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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Pleite gegen Villarreal Die hektischen Bayern
Bayern München zeigt bei Villarreal eine ernüchternde Leistung. Lange kann der deutsche Rekordmeister keine Ordnung ins eigene Offensivspiel bringen. Dafür hat der gegnerische Trainer den nahezu perfekten Matchplan.
Deutschen Fußballfans ist Francis Coquelin vielleicht noch aus seiner Zeit beim SC Freiburg bekannt. 16 Bundesliga-Partien bestritt der Franzose in der Saison 2013/14 für den Sportklub. Wirklich auffällig war er damals nicht.
Umso überraschter dürften am Mittwochabend einige gewesen sein, als Coquelin im Viertelfinal-Hinspiel der Champions League zwischen Villarreal und Bayern München ein Unruheherd in der bayerischen Defensive war. Coquelin entpuppte sich als wichtiges Teil im taktischen Puzzle von Villarreal-Trainer Unai Emery.
Der 50-Jährige bot mit Coquelin auf links sowie Giovani Lo Celso auf rechts zwei "unechte" Flügelspieler auf, die regelmäßig zwischen die Linien der Münchener laufen sollten. Lo Celso etwa fand Raum neben und hinter Jamal Musiala. Coquelin attackierte seinerseits die Seite von Benjamin Pavard, Joshua Kimmich und Dayot Upamecano – mit Erfolg. Profiteure von Coquelins und Lo Celsos Agieren waren gerade die Sturmspitzen Arnaut Danjuma und Gerard Moreno, die über weite Strecken der Partie gefährlich blieben.
Keine Automatismen im Bayern-Spiel
Das hatte allerdings nicht nur mit Emerys wohldurchdachtem Matchplan zu tun, sondern auch mit Bayerns eigener Schwäche am Ball. Der deutsche Rekordmeister wirkte insbesondere in der ersten Halbzeit überaus hektisch. Nach wenigen Sekunden im Spielaufbau begann sichtliches Nervenflattern, weil keinerlei Automatismen griffen. Jeder einzelne Bayern-Spieler musste sich erst umsehen und nachdenken, bevor er den Ball zum nächsten Kollegen passen konnte. Blinde Zuspiele und instinktive Spielzüge gab es nicht.
Dadurch mangelte es dem bayerischen Spiel an Tempo und folglich auch an der Fähigkeit, einmal die kompakten Linien von Villarreal zu durchbrechen. Dass sich Bayern-Trainer Julian Nagelsmann zudem dafür entschied, die beiden Außenstürmer Serge Gnabry und Kingsley Coman auf der jeweils ungewohnten Seite aufzubieten, machte die Angelegenheit nicht leichter. Wahrscheinlich hoffte Nagelsmann, dass die beiden so jeweils diagonal nach innen, also in Richtung ihrer natürlichen Seite, vorstoßen könnten. Aber da Bayern fast keine Spielzüge zustande bekam, blieben Gnabry und Coman zumeist in der Nähe der Außenlinie und wirkten zeitweilig verloren.
Korrekturen von Nagelsmann
Zwei Korrekturen gelangen Nagelsmann in der zweiten Halbzeit noch. Mit der Einwechslung von Leon Goretzka für Thomas Müller konnte Musiala eine Reihe nach vorn rücken. Befreit von einigen defensiven Verpflichtungen, brachte das Supertalent mehr Dynamik in die Räume hinter Mittelstürmer Robert Lewandowski. Gegen zunehmend müde Spanier setzte sich Musiala einige Male durch. Zudem sorgte die Hereinnahme von Niklas Süle dafür, dass Coman auf der rechten Seite besser zur Geltung kam. Süle bewegte sich meist durch den Halbraum und kreierte so passende Anspiele auf seinen französischen Nebenmann am Flügel.
Comans Gefährlichkeit veranlasste Alfonso Pedraza, der für Coquelin gekommen war, sich zurückfallen zu lassen. Villarreal stand nicht mehr im 4-4-2, sondern im 5-3-2. Das dünner gewordene Mittelfeld mit nunmehr nur noch drei Akteuren konnte in den finalen 20 Minuten seltener den Ball erobern und Konterangriffe einleiten.
Aber den Bayern gelang ihrerseits nicht der Treffer zum 1:1, weil Villarreal in der Endverteidigung vielfach konsequent die möglichen Gassen für Anspiele auf beispielsweise Lewandowski schloss. So war der Gewinner dieses ersten Schlagabtauschs nicht die Star-Truppe aus München, sondern der spanische Provinzverein mit Taktiker Emery.