80 Prozent Ballbesitz, zeigten jedoch in der Spielgestaltung nach vorn die immer gleichen Muster, welche der tief stehende FCA lange zu verteidigen wusste.
Beim 1:0 gegen Paris setzten die Gäste aus der französischen Hauptstadt dem FC Bayern wiederum durch aggressives Pressing zu. Das praktizierte auch Dortmund in der ersten Spielhälfte am Samstag. Bezeichnend: Vier der fünf Bayern-Tore in den vergangenen Partien fielen entweder per Elfmeter oder nach Standardsituationen.
Inspiration wurde Leverkusen also bereits geliefert – und es ist davon auszugehen, dass der amtierende Doublesieger anders als im Ligaspiel in München im September nicht so passiv und vorsichtig agieren wird. Damals ließ Alonso seine Spieler tief und engmaschig verteidigen. Das einzige offensive Rezept waren lange Bälle auf Mittelstürmer Victor Boniface.
Sollte sich Leverkusen jedoch dazu entscheiden, ähnlich wie Paris in der Arbeit gegen den Ball weit nach vorn zu schieben, würden sich auch offensiv andere Möglichkeiten als ebendiese langen Bälle auf den zentralen Angreifer ergeben. Leverkusen hat in der Meistersaison häufig hohes und mannorientiertes Pressing praktiziert.
Hohes Pressing ist mit Risiken verbunden
Auffällig war in den jüngsten Partien der Bayern, dass die beiden zentralen Mittelfeldspieler Joshua Kimmich und Leon Goretzka einige Probleme haben, wenn sie in der Phase der Spieleröffnung direkt jeweils einen Gegenspieler im Rücken haben. Auch Linksverteidiger Alphonso Davies mag es scheinbar nicht, wenn ihn ein Gegner von der Mitte aus anläuft, wie es zum Beispiel Warren Zaïre-Emery von Paris punktuell getan hat.
Natürlich geht Leverkusen das Risiko ein, dass sich durch ein weites Aufrücken der offensiven fünf bis sechs Spieler einige Lücken im Rücken von Granit Xhaka und Co. ergeben. Ganz abgesehen davon, dass eine solche Spielweise auch müde macht – gerade angesichts des engen Spielplans.
Robert Andrich (oder Exequiel Palacios) als zentraler Akteur im fünfköpfigen Mittelfeldverbund Leverkusens müsste sehr aufmerksam hinter Xhaka und Aleix García agieren, damit er mögliche Zuspiele auf Jamal Musiala unterbindet und den Ausnahmekönner nicht im Zwischenlinienraum an den Ball kommen lässt.
Eine Defensivvariante à la Augsburg, das schlichtweg in einem engen 5-3-2 am und vor dem Strafraum stand, wäre natürlich für Leverkusen denkbar. Aber damit würde man selbst Florian Wirtz in der tiefen Defensivarbeit binden und das eigene Offensivpotenzial verschenken. Leverkusen funktioniert optimal, wenn es frühzeitig anläuft und sich Ballbesitz erarbeitet. Für die Bayern ist das Pokal-Achtelfinale die nächste Prüfung, die zeigen wird, ob Kompanys Team so langsam in der Lage ist, Topgegner zu bezwingen. Zumindest ein weiteres Remis ist am Abend ausgeschlossen.
- Eigene Recherche